Nach den Nationalratswahlen: Politische Instabilität und neue Angriffe auf die Lohnabhängigen

Bei den Nationalratswahlen am 29.9.2024 haben von 6.346.059 Wahlbeteiligten 4.902.460 ihre Stimme abgegeben, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 77,3 %. Die Zahl der ungültigen Stimmen betrug 46.462. 

Die Freiheitliche Partei Österreichs erreichte mit 1.403.497 Stimmen 28,9 % und 57 Mandate im Nationalrat, gefolgt von der ÖVP mit 1.277.949 Stimmen (26,3 %, 51 Mandate) und der SPÖ mit 1.025.753 (21,1 %) Stimmen und 41 Mandaten. Die Grünen kamen auf 397.679 Stimmen (8,2 % und 16 Mandate) und wurden damit von den NEOS mit 442.544 Stimmen (9,1 %, 18 Parlamentssitze) überholt. Von den kleinen Listen war die KPÖ Plus mit 115.695 Stimmen oder 2,4 % die erfolgreichste, blieb aber deutlich unter der Schwelle für ein Mandat. Die von Teilen der bürgerlichen Medien gehypten Kandidaturen der Bierpartei oder des Wandel („KEINE“ auf dem Stimmzettel) blieben bedeutungslos.

Die Wahlen 2024 haben das Erstarken der faschistoiden FPÖ, die Erosion der ÖVP und, mit dem guten Abschneiden der NEOS, eine Umgruppierung im bürgerlichen Lager gebracht.

Auch wenn die SPÖ in Prozenten ihr Ergebnis von 2019 halten konnte, zeigt der dritte Platz auf einem niedrigen Niveau die Krise der Sozialdemokratie (SPÖ), auf die wir weiter unten eingehen werden. 

Die KPÖ hatte gehofft, erstmals seit 1959 wieder ins Parlament gewählt zu werden. Die Regionalwahlerfolge in Graz, Salzburg und teilweise Tirol nährten diese Hoffnung. Mit 2,4 % blieb die KPÖ unter dem Resultat der EU-Wahlen im Juni (3%). Auch die zweite Option – ein Grundmandat in Graz zu erringen – erwies sich als illusorisch. Die Partei kam dort auf lediglich rund sechs Prozent.

Das BIP ist 2023 in die Rezession geraten, und selbst eine erwartete Stabilisierung von 0,3 % im Jahr 2024 scheint optimistisch, da die ersten Quartale des Jahres negative Zahlen aufwiesen. Der Rückgang der Produktivitäts- und Investitionsraten sowie die sinkende Profitabilität des Kapitals, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, verschärfen die Krise. Trotz Lohnerhöhungen bleiben viele Arbeitsplätze prekär, und die steigenden Löhne kompensieren den Kaufkraftverlust der vergangenen Jahre nicht.

Österreich steht, wie viele andere europäische Länder, vor einer Situation, in der das Kapital unter Druck steht, die Profite zu sichern, während gleichzeitig die Arbeiter*innenklasse mit stagnierenden Löhnen, steigenden Lebenshaltungskosten und zunehmender Prekarität konfrontiert ist. Die Inflation, ein großes Thema im Wahlkampf, wurde durch externe Faktoren wie den Ukrainekrieg verschärft, ist jedoch letztlich eine Erscheinung der Unfähigkeit des Kapitalismus, den Produktionsprozess stabil zu gestalten, ohne dass dabei Krisen entstehen.

Umgruppierung im bürgerlichen Lager

Dass nun erstmals neben kleinbürgerlichen Schichten auch Teile des Großkapitals mehr Vertrauen in die FPÖ als in die ÖVP haben, ihre Interessen zu vertreten, liegt nicht zuletzt am Wirtschaftsprogramm der FPÖ das klar zeigt, dass die „soziale Heimatpartei“ in Wirklichkeit eine klassische bürgerliche Politik verfolgt.

Das Wirtschaftsprogramm der FPÖ ist eine Mischung aus wirtschaftsliberalen und sozialpopulistischen Maßnahmen, die jedoch in einem klaren Widerspruch zu den materiellen Interessen der Arbeiter*innenklasse stehen. Die FPÖ kündigt an, die Interessen des Kapitals durch Steuererleichterungen (z. B. Unternehmenssteuersenkungen) und Deregulierungen zu fördern, während gleichzeitig Zugeständnisse an bestimmte Teile der Bevölkerung gemacht werden (höhere Pensionen, Preisdeckel in Krisenzeiten..), die jedoch darauf abzielen, die Klasse zu spalten. Die Zugeständnisse sollen nämlich nur „unseren“ Leuten zu Gute kommen – die Arbeiter*innenklasse soll also in autochthone, die bevorzugt behandelt, und migrantische Teile, bei denen gekürzt werden soll, gespalten werden. 

Das Kleinbürgertum versucht die FPÖ recht erfolgreich durch eine Senkung der Unternehmenssteuer für kleine Unternehmen auf 10 % und die Abschaffung einer Reihe von „grünen“ Regulierungen, wie der CO₂-Steuer, für sich zu mobilisieren. Die Profitrate soll auf Kosten der Arbeiter*innenklasse gesteigert werden. Deregulierung und Steuersenkungen sind Kernbestandteile der bürgerlichen Wirtschaftspolitik, mit der öffentliche Mittel zu Gunsten privater Akkumulation eingesetzt werden – Teil der Umverteilung von unten nach oben. 

Die vorgeschlagenen Preisdeckel auf Lebensmittel, Mieten und Energie sowie die Erhöhung der  Pensionen sind zwar kurzfristige Zugeständnisse, dienen aber dazu, die Basis der FPÖ unter älteren und wirtschaftlich benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu festigen. Ein von der FPÖ (oder einer Koalition mit ihrer Beteiligung) beherrschter bürgerlicher Staat soll darüber entscheiden, welche sozialpolitischen Maßnahmen getroffen werden. Die FPÖ hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie den Einfluss von Gewerkschaften („freiwillige Interessensvertretung der Klasse“) und Arbeiterkammern („gesetzliche Interessensvertretung“) zurückdrängen und schließlich komplett brechen will. Während die FPÖ also Zugeständnisse verspricht, hält sie gleichzeitig am kapitalistischen System fest und schützt die Interessen des Kapitals. Angesichts der schwierigen Budgetsituation ist es logisch, dass die versprochenen „Wahlzuckerln“ Einmalgeschenke bleiben werden. 

Ebenso vehement wie die ÖVP und NEOS hat die FPÖ im Wahlkampf mögliche Vermögens- und Erbschaftssteuern (wie sie von SPÖ und Grünen gefordert werden) vehement bekämpft. In Verbindung mit dem Trommeln für die Senkung der Lohnnebenkosten lässt sich klar diagnostizieren: Die FPÖ ist nicht nur die Partei von Fraktionen des Kapitals, sie ist auch physisch eine Partei der individuellen Reichen. 

Die ÖVP hat seit 2017 einen scharfen Ruck nach rechts gemacht. Unter Sebastian Kurz und der jungen technokratischen Clique, aus der Führer*innen wie Nehammer und Edtstadler hervorgegangen sind, hat es nicht nur (zunächst in der Koalition mit der Strache-FPÖ unter deren Mitwirkung) Steuererleichterungen für das Kapital, Angriffe auf den Normalarbeitstag und direkte Förderungen für Unternehmen gegeben (vor allem im Gefolge der Corona-Krise), politisch hat sich die ÖVP deutlich Richtung Autoritarismus und starker Staat positioniert. Historisch gesehen, wurden hier Traditionen der Zwischenkriegs-Christlich-Sozialen wiederbelebt, die Wegbereiter des  Austrofaschismus waren. 

Die Rechnung der Volkspartei, damit der FPÖ den Weg abzuschneiden, ist aber nicht aufgegangen. Paradoxerweise scheint ein Bereich der Regierungspolitik von Türkis-Grün, in dem die autoritäre Linie am stärksten durchgeschlagen ist – die Politik während der Corona-Pandemie – bei den traditionell ländlichen Wähler*innen der Volkspartei ebenso zu einem Schwenk Richtung der „harten“ FPÖ geführt zu haben wie die Anpassung der VP an die FPÖ in der „Ausländerfrage“.

Auch hat die FPÖ mit ihrer Eu-kritischen bis EU-feindlichen Propaganda ausgerechnet im bäuerlichen Milieu, das objektiv zu den „EU-Gewinnern“ zählt, was Subventionen betrifft, punkten können, indem sie Ängste vor einer „grünen Regulierungswut“ geschürt hat. 

Die Grünen haben ein Minus von 5,7% der Stimmen gegenüber den Wahlen 2019 hinnehmen müssen. Den größten Teil der Stimmen büßte sie durch Abwanderung zur SPÖ ein, mit großem Abstand dann zu NEOS, FPÖ und einem kleineren Teil zur KPÖ. Darin drückt sich einerseits die Unzufriedenheit kleinbürgerlicher Schichten mit der Regierungsbeteiligung der Grünen an der Seite der Kurz-VP aus. Weder demokratiepolitisch noch im Umweltbereich haben die Grünen markante Erfolge gegenüber dem in Umweltfragen rückschrittlichen Koalitionspartner erzielen können (abgesehen vom Umweltticket der ÖBB und dem Renaturierungsgesetz). Der Stimmenzuwachs von einem Prozent für NEOS, die jetzt bei 9,1% liegen, kann als Gradmesser dafür dienen, wie schmal das dezidiert liberal-demokratische Segment der österreichischen Bourgeoisie ist.

Die österreichische Arbeiter*innenklasse – geschwächt, aber nicht geschlagen

Wir haben in einer ausführlichen Analyse vor den Nationalratswahlen die Entstehungsgeschichte und Entwicklung der bürgerlichen Arbeiterparteien dargestellt (https://klassenkampf.net/grundsaetzliches-zu-unserer-wahlempfehlung-keine-stimme-den-buergerlichen-parteien/)

Die SPÖ, so etwas wie die bürgerliche Arbeiter*innenpartei par excellence war seit ihrer Kapitulation vor dem Imperialismus des Habsburgerstaates 1914 immer eine Kraft, die bis zur Selbstaufgabe den Kapitalismus in Österreich stabilisieren und retten wollte. Sie hat dabei seit dem März 1933 nicht nur ihre eigene Partei und alle Unterorganisationen, sondern letztlich das ihr vertrauende Proletariat geopfert. Nach 1945 hat der „rechte Flügel“ der SDAP, im Kampf gegen die illegalen Aktivist*innen der Revolutionären Sozialist*innen, die Partei ganz im Sinne einer reformistischen, bürgerlichen Politik wiederaufgebaut. Die Integration in die Strukturen des Klassenstaates war umso einfacher, als das nach der Niederlage des Faschismus am Boden liegende Kapital nicht ohne Maßnahmen wie großflächige Verstaatlichungen im Schwerindustrie- und Infrastrukturbereich oder bei den Banken seine ökonomische Macht wiederherstellen konnte. Die SPÖ-Bürokratie als Transmissionsriemen in die Arbeiter*innenklasse garantierte eine weitgehend reibungslose Wiederaufbauphase. Institutionell und ideologisch wurde diese Integration in den bürgerlichen Staat durch die Sozialpartnerschaft abgesichert.

Die Politik der in der Arbeiter*innenklasse dominierenden Sozialdemokratie musste zwangsläufig über die Jahrzehnte hinweg katastrophale Auswirkungen auf das Klassenbewusstsein haben. Die reformistische austromarxistische Sozialdemokratie der 1. Republik musste zwangsläufig den sichtbaren Klassengegensätzen Rechnung tragen; die Sozialdemokratie der 2. Republik tat alles, um diese zu verkleistern. Wenn es Sozialpartnerschaft gibt, kann es im Umkehrschluss keinen antagonistischen Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital geben. Die Ideologie des „Die Wirtschaft sind wir alle“ führte direkt zur Schlußfolgerung: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“. Die historischen Wurzeln der Sozialdemokratie in der Arbeiter*innenbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts verhinderten aber die komplette „Verbürgerlichung“. Auch wenn die SPÖ-Bürokratie in den Regierungen eine bürgerliche Politik und keine „sozialistische“ machte, auch wenn die SP-Gewerkschaftsbürokraten alles taten, um Konflikte in „Partschaftsbahnen“ zu kanalisieren – die Verbindung konnte und durfte die Bürokratie nicht durchtrennen, weil sie sonst ihren Wert für die Bourgeoisie verloren hätte. Was nützt eine bürgerliche Agentur in der Arbeiter*innenklasse, wenn sie diese nicht mehr beeinflußen kann?

Genau an diesen Knackpunkt kam die SPÖ aber 2016/17 an, als in der ÖVP der Kurz-Flügel putschte. Der Aufstieg und die Sympathiewelle in der SPÖ für Andreas Babler ist ohne die Erfahrungen mit Vorsitzenden wie Christian Kern und Pamela Rendi-Wagner nicht erklärbar. Die Krise der Sozialdemokratie war offensichtlich in den ausgetretenen Bahnen des Apparats nicht mehr zu lösen, ohne die Partei insgesamt in Frage zu stellen. Die Bourgeoisie sah die SPÖ, die ohnehin in allen wichtigen Fragen übertölpelt werden konnte, als unnötigen Ballast, den man mit einem Fußtritt in die Opposition befördern konnte. 

Mit der Obmanndiskussion 2023 trat erstmals nach Jahrzehnten ein Kandidat auf, der die Gewichtung der bürgerlichen Arbeiter*innenpartei wieder in Richtung der „Arbeiter*innenpartei“ verlagerte. Und der Enthusiasmus an der Basis bestätigte die Attraktivität dieses Schwenks. Zugleich führte das zu Widerständen und Sabotageaktionen aus dem Parteiapparat und konservativen Landesorganisationen. Auch große Teile des Gewerkschaftsapparates waren nicht glücklich, dass eine gemäßigt klassenkämpferische Rhetorik einriss, die tendenziell das harmonische Bild der Sozialpartnerschaft in Frage stellte.

Angesichts der parteiinternen Obstruktion ist es beachtlich, dass die SPÖ unter Babler das (schlechte) Ergebnis von 2019 halten  konnte. Bemerkenswert: enttäuschte SPÖ-Wähler wanderten offensichtlich eher ins Lager der Nichtwähler als zu anderen Parteien ab. Zur FPÖ wechselten an der Urne rund 65.000 SP-Wählerinnen des Jahres 2019 (im Gegensatz dazu waren es 443.000 Stimmen, die von der ÖVP zur Kickl-Partie wanderten).

KPÖ-Plus konnte zwar einen Stimmenzuwachs gegenüber 2019 verbuchen, zugleich aber zeigte sich Glanz und Elend einer primär auf ein Thema zugeschnittenen Kampagne. Die KPÖ präsentierte sich in der Öffentlichkeit als eine auf die Wohnungsfrage fokussierte Partei mit karitativem Ansatz. Was das „K“ im Parteinamen bedeutet, wurde nicht wirklich erklärt. Dass die KPÖ viele „junge Stimmen“ bekommen konnte, lag nicht zuletzt daran,  dass viele der Aktivist*innen der Partei in deren Vorfeldorganisationen Junge Linke oder KSV tätig sind. Auch die Zusammenarbeit mit LINKS in Wien hat sich bei den Wahlen positiv ausgewirkt. Ein großer Sog Richtung KPÖ lässt sich aber nicht feststellen.

Was tun?

Die bürgerlichen Medien versuchen wie immer, den bürgerlichen Parteien dadurch noch mehr Gewicht zu verleihen, als sie ohnehin tatsächlich haben, indem sie die Rolle und das Gewicht der Arbeiter*innenparteien kleinreden.

Beliebter Trick ist die „Soziologisierung“ des Wahlergebnisses. Weil dieses Mal noch mehr Lohnabhängige auf die Demagogie der Freiheitlichen hereingefallen sind als bei den letzten Wahlen, sei die FPÖ jetzt „eigentlich“ die Arbeiter*innenpartei. Weil diesmal deutlich mehr Frauen als 2019 die FPÖ gewählt haben, sei sie nun „die“ Partei der Frauen.

Das ist natürlich Unsinn, es sind die Programme und die Klasseninteressen, die sie vertreten, die für den Charakter von Parteien maßgeblich sind.

Tatsächlich ist es ein Problem für internationalistische Kommunist*innen, wenn Teile der Lohnabhängigen eine rassistische, arbeiter*innenfeindliche, reaktionäre Partei wählen. Wir werden diese Schichten aber nicht für den Sozialismus zurückgewinnen, wenn wir uns an ihr niedriges Bewusstsein anpassen.

Egal, wie die nächste Regierung aussieht – sie wird angesichts der ökonomischen Lage eine Regierung der Angriffe auf die sozialen Errungenschaften der Lohnabhängigen und eine Regierung der Einschränkung demokratischer Freiheiten sein. Sie wird damit auch direkt jene rückständigen Schichten angreifen, die heute der Sozialdemoagogie der Faschisten und Reaktionären auf den Leim gehen.

Revolutionäre können nicht wie die KPÖ einen großen Bogen um die brennenden Frage des Klassenkampfes  machen, um potenzielle Wähler nicht abzuschrecken.  Sie sind keine Ein-Punkt-Partei, die sich ein Thema aus dem Riesenangebot kapitalistischer Probleme herauspicken und dieses, gepaart mit bürgerlicher Wohltätigkeit, vor sich her tragen wie eine Monstranz an einem katholischen Feiertag.

Revolutionäre müssen offen die brennenden Probleme der Klasse thematisieren und Lösungen anbieten, auch wenn diese komplexer sind als die verlogenen Versprechen der bürgerlichen Parteien. Da sind zum Beispiel die miteinander eng zusammenhängenden Themen Arbeitslosigkeit, Löhne und soziale Sicherheit. 

  • Als internationalistische Kommunist*innen fordern wir eine möglichst schnelle und radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und die Aufteilung der Arbeit auf alle Hände. Dazu die automatische Anpassung der Löhne an die Teuerung. 
  • Diese Forderung hat tiefgreifende Auswirkungen auf den ökologischen Bereich: kürzere, anders verteilte Arbeitszeit hat Auswirkungen auf die notwendige Mobilität der Lohnabhängigen. Sie bietet die Möglichkeit, den öffentlichen Nahverkehr neu zu gestalten und den Individualverkehr zurückzufahren.
  • Dazu schlagen wir große öffentliche Investitionsprogramme unter Kontrolle der Arbeiter*innen vor. Sie müssen die Basis des Ausbaus einer öffentlichen Infrastruktur unter Wahrung ökologischer Grundsätze, des Gesundheits- und Bildungsbereichs (Spitäler, Schulen , Kindergärten …) sein.
  • Ebenso ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, leistbaren und menschenwürdigen Wohnraum zu schaffen – für öffentliche Wohnbauprogramme und Kontrolle von Arbeiter*innen- und Mieterkomitees. Entschädigungslose Enteignung von Spekulanten und leerstehenden Objekten! 
  • Es sind nicht die Migrant*innen, die den autochthonen Arbeiter*innen die Arbeitsplätze wegnehmen. Es sind Unternehmer*innen, die auf Grund der anarchischen Zustände in der Produktion und, damit zusammenhängend, im Handel, in der Güterbeförderung etc. Arbeitsplätze vernichten. Migrant*innen müssen das Recht haben, zu den gleichen Bedingungen wie ihre einheimischen Klassenbrüder- und schwestern ihre Arbeitskraft zu verkaufen – zu den bestmöglichen Bedingungen, wofür wir wiederum starke, demokratische und kämpferische Gewerkschaften brauchen! Solidarität ist der beste Sprachkurs, gemeinsam für gemeinsame Interessen kämpfen die beste Leitkultur! Und es ist auch klar: Wer hier arbeitet, wer hier lebt, soll auch politisch mitentscheiden. Es darf nicht sein, dass ein Drittel der in Österreich lebenden Lohnabhängigen vom Wahlrecht ausgeschlossen ist.
  • Schluss damit, dass die Werktätigen für die Krise der Kapitalist*innen zahlen sollen! Progressive Besteuerung von Unternehmensgewinnen. Schluss mit Steuergeschenken an internationale Konzerne! Abschaffung von Massensteuern, stattdessen Erbschafts,- Vermögens- und Stiftungssteuern! 
  • So, wie wir die Ungleichbehandlung auf Grund der Staatsbürgerschaft ablehnen, lehnen wir jede Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, der Ethnie oder der Religion ab. Immer noch muss die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft erkämpft werden.  Für die Rechte aller sexuellen Minderheiten, ohne Angst und Ausgrenzung leben zu können. Für das Recht auf freie Religionsausübung! Keine staatliche Bevorzugung irgendeiner Religionsgemeinschaft, völlige Trennung von Religion und Schule!
  • Nein zur Festung Europa! Schluss mit der nationalistischen Engstirnigkeit – für echte internationale Solidarität! Keine Einschränkung des Asylrechts! Keine Unterstützung für kolonialistische, rassistische und faschistische Regime! Volle Unterstützung für das Selbstbestimmungsrecht der palästinensischen und kurdischen Völker! Keine Waffenlieferungen, keine logistische Unterstützung für Israel, die Türkei und andere Länder, die Minderheiten unterdrücken! Für das nationale Selbstbestimmungsrecht der Ukraine, aber keine politische Unterstützung des Selensky-Regimes! Keine Unterstützung für die NATO! Zusammenarbeit mit den Arbeiter*innen aller Länder – für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Auch wenn diese radikalen Forderungen derzeit unrealistisch klingen mögen – sie sind nicht unrealistischer als die Versprechungen der bürgerlichen oder reformistischen Politiker*innen, die mit allen Arten von Wundermitteln eine „Überwindung der Krise“ versprechen. Unrealistisch bleibt nur das, was wir nicht selber anpacken. 

Um die oben skizzierten Vorschläge umzusetzen, braucht es etwas ganz anderes als irgendeine Koalitionsregierung, mag sie sich auch noch so sehr demokratisch geben. Ein Programm für die Arbeiter*innen kann nur eine Arbeiter*innenregierung umsetzen. So eine Regierung wird aber nicht an der Wahlurne zustande kommen – sie entsteht aus der wirklichen Bewegung der Klasse, aus den Kämpfen für die Rechte der Lohnabhängigen, der Jugend, der Minderheiten. 

Wie oben erwähnt – dazu brauchen wir Gewerkschaften, die klassenkämpferisch sind, die wir von der Ideologie der Sozialpartnerschaft befreit und zu unseren eigenen Instrumenten gemacht haben. Dass wir daneben alle anderen, in Kämpfen entstehenden Strukturen (Komitees, Aktionsausschüsse, Räte…) unterstützen, versteht sich von selbst. 

Vor uns liegen Jahre schwerer Kämpfe. Das werden aber auch, um Lenin abzuwandeln, Jahre jäher Wendungen und Brüche sein. Wir müssen einerseits jede Möglichkeit nutzen, um praktisch die Interessen unserer Klasse zu verteidigen und in die Offensive überzugehen. Wir müssen die kommende Periode aber auch nutzen, um beharrlich die kommunistische Bildungsarbeit voranzutreiben. Die Erfolge der faschistoiden Kräfte weltweit sind nicht zuletzt das Ergebnis des gesunkenen politischen Bewusstseins der Massen (hervorgerufen durch den jahrzehntelangen Verrat der alten Führungen).

Die kommenden Jahre werden auch Jahre der Sammlung unserer Kräfte und der Umgruppierungen sein. Jahre, in denen wir den Aufbau der Revolutionären Arbeiter*innenpartei und der Revolutionären Arbeiter*inneninternationale gemeinsam mit allen Kräften vorantreiben müssen, die auf dem Boden der Unabhängigkeit des Proletariats von der Bourgeoisie stehen.

Gruppe Klassenkampf

Österreichische Sektion des CoReP (Kollektiv Permanente Revolution)

2. Oktober 2024