Vom Trabrennplatz zur Leitkultur

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Just zu einem Zeitpunkt, da das demokratische Milieu in Österreich noch stärker als früher vor der FPÖ im Allgemeinen und Herbert Kickl im Besonderen zittert, setzt die Neue (?) Volkspartei mit einem gewaltigen Anrang zum spektakulären Sprung in den braunen Sumpf an. Die Freiheitlichen haben keine Hemmungen, gemeinsam mit den Identitären auf öffentlichen Plätzen Massendeportationen zu fordern? Stramm gescheitelte Jungfreiheitliche zeigen auf Gruppenfotos das „White-Power“-Zeichen? Da kann die Traditionspartei des österreichischen Bürgertums nicht zurück stehen. Wozu kleinteiliger Ethnopluralismus in Favoriten,am Jakominiplatz oder dem Linzer Bahnhofsplatz? Flex-Man Karl Nehammer (offenbar irgendwie genetisch mit dem Kettensägenschwinger Javier Milei in Argentinien verbandelt) zeigt dem bärtigen Zuwanderer gleich im großen Stil, wo der heimische Bartl den sauren Most holt! „Ein Prost auf die Leitkultur“ ist die Parole!

Die Leitkultur – Landluft gegen Großstadtsmog

Wenn die große Regierungspartei ihre intellektuellen Kleinkaliber auf Schnellfeuer schaltet, ist immer Gefahr in Verzug. Claudia Plakolm etwa, die meint: „Klimakleber sind nicht normal“ oder „[Pensionist*innen] sollen das Geld lieber den Jungen geben, die es besser brauchen können.“ Integrationsministerin Susanne Raab, auch für religiöse Belange zuständig (ja, wirklich!), die auf der Website der Katholischen Kirche zustimmend zitiert wird:

„Als ein für sie großes Anliegen bezeichnete die Ministerin den Einsatz für Religionsfreiheit und insbesondere für verfolgte Christen“.

Nun also hat die Volkspartei Frau Raab damit beauftragt, den Österreicher*innen eine Leitkultur aufs Auge zu drücken. Bereits die ersten Sujets, die in den sozialen Medien kursierten, machten deutlich, worum es geht: “Tradition statt multikulti. Das ist für die Leit-Kultur” oder “Wer unsere Art zu leben ablehnt, der muss gehen. Das ist für die Leit-Kultur”. Bei der Tradition wurde prominent eine ländliche Blasmusikkapelle ins Bild gesetzt – was prompt zur Distanzierung durch den Vorsitzenden des Österreichischen Blasmusikverbandes Erich Riegler führte, der sich gegen eine parteipolitische Vereinnahmung verwahrte.

Abgesehen davon wurden als Musterbeispiele einer “Leit-Kultur” ein Maibaumaufstellen auf einem Dorfplatz und ein fröhliches Fest mit lederbehosten Jungmännern und Frauen im Dirndl gepostet. Die “Leit-Kultur” bzw. die Leitkultur der Volkspartei knüpft also optisch sehr bewusst an bäuerliche Klischees an, die so heute ohnehin nur noch folkloristischen Tourismuswerbungen entsprechen. Demgegenüber stellen die Ideologen der ÖVP die Gefahr des “Multikulti” – ein Begriff, der durch die Medien, die fest in der Hand der Besitzenden, der Industrie, der christlichen Presseverbände und der Raiffeisenbank sind – mit den “lebensgefährlichen” Zuständen im städtischen Bereich geframed ist. Das gesunde, heimatlich-anheimelnde, meist noch irgendwie katholisch geprägte Landleben wird dem verwirrenden, gefährlichen, multiethnischen, modernen Stadtleben gegenübergestellt. Was aus Sicht der Volkspartei durchaus Sinn macht, da sie bei den letzten Wahlgängen in den größeren städtischen Gemeinden durchwegs schlecht abgeschnitten hat und teilweise (siehe Salzburg und Graz) sogar von der KPÖ überholt wurde.

“Multikulti” ist einer der durch die Identitären konsequent in die Medien gepflanzte Kampfbegriff der “Neuen Rechten”. Bei den Aufmärschen der Identitären, egal unter welchen Tarnnamen sie auftreten, ist einer der Dauerbrenner der Slogan “Heimat Freiheit Tradition – Multikulti Endstation”. Ein reiner Zufall beim Wording der Volkspartei? Oder ein klarer Hinweis an den faschistischen Rand der Wählerschaft: “Wir sind mit euch! Ihr braucht keinen Volkskanzler, solange ihr uns habt. Und wir sind schon an der Macht!”.

Leitkultur – das kommt uns doch bekannt vor

Zu glauben, die Leitkulturschiene sei ein rein taktisches Manöver der Volkspartei mit Blick auf die bevorstehenden Nationalratswahlen, ist kurzsichtig und entspricht nicht dem Wandlungsprozess, den zahlreiche bürgerliche Parteien europa- und weltweit durchlaufen. In vielen Ländern, vor allem dort, wo es einen Niedergang der reformistischen Parteien und eine Integration der Gewerkschaften in den bürgerlichen Staat gibt, geht die Tendenz in Richtung autoritärer Lösungen. Was sich in Österreich 2017 mit dem Kabinett Kurz-Strache angebahnt hat, ist auch nach dem Koalitionsbruch 2019 weitergegangen.

Wir haben angesichts der “demokratisch-antifaschistischen” Demonstrationen nach dem Bekanntwerden des gar nicht so geheimen Treffens in der Potsdamer Villa Adlon und der Teilnahme österreichischer Faschisten daran unterstrichen, dass es absurd ist, wenn “linke” NGOs, Künstler*innen und “Bewegungen” plötzlich einen Geist des “Verfassungsbogens” strapazieren, von dem die FPÖ ausgeschlossen ist und diese einem kompakten “demokratischen” Lager gegenübersteht.

Hier ist weder Platz noch Anlass, die marxistische Theorie vom Staat darzustellen. Wir rufen nur in Erinnerung, dass für Marxist*innen der Staat kein neutraler Schiedsrichter ist (“Der Staat sind wir alle”), sondern ein Instrument der jeweils herrschenden sozialen Klasse, um ein offenes Aufbrechen der Klassenkonflikte zu verhindern und das gesellschaftliche Leben für besagte herrschende Klasse so stabil und reibungslos wie möglich zu gestalten. Das parlamentarische System hat sich dafür als effiziente “politische Hülle” erwiesen, wenn es hart auf hart geht, zeigt die herrschende Klasse aber auch, dass es anders geht. Die Geschichte der Ersten österreichischen Republik ist ein Beispiel dafür. Noch zu Zeiten eines bestehenden Parlaments in den 20er Jahren wurde Polizei mit Gewehren und scharfer Munition gegen demonstrierende Arbeiter eingesetzt, das Bundesheer schützte faschistische Aufmärsche und nach der Ausschaltung des Parlaments im März 1933 brauchte es nicht einmal ein Jahr, bis Bundesheerkanonen auf Arbeiter*innenwohnungen schossen und Polizisten gemeinsam mit den Heimwehrfaschisten den Widerstand der Arbeiter*innen gegen das Regime niederwarfen.

Illusionen in die “demokratische” Volkspartei, deren Traditionen auf die Christlichsozialen der Ersten Republik zurückgehen und in denen nach wie vor Bewunderer des Faschisten Engelbert Dolfuß als Wiedergänger herumgeistern, sind völlig fehl am Platz, und zwar nicht nur aus “historischen” Gründen. Die “Realpolitik” der Volkspartei zeigt deutlich, wie rasch die Maske fallen kann. Erinnert sei zunächst an die Koalitionen mit der FPÖ 2000 und 2017, Kickl als Innenminister inklusive. An die Zustimmung zur Umbenennung von Aufnahmezentren für Geflüchtete in “Abschiebezentren” durch den FP-Innenminister; an die Abschiebung von Kindern und Jugendlichen unter einem VP-Innenminister Nehammer; die Erklärungen des damaligen Noch-Bundeskanzlers Sebastian Kurz nach dem Bruch der Koalition mit der FPÖ, als er sich offen über das Parlament stellen wollte. Die Nachgiebigkeit der VP-geleiteten Polizeibehörden bei den sich immer weiter Richtung Faschismus entwickelnden Anti-Corona-Protesten. Die Akkordierung der österreichischen Politik in der Migrationsfrage mit Orbàn, Vukic und Meloni. Jetzt, aktuell: Die Kriminalisierungsversuche gegenüber der Palästina-Solidaritätsbewegung.

Trabrennplatzrede als Blaupause

Tatsächlich lassen sich bestimmte Schlüsselelemente der VP-Leitkulturfantasien bis zum 11. September 1933 zurückverfolgen. Damals hielt der kleinwüchsige faschistische Diktator Dollfuß am Wiener Trabrennplatz anlässlich des Katholikentages jene berühmte Rede, in der er das Bild eines faschistischen Ständestaates entwarf.

Hier einige markante Zitate:

Im Zeichen des Stephansdomes und der Türkenbefreiung werden wir an die große Geschichte unserer Heimat erinnert. Dass vor 500 Jahren in der damals kleinen, aber hochbedeutsamen Stadt Wien der Stephansdom als Kunstwerk der christlichen deutschen Kultur erstehen konnte, das beweist doch, dass schon damals wirkliche Kultur in unserem Lande geherrscht hat, und bringt uns mit elementarer Wucht zum Bewusstsein, dass schon vor mehr als vor einem halben Jahrtausend in unserem deutschen Lande die Vermählung von wirklich echtem, kerngesundem Volkstum und nach oben orientierter Weltanschauung erlebten Christentums zu einer Hochblüte der Kultur in Österreichs Landen geführt hat”.

Eines der Versatzstücke der aus Deutschland nach Österreich herübergeschwappten Leitkulturdebatte ist genau diese Verknüpfung eines mystischen “Volkstumsbegriffs” mit den christlichen Traditionen. Die Neue Rechte hat das geschickt in ihre neue Orientierung des “Ethnopluralismus” und die “Defend Europe”-Kampagne eingebaut. Da offensichtlich durch die imperialistische Integrationspolitik (die keineswegs zum Verschwinden des Nationalismus geführt hat!) in Deutschland und Österreich der traditionelle Deutschnationalismus europaweit für andere faschistische Bewegungen nicht anschlussfähig ist, wurde eine “europäische Kultur” erfunden. Die beruft sich unter anderem auf Karl Martell, der im 8. Jahrhundert angeblich “Europa vor dem Islam” gerettet habe, und zwar im Zeichen des Kreuzes.

Wenn Kultusministerin Susanne Raab (die gleichzeitig Frauenministerin ist, was allerdings kaum jemandem auffällt) aus ihrer offenkundig konservativ-katholischen Grundhaltung so wenig Hehl macht, dass es sogar den evangelischen Kirchenoberen auffällt (z.B. beim Streit um die Anerkennung des Karfreitags als Feiertag), ist das gegenüber dem Islam noch augenfälliger. Als dialektische Materialist*innen sind wir Atheist*innen, verteidigen aber dennoch das selbstverständliche demokratische Recht, dass Menschen ungehindert ohne Zwang ihre Religion ausüben dürfen. Dass es seitens der ÖVP-Regierung eine klare Ungleichbehandlung von Menschen mit islamischem Glauben (egal, welcher Staatsbürgerschaft gibt), dürfte eindeutig sein.

Raab, die offenbar der Wiener VP-Nationaratsabgeordneten Gudrun Kugler – einer, freundlich gesprochen, sehr offensiv katholischen Politikerin – nahesteht, dürfte sich deren Worte in einem Interview für die fundamentalistische Plattform glaube.at durchaus zu Herzen genommen haben:

Der christliche Glaube und die christlichen Kirchen haben Europa und unser Land stark geprägt. Sie sind Teil unserer Identität und unserer Geschichte. Das ist etwas dessen wir uns bewusst und auf das wir auch stolz sein können. Die christlichen Werte haben Österreich nie geschadet! Sie haben die Achtung der Menschenrechte, die Anerkennung der Menschenwürde und die Rechtsstaatlichkeit grundgelegt. Wenn ein Flüchtling aufgrund dieser Werte nach Österreich kommt, wird es kein Integrationsproblem geben.

Auch in sozialen Fragen orientiert sich die ÖVP offensichtlich – bewusst oder unbewusst -an der Trabrennplatzrede. Nur als Pikanterie am Rande sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die eben erwähnte Abgeordnete Kugler auf Andreas Bablers politisches Programm mit dem Katechismus der katholischen Kirche antwortete.

Zum faschistisch-korporationistischen Modell und seiner Herleitung erklärte Dollfuß 1933:

Prinz Eugen, damals im Heere auf dem Kahlenberg noch junger Leutnant, war später der Verteidiger und Mehrer dieses Reiches geworden. Es folgte das große theresianische Zeitalter, in seiner ganzen Macht und gestaltenden Kraft. Und das war alles sogenanntes “Mittelalter”, und jene Zeit, in der das Volk berufsständisch organisiert und gegliedert war, war jene Zeit, in der der Arbeiter gegen seinen Herrn nicht aufstand und organisiert war, jene Zeit, wo Wirtschaft und Leben auf der Zusammenfassung aller gegründet war, die in einem Berufe ihr Brot erhalten haben.

Brecht mit der Bourgeoisie!

Beim Symposium des Bündnis 12. Februar “Im Gebrüll der Dollfuß-Kanonen” wurde im Referat der Historikerin Elisabeth Luif auf die Ähnlichkeiten zwischen dem ständestaatlichen System der erzwungenen Klassenharmonie und der Nachkriegssozialpartnerschaft verwiesen. Wir haben wiederholt im KLASSENKAMPF die Wirtschaftspolitik der Austrofaschisten als “Sozialpartnerschaft auf Bajonettspitzen” bezeichnet.

Dazu wieder Dollfuß in der Trabrennplatzrede:

Ständischer Neubau ist die Aufgabe, die uns in diesen Herbstmonaten gestellt ist. Der Berufsstand ist die Ablehnung klassenmäßiger Zusammenfassung des Volkes. Berufsauffassung besagt die gemeinsame Arbeit, die die Menschen einigt. Wir wollen dafür in den Organen des öffentlichen Lebens die Voraussetzungen schaffen. Der Mensch will im Betriebe nicht nur eine Nummer sein, sondern will auch als Mensch gewertet und behandelt werden. Ständische Auffassung berechtigt und verpflichtet den Herrn ebenso wie den Knecht. Wir werden daher wieder zurückgreifen müssen auf ältere Formen, aber nicht nur formalistisch, sondern es muss uns zum Bewusstsein kommen, dass die Arbeit die Menschen einigt. Im Bauernhause, wo der Bauer mit seinen Knechten nach gemeinsamer Arbeit abends am gleichen Tisch, aus der gleichen Schüssel seine Suppe isst, da ist berufsständische Zusammengehörigkeit, berufsständische Auffassung. Und verschönert wird das Verhältnis noch, wenn sie beide noch nach Feierabend zum Rosenkranz sich niederknien.

Durchaus im Einklang damit Bundeskanzler Nehammer, dessen berühmtes “Burger-Menu-Video” vom Herbst 2023 noch gut in Erinnerung ist. In der “Gesprächsrunde im engsten Kreis” hatte er auch die Sozialpartner als “Bremser” kritisiert. Darauf bei einer Propagandaveranstaltung der VP in Wien angesprochen, antwortete er:

Er hob hervor, ein christlich-sozialer Politiker zu sein und als solcher für Eigenverantwortung einzustehen. Während sich manche Teilnehmer von Nehammers Aussagen in dem Video irritiert zeigten, meinte ein Wirtschaftskammer-Vertreter, man solle “die Kirche im Dorf lassen”.

Auch wenn die Volkspartei seit der “Wenderegierung” Haider/Schüssel die Sozialpartnerschaft in der traditionellen Form angegriffen hatte, weil sie formal dem ÖGB und der AK eine Position auf Augenhöhe mit den Unternehmer*innenverbänden zusteht, fühlt sie sich immer noch nicht stark genug, sie ganz zu beseitigen. Aber, wie es in Österreich so schön heißt: “Versuchen wird mans ja noch dürfen”. Wie aber sowohl die “Pensionsreform” 2003 als auch die Einführung des 12-Stunden-Tages gezeigt haben, ist es immer eine Frage des realen Kräfteverhältnisses, wie weit die Bourgeoisie zu gehen bereit ist.

Daher auch das mediale Sperrfeuer der bürgerlichen Presse gegen Andreas Babler als SP-Vorsitzender – nicht, weil seine Politik um so viel radikaler wäre als die seiner Vorgänger*innen. Es geht vielmehr darum, dass durch Babler die Tabuworte Marxismus und Klassenkampf plötzlich in der öffentlichen Diskussion aufgetaucht sind. Die Herrschenden, die immer über ein ausgeprägtes Klassenbewusstsein verfügen und dieses tatsächlich kultivieren, können nicht hinnehmen, dass die in ihren Augen “unteren” Klassen beginnen, ihre Klassenlage zumindest ansatzweise wahrzunehmen und in Perspektive sogar in Frage stellen.

Wir erleben momentan eine Re-Ideologisierung der ÖVP – zugegeben auf einem niedrigen Niveau, wie es dem geistigen Niveau dieser Partei entspricht. Aber die Richtung ist klar: am rechten Rand soll es keine Kraft geben, die der Volkspartei gefährlich werden kann. Daher werden die inhaltlich ohnehin schon lange vorhandenen und praktizierten Vorstellungen eines “christlichen Europa” jetzt auch offensiv nach Außen propagiert.

1933 mussten sich die Austrofaschisten von den Nazis abgrenzen – das klang am Trabrennplatz bei Dollfuß folgendermaßen:

Wir glauben, dass wir ehrliche deutsche Kultur in diesem christlichen Teile Mitteleuropas zu erhalten und zu hüten und in österreichischer Form die christlich-deutsche Kultur in diesem Lande zu gestalten haben. Wir lassen das Urteil, wer schließlich dem Deutschtum besser gedient haben wird – dass wir es ehrlich meinen, kann ich aus tiefster Seele hier vor der ganzen Versammlung beschwören – dem Urteil der kommenden Generationen, da wir nicht hochmütig genug sind, ein Urteil hierüber vorwegzunehmen.

Der Weg, den die VP-Führung heute einschlägt, um der FPÖ das Wasser abzugraben, ist die zeitgemäße Anpassung dieser Orientierung.

Vielleicht seien noch ein paar Zeilen aus dem gemeinsamen Regierungsprogramm von Grünen und Volkspartei zu erwähnen, die beweisen: So neu ist das Leitkultur-Konzept keineswegs:

All diese positiven Errungenschaften und Eigenschaften unseres Landes sind das, was Österreich ausmacht, und bilden letztlich unsere Identität, die es zu bewahren gilt. Zuwanderung erfolgt entlang unseren Erfordernissen und nach klaren Spielregeln, daher verfolgen wir einen konsequenten Kurs im Bereich Migration und Integration. Voraussetzung für eine gelingende Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache, das rasche Erlangen der Selbsterhaltungsfähigkeit sowie die Akzeptanz der europäischen und unserer österreichischen Rechts- und Werteordnung: die Trennung von Religion und Staat, die Gleichstellung der Geschlechter und die Ablehnung jeder Form von Gewalt. Demzufolge hat mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen, wer sich nicht an unsere Rechtsordnung hält.

Die Haltung der ÖVP zur Rechts- und Werteordnung kennen wir dank dem Umgang mit Herrn Benko, Herrn Ho und anderen zur Genüge; ebenso die Trennung von Religion und Staat (aber lassen wir Frau Kugler dieses Mal mit ihren Angstvorstellungen in Ruhe, dass Andreas Babler die Kreuze in den Schulklassen anzünden könnte). Auch bei der Gleichstellung der Geschlechter ist die ÖVP vorbildlich, wie man an der Haltung der in ihr organisierten Unternehmer*innen in der klassischen Frage “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit” ablesen kann.

Fünf Monate vor der Nationalratswahl sollten Arbeiter*innen, die ihre Hoffnungen in eine SPÖ unter Andreas Babler setzen, die Funktionäre der Sozialdemokratie auf allen Ebenen mit der Frage konfrontieren: “Wie haltet ihr es mit der ÖVP”? Es ist gut und unterstützenswert, wenn die SPÖ-Führung jede Koalition mit den Freiheitlichen ablehnt (wir werden sie nach den Wahlen im September gegebenenfalls an dieses Versprechen erinnern).

Warum aber wird nicht ebenso kategorisch der Bruch mit der Volkspartei vollzogen? “Aber wir werden doch keine Alleinregierung zusammenbringen”, werden die SP-Bürokrat*innen antworten. Daher sind sie auch nicht bereit, einen offensiven Kampf gegen die Eigentümer der Produktionsmittel und Banken, die Herren der Konzerne, zu führen.

Konkret bedeutet das: offensichtlich nimmt die SPÖ Kurs auf eine Koalition mit der ÖVP, die in der Substanz auch nur eine schaumgebremste FPÖ mit besseren Tischmanieren ist. Demgegenüber betonen wir: auch nach den Wahlen werden die wirklichen Entscheidungen nicht im Parlament fallen. Wie immer werden die Unternehmer*innen Druck auf egal welche Regierung machen. Die Lohnabhängigen werden diesem Druck in den Betrieben und auf den Straßen kontern müssen. Dazu müssen wir uns jetzt schon organisieren und vor allen “demokratischen” Illusionen in die Volkspartei warnen. Der Aufbau einer revolutionären, kämpferischen Klassenpartei der Arbeiter*innen wird immer dringlicher.