Mit antiislamischen Tiraden soll die Arbeiterklasse gespalten werden!

Nichts ist besser geeignet, die Arbeiterklasse zu spalten, als die Spaltung in “Inländer_innen” und “Ausländer_innen”. Na ja – man kann die Sache natürlich noch aufpeppen, indem man das Gift der “kulturellen Unterschiede” einträufelt, die moderne Variante des Mythos der “Herrenrasse”.

Wirksamste Instrumente in den Händen der auch ideologisch herrschenden Klasse sind Boulevardzeitungen, ob gratis oder bezahlt ist einerlei; und diverse Gratis-TV-Sender, die auch immer wieder gerne rassistischen und faschistischen Propagandisten eine Plattform bieten.

Ein Musterbeispiel bot die “Kronen-Zeitung” am 24. Juni und 25. Juni, als sie unter der reißerischen  Schlagzeile “Kopftuch, Radikalisierung, Alltag in Kindergärten” mit “Fotobeweisen” eines anonymen Lesers, die angeblich in einem “islamischen Kindergarten” in Liesing entstanden waren, zeigen wollte, wie gruselig-fundamentalistisch in besagtem Kindergarten zuging.

Allerdings: Die Fotos, die tatsächlich Kinder mit Schleier zeigten, entstanden nicht im Kindergarten in Liesing – sondern stammten von der Website des Islamischen Zentrums am Bruckhaufen in Wien. Sie waren bei einer religiösen Zeremonie entstanden, was das massive in’s Bild rücken religiöser Symbole erklärt.

Es wäre etwas genauso seriös, Fotos aus privaten oder kommunalen Kindergärten rund um das “Laternenfest” zu Ehren des christlichen Heiligen Martin zu veröffentlichen und zu kommentieren: Typisch, Licht können sie sich keines leisten, aber Kinder zu Brandstiftern erziehen, das geht!

Bedenklich waren die Reaktionen auf den Kommentarseiten anderer Medien, die über diese “fake-News” Marke Krone berichteten: Egal ob echt oder social bots – es dominierte Zustimmung zum hetzerischen Artikel. Der Fotobeweis falsch? Wurscht, es ist ja trotzdem genau so, wie im Artikel beschrieben, war der Tenor – wobei sich die Frage stellt: Wie viele der empörten Türken-Basher waren jemals in einem islamisch geführten Privatkindergarten?

Eine neue Dimension bekommt dieser islamophobe Shitstorm, wenn man nun die jüngsten Debatten um die von “Integrationsminister” Sebastian Kurz in Auftrag gegebene “Kindergartenstudie” des “Islamforschers” Ednan Aslan ins Bild einbezieht. Folgt man den von der Zeitschrift “Falter” vorgelegten Argumenten, wurde die Studie in relevanten Punkten verfälscht, um die untersuchten Kindergärten in die Nähe des islaischen Fundamentalismus zu rücken.

Beamte des Kurz-Ministerium strichen demnach Passagen  wie folgende: “Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität des Kindes, Hygiene, Zufriedenheit der Kinder, Pünktlichkeit, Liebe, Wärme, Selbständigkeit und Transparenz der Regeln” wären den Eltern wichtig, hieß es in der Urfassung der Studie. Daraus wurde: “Besonders wichtig ist ihnen, dass den Kindern islamische Werte vermittelt werden.”

Unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit wurde durch diese Studie ein Zerrbild vermittelt, das in der aktuellen innenpolitischen Situation zwangsläufig Stimmung gegen Muslime machen musste. Die politische Verantwortung für ein derartiges Vorgehen trägt zweifellos der zuständige Minister, der sich jetzt, vor den Wahlen, als der junge Wunderwuzzi, der die Welt (oder zumindestens Österreich) retten will, aufführt.

Halten wir klipp und klar fest: Als Marxist_innen fordern wir die völlige Trennung von Kirche und Staat. Wir lehnen jede Förderung religiöser Einrichtungen, egal welcher Richtung, aus öffentlichen Mitteln ab. Gleichzeitig verteidigen wir aber das Recht von Gläubigen, auch wieder egal, welcher Religion, ihren Kult ungestört ausüben zu können, solange sie nicht zu Hass oder Verfolgung von Andersgläubigen oder Atheist_innen aufrufen.

Was wir ebenso entschieden ablehnen ist die Instrumentalisierung einer sogenannten “objektiven Wissenschaft” zur Aufpeitschung von religiösem, kulturellem oder ethnischem Hass.

Ob Herr Kurz die ÖVP nach seinen bonapartistischen Vorstellungen ummodelt, ist uns herzlich egal. Das sollen sich seine Bünde-Kumpels mit ihm ausmachen, ob sie mit seinen “Generalvollmachten” leben können und wollen.

Nicht egal ist uns aber, wenn ein reaktionärer Politiker, der immer wieder die Wahrheit zurechtbiegt, wenn sie seinen Zielen dient, bei den kommenden Wahlen nach der Regierungsmacht greift. Allein das, was sich in den letzten Wochen (Stichwort: Universitätsfinazierung, Pflegeregress, und jetzt Kindergartenstudie) im Umfeld des Herr Kurz abgespielt hat, lässt erahnen, zu welchen Maßnahmen die von ihm verkörperte Fraktion der österreichischen Bourgeoisie fähig ist.

Auch wenn es im September für arbeitende und arbeitslose Menschen keine Wahl geben wird – eines ist gewiss: auf gar keinen Fall ist eine Stimme für irgendeine der bürgerlichen Listen eine Option!