Wenn sich das türkise Pack schlägt

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Legt euch nicht mit Basti an!

Er muss leider draußen bleiben: am 18. Juli gab der ÖVP-Parlamentsklub bekannt, dass man das Porträt des austrofaschistischen Arbeitermörders Dollfuß, das bis jetzt die Räumlichkeiten der Christlich-Sozialen geziert hatte, nicht in die neuen Ersatzquartiere des Nationalrats am Heldenplatz übersiedeln werde. Als “Dauerleihgabe” wird der kleine Diktator ins Niederösterreichische Landesmuseum übersiedeln.  Klar – irgendwohin müssen seine Anhänger ja wohl pilgern, und Pröllistan bietet sich da wohl an. Inhaltlich gab es ja keine Begründung für diesen Schritt – wieder einmal siegte der Pragmatismus. Die Ersatzcontainer sind zu klein, um den “Millimeternich” genannten Faschisten dort aufzuhängen.

Tatsächlich scheint es ja bestimmte Traditionslinien des Demokratieverständnisses bei der einst schwarzen, jetzt türkisen Truppe rund um den Messias Sebastian Kurz zu geben. Lassen wir die Verschärfungen beim Versammlungs- und Demonstrationsrecht durch Herrn Wolfgang Sobotka einmal außer Acht (übrigens durchgesetzt mit Zustimmung des Koalitionspartners SPÖ!). Ein offener Schlag gegen demokratische Errungenschaften ist die Methode des schwarz-türkis geleiteten Justizministeriums, elektronisch übermittelte Einwendungen gegen das sogenannte “Überwachungspaket” einfach zu blocken.  Die “Bewegung” des Herrn Kurz und ihre Minister tun sich offenbar schwer, wenn sich “im Volk” was bewegt. Und dass nicht wenige Menschen keine Lust auf noch mehr Überwachung, Bundestrojaner auf Handys und Computern und den legalisierten Wohnungseinbruch durch die Polizei haben, merkt man selbst in der “Bewegungszentrale”.

Wobei wir bei jenem Punkt angelangt sind, an dem Kontrollfimmel und Einschränkung der Meinungsfreiheit auf ihren absurden, fast schon parodistischen Gipfel, angelangt sind. Herr Kurz hat ja bisher außer etwas Kosmetik (“Türkis ist das neue Schwarz”) und schluckaufartigen fremdenfeindlichen Rülpsern inhaltlich noch nichts geboten. Grenzen dicht, Flüchtlinge zurückschicken, Brenner verteidigen, Orban hat recht – das ist die Litanei des Retters der ÖVP. Kurz möchte mit diesen, der FPÖ oder den Identitären entlehnten, Parolen an niedrige Instinkte, an Angst und Rückständigkeit appellieren.

Brüder im Geiste?

Kein Wunder, dass biedere Fans des Erlösers die Worte ihres neuen türkis Gurus für bare Münze nehmen, etwa die Betreiber der Facebook-Gruppe “Wir für Sebastian Kurz”. Und, um die Unterstützung für den Wastl zu untermauern, eine Meinungsumfrage unter ihresgleichen machen: “Soll der Brenner geschlossen werden?” .

Als ein findiger Journalist die neue “Bewegung” auf diese Seite ansprach, war plötzlich Feuer am Dach. Peter L. Eppinger, einstens Ö3-Moderator (was suchte denn so ein anständiger Bursch beim Rotfunk???) und jetzt Medienzampano der Kurz-Partie, reagierte postwendend. Die Seite “Wir für Kurz” poste schon seit dem Rücktritt Reinhold Mitterlehners immer wieder Positionen, die nicht jene der “neuen Volkspartei” seien. Indirekt deutete er das an, was Generalsekretärin Köstinger offen aussprach: Die Seite sei gar nicht von Fans des Mannes, der die Ohren am Puls des Volkes hat, sondern vom bösen Feind – dirty campaigning. Na geh …

Halten wir, nur zur Klarstellung fest: Diese Facebook-Seite beansprucht, von Fans des Herrn Kurz betrieben zu werden; dementsprechend besteht sie offensichtlich (so will es ja die neue “Bewegung”) nicht nur aus ÖVPlern; wie soll sie Positionen der “Neuen ÖVP” vertreten, wenn der neue Parteibonaparte selbige verbissen geheim hält? Dass diese Seite die einzig bekannten Positionen des einstigen Geilomobil-Laudas verficht (“Die Grenzen zu, der Kurz ist da!”), spricht doch sehr für ein Naheverhältnis. Offenbar ist es aber gerade dieses klare und undiplomatischer Eintreten für Kurzens Ziele, die er ja gegebenenfalls immer relativiert, wenn die Kritik zu stark wird, welche die Alarmglocken schrillen lässt. Was also tun Eppinger und Köstinger?

Sie fordern bei Facebook die Löschung der Fan-Seite über ihren Boss!

Natürlich freut es uns, wenn sich – auf gut Wienerisch – die türkisen Jubeljünger verbal in die Gosch’n hauen. Bedenklich wird’s allerdings, wenn eine Bewegung, die den Vizekanzler und Justizminister, Außenminister, den Innenminister und einige andere Staatsverwalter dazu stellt, einfach die Löschung einer befreundeten (!!!) Seite fordern, die ihnen aus taktischen Gründen nicht in den Kram passt. Wenn die schon mit ihren eigenen Anhänger_innen so umspringen, kann man sich leicht vorstellen, wie sie gern mit ihren politischen Gegner_innen umgehen würden, hätten sie die Macht dazu.

Womit wir wieder beim Dollfußbild sind. Das Abhängen des Demokratiefeindes aus den 30er Jahren macht seine Nachfolger noch nicht zu besseren bürgerlichen Demokraten. Die Kurz-Bewegung lässt immer wieder ihre Grinsekatzen-Maske fallen und zeigt ihr wahres Gesicht: Die Fratze der politischen Interessensvertretung einer herrschenden Klasse, die ihre Interessen ohne jedes Zögern auch mit Repression, Verboten oder Gewalt durchzusetzen bereit ist.

Wahlspielchen und Kreuzchenmachen ändern nichts. Das kapitalistische System ist das Problem. Reformen helfen da nicht – auch ein reformiertes Unrecht ist ein Unrecht. Nur die Beseitigung der Ausbeuterordnung durch eine sozialistische Revolution unter Führung einer revolutionären, internationalistischen Arbeiter_innenpartei ist der Ausweg.