Leihrad-Fiasko in Wien: Nicht alles mit zwei Rädern und Pedalen ist leiwaund!

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Wie eine Naturkatastrophe sind sie plötzlich im August 2017 über Wien herein gebrochen: die gelben bzw. silbergelben, stationsgebundenen Leihfahrräder zweier asiatischer Anbieter. Um die Räder nutzen zu können war eine Registrierung via App erforderlich. Der Standort des Fahrrads konnte jederzeit registriert werden und nebenbei wurden fleißig Daten der Benutzer gesammelt. Die beiden Unternehmen wussten es, die bestehende Gesetzeslage auszunützen. Denn Fahrräder darf jeder im öffentlichen Raum abstellen. Dann dauerte es noch einige Zeit, bis Firmenniederlassungen in Österreich gegründet waren. Die den Grünen nahe stehende Mobilitätsagentur sprach von einer guten Gesprächsbasis und der Notwendigkeit, die weitere Entwicklung abzuwarten. Diese zeigte bald eine negative Tendenz. Die Fahrräder wurden u. a. auf Grünflächen, in den U-Bahn-Stationen inklusive Gleisanlagen platziert und sogar in die Donau und den Donaukanal geworfen.

Nach dem notwendigen kostenintensiven Abtransport der deplatzierten Drahtesel war die Mobilitätsagentur endlich dazu bereit, Regeln für die Fahrradverleihfirmen aufzustellen. Ab 1.8.2018 wären hohe Gebühren für den Abtransport von im öffentlichen Raum störend abgestellten Fahrrädern fällig geworden. So weit kam es jedoch nicht. Noch vor Inkrafttreten der neuen Richtlinien zog sich eine Leihfahrradfirma mit der Begründung das Geschäft nicht mehr profitabel betreiben zu können aus Wien zurück und die andere verschwand von der Bildfläche und wurde von Insolvenzgerüchten umgeben. Während das wirtschaftlich intakte Unternehmen seine Räder selbst abtransportierte, überließ das andere Unternehmen das der Gemeinde Wien. Tagelang waren Gemeindebedienstete mit dem Auffinden, Bergen und Abtransportieren von asiatischen Billigrädern beschäftigt. Diese sollen laut Mobilitätsagentur ohne nähere Angaben „verwertet“ werden.

Die Lehren aus dem Kurzauftritt dieser so genannten Start Up Unternehmen sind: 1) Das Kapital schert sich einen Dreck um die Folgekosten seines Profitstrebens. Wird das Kapitalist nicht durch gesetzliche Maßnahmen und Strafandrohung dazu gezwungen, so kennt er weder soziale noch ökologische Verantwortung – entgegen den vertrauenseinflößenden Behauptungen der Marketingabteilungen international agierender Konzerne. 2) Die rot-grüne Wiener Stadtregierung ist völlig dazu bereit, sich dem Diktat der „freien“ Marktwirtschaft zu unterwerfen. Das für den Steuerzahler (und damit vorwiegend für die Lohnabhängigen) kostenintensive Leihraddebakel war vorhersehbar.

Zukunftsweisende urbane Mobilität erfordert eine nachhaltige, kostengünstige und ökologische Ausrichtung. Genau das widerspricht der kapitalistischen Logik von den schnellen, hohen Profiten in Verbindung mit der „Nach-uns-die-Sintflut“-Denkweise.