Babler springt nicht über den Schatten, sondern den Lohnabhängigen ins Kreuz!

Die jüngsten Entwicklungen in den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS werfen ein scharfes Licht auf die Rolle der Sozialdemokratie unter Andreas Babler.

Wer hat noch die Versprechungen Bablers am 46. Bundesparteitag der SPÖ in Graz im Ohr?

Wir werden dafür sorgen, dass diese Periode der Abrissbirne endgültig vorbei ist und ÖVP und FPÖ nicht mehr dazu kommen, noch mehr niederzureißen. Und ich verspreche, wir werden all das, was sie planiert haben, wieder aufbauen und noch größer und schöner als je zuvor machen“. Immer wieder wurde die „Millionärssteuer“ thematisiert: „Zurück zur Gerechtigkeit heißt, gerechte Steuerpolitik zu betreiben und die Schieflage im Steuersystem geradezurücken.“ Obwohl die SPÖ in ihrem Wahlprogramm Forderungen wie Vermögenssteuern und soziale Gerechtigkeit ins Zentrum gestellt hatte, deutet vieles darauf hin, dass diese Positionen im Zuge der Verhandlungen geopfert werden. Wie sonst ist die kryptische Ansage Bablers zu verstehen, man müsse auch über den eigenen Schatten springen können?

Das Bestreben der SPÖ, sich mit den wirtschaftsliberalen NEOS und der Traditionspartei der heimischen Industrie- und Agrarbourgeoisie ÖVP zu verbünden, zeigt, was die Versprechen und die Emotionalität eines “linken” SPÖ-Vorsitzenden in der harten Tagesrealität wert sind.

Seit 110 Jahren, seit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und der Unterstützung der Kriegspolitik des heimischen Imperialismus, steht die Sozialdemokratie fest auf dem Boden der kapitalistischen Ausbeuterordnung. Als “Pfleger am Krankenbett des Kapitalismus” hat sie 1918/19 die sozialisitsche Revolution verhindert und dann mit “linken” Phrasen die Arbeiter*innen von Niederlage zu Niederlage geführt. Nach 1945 haben SPÖ-Politiker Hand in Hand mit den Nachkommen der Christlichsozialen und Austrofaschisten den darniederliegenden Kapitalismus wieder aufgebaut. Oder, genauer: von der ausgebluteten Arbeiter*innenklasse wieder aufbauen lassen. Genau das ist eben die Rolle der “bürgerlichen Arbeiter*innenpartei” – sie vertritt die Interessen der Bourgeoisie in der Arbeiter*innenbewegung, unterwirft diese (z.B. unter dem Namen “Sozialpartnerschaft”) den Profitinteressen der herrschenden Klasse.

“Staatstragend” heißt: gegen die Interessen der Arbeiter*innen!

Die SPÖ propagiert, dass die Zusammenarbeit mit den NEOS und der ÖVP notwendig sei, um „Stabilität“ zu sichern und eine „Politik der Spaltung“ zu überwinden. Unausgesprochen wird wieder einmal der “braun-blaue Elefant im Raum” beschworen. Mit einer Koalition aus SPÖ, ÖVP und NEOS soll angeblich der Durchmarsch der Freiheitlichen verhindert werden. Plötzlich werden ÖVP und NEOS zur “politischen Mitte” erklärt. Beide Parteien vertreten in unterschiedlicher Schärfe die bürgerlichen Profitinteressen. Wenn Trotzki für die Volksfronten der 30er Jahre zur Veranschaulichung das Bild des Kräfteparallelogramms gewählt hat, trifft das noch viel mehr auf bürgerliche Koalitionen zu. Der kleinste gemeinsame Nenner jeder Koalition können nur die rückständigen, reaktionärsten Positionen sein, auf denen sich die Beteiligten finden können.

Ein Bündnis mit einer Partei wie den NEOS, die für eine kompromisslose Wettbewerbsorientierung und Steuerverweigerung steht; mit einer Volkspartei, die wissentlich und willentlich das gesamte Ausmaß des wirtschaftlichen Niedergangs des heimischen Kapitalismus verschwiegen hat – untergräbt jegliche Glaubwürdigkeit des “linken” Parteivorsitzenden. Die zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems notwendigen geplanten Kürzungen und “Konsolidierungen” treffen vor allem jene, die schon jetzt unter der Teuerung leiden.

Indem die SPÖ-Führung auf fundamentale Forderungen ihres Wahlprogramms wie Vermögenssteuern verzichtet und „über den eigenen Schatten springt“, signalisiert sie, dass ihre Prinzipien verhandelbar sind. Das demoralisiert ihre Basis. Wähler*innen, die der SPÖ noch einmal eine Chance gegeben haben, werden wegbrechen. Nicht nur nach “links”, sondern auch zur faschistoiden FPÖ. Dieser neuerliche Verrat an der Arbeiter*innenklasse kann noch verhindert werden, wenn all jene in der SPÖ, die sich für die Kandidatur Bablers zum Parteivorsitzenden eingesetzt haben, jetzt ein klares Veto einlegen.

Die Situation der SPÖ ist kein Einzelfall. Ähnlich wie die Labour Party in Großbritannien oder die SPD in Deutschland zeigt die SPÖ, wie sozialdemokratische Parteien ihre historische Aufgabe aufgegeben haben. Einst mächtige Klassenparteien der Lohnabhängigen, sind sie heute zu schwachbrüstigen Gesundbetern eines niedergehenden, menschenverachtenden Systems geworden.

Die SPÖ unter Babler bewegt sich mit Riesenschritten in Richtung einer Politik der Anpassung, die die grundlegenden Forderungen und Interessen ihrer Basis ignoriert. Für internationalistische Kommunist*innen liegt die Aufgabe nicht darin, Regierungen mit der Bourgeoisie zu bilden, sondern darin, die Interessen der Arbeiter*innenklasse kompromisslos zu vertreten und eine revolutionäre Perspektive zu entwickeln.

  • Keine Koalition mit den bürgerlichen Parteien!
  • Keine Kapitulation vor dem Sozialabbauprogramm der Bourgeoisie!
  • Jetzt den Widerstand organisieren – für eine Arbeiter*innenregierung, die sich auf SPÖ, KPÖ, Gewerkschaften, Betriebsräte und Komitees in den Betrieben, Schulen, Universitäten und Stadtteilen stützt!