Für eine Gewerkschafter*inneninitiative für Palästina!

Print Friendly, PDF & Email

Weltweit wächst die Unterstützung von Gewerkschaften – als Gesamtorganisationen, von Basisinitiativen und Einzelmitgliedern – zur Unterstützung des Aufrufs der palästinensischen Gewerkschaften. Der ÖGB schweigt.

Kanadische Gewerkschaften protestieren gegen Boykott der UNRWA

Bereits am 13. Februar haben die kanadischen Gewerkschaften in einem Protestbrief an Premierminister Trudeau erklärt:

Im Namen von sechs kanadischen Gewerkschaften, die mehr als 2 Millionen Beschäftigte vertreten, schreiben wir Ihnen, um unsere Besorgnis über die jüngste Ankündigung der kanadischen Regierung zum Ausdruck zu bringen, die Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), der wichtigsten Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge im Gazastreifen und in der gesamten Region, auszusetzen. Im Interesse der Sicherheit von Millionen von Palästinenser*innen bitten wir Sie, diese Entscheidung rückgängig zu machen.

Das UNRWA ist eine unersetzliche Hilfsorganisation, auf die sich Millionen von Palästinenser*innen seit über 7 Jahrzehnten verlassen. Es ist besonders grausam, wenn große Geberländer dieser wichtigen Organisation zum jetzigen Zeitpunkt die Finanzierung verweigern, wenn man die katastrophale humanitäre Krise bedenkt, die durch die anhaltenden Bombardierungen durch Israel verursacht wird. Die angekündigten Übergangsmaßnahmen für die Finanzierung anderer Hilfsorganisationen sind keine ausreichende Reaktion und mildern nicht die verheerenden Auswirkungen, die die Aussetzung der Finanzierung auf die Arbeit des UNRWA haben wird”.

Nachdem die israelische Regierung Ende Jänner behauptet hatte, dass 12 (!!!) der 30.000 Mitarbeiter der UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees) am 7. Oktober am Angriff auf die israelischen Grenzen beteiligt gewesen seien, stellten die USA sofort die Zahlungen an das Hilfswerk ein. Auch Verbündete der USA wie Kanada, Deutschland, die Europäische Union, Schweden, Japan, Frankreich, die Schweiz, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Australien, Italien, Österreich, Finnland, Neuseeland, Island, Rumänien und Estland stellten die finanzielle Unterstützung ein.

Zionistische Desinformationskampagne

Worauf stützen sich die Behauptungen der von faschistischen Parteien mitgetragenen Regierung Netanjahu? Wie immer sind es die mysteriösen “israelischen Geheimdienstinformationen” – nicht vergessen: der angeblich beste Geheimdienst der Welt, der Mossad, wurde am 7. Oktober angeblich von der bedeutendsten militärischen Operation der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen seit Jahrzehnten völlig unvorbereitet getroffen. Aber über die UNRWA wissen die zionistischen Geheimdienste und Militärs ja offenbar besser Bescheid. Also zitierte das Wall Street Journal einen nicht näher genannten israelischen Offizier, der erklärte, UNRWA sei ein “sicherer Hafen für die Hamas” im Gazastreifen. Zugleich wurde ein Geheimdienstdossier an vertrauenswürdige Verbündete des zionistischen Staates weitergegeben, in dem unter anderem behauptet wird, 10 % der UNRWA-Mitarbeiter*innen in Gaza hätten Kontakte zu “Aktivisten der Hamas”.

Sky News und der britische Channel 4, kommerzielle bürgerliche Sendestationen also, prüften das “Dossier” und kamen zum Schluss, dass sich darin keine Beweise für die Beteiligung von UNRWA-Mitarbeiter*innen am Angriff vom 7. Oktober fänden. Auch die sicher nicht subversive “Financial Times” prüfte die israelischen Anschuldigungen und berichtigte als erstes gleich einmal, dass im “Dossier” von vier und nicht von 12 angeblichen Beteiligten an der Operation vom 7. Oktober Beteiligten die Rede wäre.

Die Anschuldigungen gegen UNRWA sind eine bösartige Retourkutsche für die Verhandlung gegen den zionistischen Staat vor dem Internationalen Gerichtshof auf Antrag Südafrikas. Sie sind insbesondere eine Verhöhnung der Aufforderung des Gerichtshofs an die israelische Regierung, “sofortige und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Bereitstellung der dringend benötigten Grundversorgung und humanitären Hilfe [für die Bevölkerung im Gazastreifen] zu ermöglichen”.

Belgische Transportarbeiter*innen boykottieren Waffenlieferungen an Israel

Die belgischen Transportarbeiter*innengewerkschaften des Bodenpersonals der Flughäfen haben folgende Eerklärung abgegeben:

Verweigerung der Abfertigung von Militärgütern für den Krieg in Palästina

Während in Palästina ein Völkermord stattfindet, sehen die Beschäftigten auf verschiedenen belgischen Flughäfen, wie Waffen in Kriegsgebiete verschifft werden.

Das Be- und Entladen dieser Waffen trägt dazu bei, organisierte Strukturen für die Tötung unschuldiger Menschen zu schaffen.

Wir, die verschiedenen im Bereich der Bodenabfertigung tätigen Gewerkschaften, fordern unsere Mitglieder auf, die Abfertigung von Flügen, die militärisches Gerät nach Palästina/Israel transportieren, einzustellen, wie es zu Beginn des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine der Fall war, und zwar mit klaren Vereinbarungen und Regeln.

Wir fordern daher einen sofortigen Waffenstillstand und bitten die belgischen Regierungen, konsequent zu sein und keine Waffentransporte über belgische Flughäfen zu dulden. Als Gewerkschaften erklären wir unsere Solidarität mit denjenigen, die sich für den Frieden einsetzen.

Die gemeinsame Gewerkschaftsfront

ABVV – BTB (belgische Gewerkschaft, die alle Beschäftigten im Seeverkehr, in den Häfen, in der Luftfrachtabfertigung, im Güter- und Personenverkehr und in der Logistik vertritt)

ACV/CSC (Bund der christlichen Gewerkschaften)

BBTK – Setca (Verband der Angestellten, Techniker und Führungskräfte)

Die katalanischen Gewerkschaften haben am 7. Februar Proteststreiks zur Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung durchgeführt. Die CGT, Intersindical-CSC und die IAC haben dazu einen Teilstreik von zwei Stunden pro Arbeitsschicht organisiert.

In Italien riefen Gewerkschaften am 23. Februar zu einem Solidariätsstreik mit Palästina auf. Am 24. Februar fand dann eine große Solidaritätsdemonstration in Mailand statt.

Im Aufruf der USB (Unione Sindicale di Base) hieß es:

Wir fordern heute mit Nachdruck einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen und im Westjordanland, die Anklage der israelischen Regierung wegen Völkermordes und die sofortige Wiederherstellung der Finanzierung des UNRWA durch die Staaten, die die Mittel gestrichen haben.

Schließlich möchten wir als Klassengewerkschaft auf den Zusammenhang zwischen der Beteiligung an Kriegen und den Angriffen auf die Lebensbedingungen unserer Arbeiter*innen hinweisen. Die italienischen Löhne sind die niedrigsten in der EU, das Renteneintrittsalter ist das höchste, die Mittel für die öffentliche Gesundheitsfürsorge werden jedes Jahr gekürzt, während die private Gesundheitsfürsorge, die Gewinne von Banken, Rüstungsunternehmen wie Leonardo und die Versorgungsleistungen der ENI-Aktionäre steigen.

Und in Österreich?

Der ÖGB stellt sich angesichts des Völkermords in Palästina tot. Na ja, nicht ganz. Auf der Homepage des “netzwerk international” des ÖGB findet sich eine undatierte Erklärung, die so beginnt:

Die Ermordung hunderter unschuldiger israelischer Frauen, Kinder und Männer hat auch die Gewerkschaften in Österreich zutiefst erschüttert. Mit unglaublicher Brutalität erschossen Terroristen, mehrheitlich von der Hamas, vor allem berufstätige Menschen wie z.B. jene im Kibbuz Kfar Aza und deren Angehörige.

Wir verurteilen daher nachdrücklich den gemeinen und unmenschlichen Terrorangriff der Hamas auf israelischem Territorium. Seit dem Tag des Angriffs steht der ÖGB im Kontakt mit seiner israelischen Schwesterorganisation Histadrut. Dem Vorsitzenden Amon Bar-David haben wir nicht nur unser Mitgefühl, sondern ebenso unsere aktive Solidarität zugesagt.

Traditionell unterhält der ÖGB gute Beziehungen zum israelischen Gewerkschaftsbund Histadrut. Dabei wird gerne verschwiegen, dass die Histadrut von ihrer Gründung an ein Instrument des „labouristischen“ Flügels des Zionismus und damit ein wesentliches Instrument bei der Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung war. Im Bereich der Arbeitsbeziehungen fungierte und fungiert sie nach wie vor als Schutzwall privilegierter israelischer Arbeiter*innenschichten gegenüber palästinensischen und migrantischen Arbeiter*innen.

Wir müssen diese Mauer aus Apathie und Komplizenschaft durchbrechen.

Wenn wir in der Palästina-Solidarität den Schwerpunkt auf die Unterstützung des Aufrufs der palästinensischen Gewerkschaften richten, tun wir dies im vollen Bewusstsein von dessen Begrenzung. Die unterzeichnenden Organisationen verfolgen ein Minimalziel, das aber völlig kongruent mit weiterführenden Forderungen ist: einen sofortigen Waffenstillstand und weltweite Arbeiter*innensolidarität zur Verhinderung von Waffenlieferungen oder Zuarbeiten für die zionistische Kriegsmaschinerie.

Dass wir darüber hinaus ein einheitliches, säkulares, multiethnisches und sozialistisches Palästina fordern, was nur auf der Basis der Zerstörung des zionistischen Staates möglich ist, versteht sich von selbst, und wir verhehlen diese Perspektive auch nicht. Als Basis für die unmittelbare Klassensolidarität mit den Menschen in Palästina angesichts der völkermörderischen Offensive der zionistischen Streitkräfte bietet der Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften unserer Meinung nach aber die breiteste Grundlage.

Daher halten wir es für unabdingbar, dass sich Gewerkschafter*innen in Österreich auf dieser Minimalgrundlage zusammenschließen und den ÖGB und seine Teilgewerkschaften dazu auffordern, den Appell der palästinensischen Gewerkschaften zu unterstützen.

Wenn ihr mit uns aktiv werden wollt, schickt uns eine Nachricht:

gewerkschafterfuerpalaestina@proton.me