Erklärung des CoReP, basierend auf einem Entwurf von ITO und L5I

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Vorbemerkung zur Erklärung des CoReP

Am 29. Oktober 2023 hat das Kollektiv Permanente (CoReP) der L5I (Liga für die 5. Internationale) und der ITO (Internationale Trotzkistische Opposition) den Entwurf einer Erklärung zu Palästina übermittelt, die als Diskussionsgrundlage für ein gemeinsames internationales Dokument dienen sollte. Auf dieses Mail haben wir keine Antwort erhalten.

Am 8. Dezember 2023 hat uns die Leitung der ITO einen Text zu Palästina geschickt, den sie gemeinsam mit der L5I erarbeitet und an verschiedene Organisationen, unter anderem die NPA-R in Frankreich, die griechische OKDE und RS in Indien zur Unterschrift versendet hat. 

Wir antworteten am 11. Dezember, dass wir bei der Sitzung unseres Internationalen Büros am 14. Dezember Änderungsvorschläge zu diesem Dokument diskutieren würden. Am 13. Dezember antwortete ein Vertreter der ITO, dass keinerlei Änderungen erwünscht seien und Abänderungen nur dort akzeptiert würden, wo dies unbedingt nötig sei. Am 19. Dezember legten wir dann in einem Mail die von uns vorgeschlagenen Änderungen in Form von Ergänzungen, Streichungen und Einschüben in den Entwurf von ITO/L5I vor. Am 26. Dezember teilte es uns ein Genosse der Leitung der L5I mit, dass unsere Änderungen “den gesamten Charakter der Resolution” ändern würde, die “eine Antwort auf die aktuelle Situation” sein und nicht zu sehr in “historische Details” gehen sollte. ”Einige” würden eine zusätzliche Diskussion erfordern.

Dem stimmen wir insofern zu, als wir Teile des Entwurfs von L5I und ITO für politisch falsch halten. So lehnen wir die Boykottaufrufe der BDS-Bewegung ab – sie stehen im Widerspruch zu einer Klassensolidarität mit dem Widerstandskampf des palästinensischen Volkes. Weiters erachten wir eine klare politische Abgrenzung gegenüber reaktionären und/oder islamistischen Führungen im Nahen Osten für notwendig. 

Das Ultimatum der L5I und der OTI ist den Methoden der Bolschewistischen Partei und der 4. Internationale fremd. Die Verweigerung einer ernsthaften Diskussion ist umso bedauerlicher, als das gemeinsame Projekt von L5I und ITO oft unzulänglich oder sogar fehlerhaft ist.

  1. Von einem Klassenkampf ist vor dem Ende des Texts nur in wirrer Form die Rede (siehe 5 und 6 unten).
  2. Vom Vorwurf des Antisemitismus durch Zionisten und westliche imperialistische Staaten gegen Antizionisten, der tatsächlich ein Merkmal der „aktuellen Situation“ ist, ist keine Rede.
  3. Die Oslo-Abkommen werden fälschlicherweise als Ergebnis der Intifada dargestellt.
  4. Für die Zunahme des Islamismus in der palästinensischen Bevölkerung gibt es keine Erklärung, er ist jedoch ein Merkmal der „aktuellen Situation“.
  5. Im „Aktionsprogramm“ gibt es „die revolutionäre Einheit des arabischen Volkes“, die nichts mit dem Programm der Kommunisten zu tun hat: a) sondern ein Zugeständnis an den bürgerlichen arabischen Nationalismus ist, b) das nicht die zentrale Rolle des Proletariats der Türkei und des Iran berücksichtigt, c) das die nationale Unterdrückung von Kurden, Berbern usw. durch die „arabischen“ bürgerlichen Staaten vernachlässigt.
  6. Alle „Solidaritäts“-Aktionen werden auf die gleiche Ebene gestellt, entgegen der Tradition der Kommunistischen Internationale und der Vierten Internationale, bis hin zur Unterstützung der Kampagnen von Schülern Gandhis, die von der kleinbürgerlichen Verweigerung des Konsums importierter israelischer Produkte bis hin zum reaktionäre und kontraproduktive Abbruch der kulturellen, sportlichen und akademischen Beziehungen zur gesamten Bevölkerung Israels.

Dem müssen wir, entsprechend dem Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften, den Klassenkampf entgegensetzen :

Wir rufen die Gewerkschaften in den einschlägigen Branchen auf:
Sich zu weigern, für Israel bestimmte Waffen zu bauen;
sich zu weigern, Waffen nach Israel zu transportieren;
entsprechende Anträge in ihren Gewerkschaften zu beschließen;
Maßnahmen gegen Unternehmen zu ergreifen, die an der Umsetzung der brutalen und illegalen Besetzungspolitik Israels beteiligt sind, insbesondere wenn sie Verträge mit euren Organisationen haben;
Druck auf die Regierungen auszuüben, um den gesamten Militärhandel mit Israel und im Falle der USA auch die Finanzierung des Landes zu stoppen.

Im Einklang mit der 4. Internationale zu Trotzkis Lebzeiten.

Die 4. Internationale verkündet, dass die effektivste Hilfe, die die Arbeiter der Welt ihren Brüdern in Spanien leisten können, in direkten Aktionen liegt, die insbesondere von den Gewerkschaften der Kriegsindustrie, des Transportwesens, der Häfen, zum Boykott von Lieferungen an die Faschisten usw. organisiert werden sowie für den Generalstreik zum Sturz der Blockaderegierungen. (Gründungskonferenz der 4. Internationale, Aufruf an die spanische Arbeiterklasse, September 1938)

Welchen Nutzen hat eine internationale Erklärung, die von Organisationen unterzeichnet wurde, die behaupten, Kommunisten zu sein, wenn sie nicht die Avantgarde in Palästina und im Rest der Welt in all diesen Fragen aufklärt?

Wir veröffentlichen im Folgenden die Resolution mit unseren Änderungen, ohne diese (im Sinne der leichteren Lesbarkeit) besonders hervorzuheben. Interessierte können den ursprünglichen Entwurf von L5I/ITO und unsere Antwort mit farblich gekennzeichneten Änderungen herunterladen, um die Unterschiede selbst bewerten zu können. Der Link findet sich am Ende unseres Dokuments.

Das Internationale Büro des CoReP

Erklärung zu Palästina des CoReP, basierend auf einem Entwurf der ITO und der L5I

Für Arbeitersolidarität mit dem palästinensischen Volk!

Stoppt den völkermörderischen zionistischen Angriffskrieg in Gaza!

Die Internationale Trotzkistische Opposition (ITO), die Liga für die Fünfte Internationale (LFI), das Permanente Revolutionskollektiv (CoReP), die Revolutionäre Arbeiterpartei (RRP) Russlands und …, die sich über proletarisch-revolutionäre Perspektiven für Palästina einig sind, haben diese gemeinsame Erklärung angenommen.

Die ständige Unterdrückung, Vertreibung und Tötung von Palästinensern in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen hat durch den von der Hamas und anderen Widerstandskämpfern (Dschihad, PFLP, DLFP) am 7. Oktober angeführten Gegenangriff erneut die Aufmerksamkeit der Arbeiter auf der ganzen Welt auf sich gezogen. Die brutale Reaktion Israels, die sich gegen die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen richtet, war schlimmer als bei den vorherigen Angriffen. Dies hat weltweit Millionen Menschen empört und gegen den zionistischen Staat und die vollmundige Unterstützung durch seine imperialistischen und rassistischen Hintermänner mobilisiert.

Es ist die dringende Pflicht aller Revolutionäre, diese weltweite Bewegung maximal zu unterstützen und gleichzeitig eine klare revolutionäre antikapitalistische Perspektive für ihre Entwicklung zu präsentieren. Dafür legen wir die folgende Erklärung vor und rufen alle, die die Situation so sehen wie wir, dazu auf, sich uns anzuschließen.

Eine Kolonisierung mit terroristischen Mitteln

Der Zionismus ist seit seiner Gründung im Jahr 1897 ein Siedler-Kolonialprojekt. Sein Ziel ist die Vertreibung der einheimischen arabischen Bevölkerung Palästinas, um Platz für jüdische Siedler zu schaffen. Bei diesem Ziel suchten jüdische bürgerliche Nationalisten die Hilfe europäischer imperialistischer Staaten, unter anderem durch das Dritte Reich (von 1933 bis 1944).

Es gab ein gemeinsames Ziel für Zionismus und Antisemitismus: Juden gehören nicht nach Europa, Amerika, Nordafrika, in den Nahen Osten, sondern nach Palästina … In den 1930er Jahren blockierten bürgerliche Staaten den meisten Juden die Auswanderung in die USA und nach Westeuropa. Währenddes Zweiten Weltkriegs taten die „demokratischen“ Staaten Großbritanniens und der USA nichts, um Europas Juden zu schützen; der ungarische, rumänische, italienische und französische Staat beteiligten sich an der Vernichtung von Juden, Sinti, Romani und Kommunisten durch die Nazis.

Eine zionistische Kolonie in Palästina schien ein weit hergeholtes Ziel zu sein, bis in der Shoah sechs Millionen europäische Juden ermordet wurden und viele der überlebenden drei Millionen verzweifelt auf der Suche nach Zuflucht trückblieben. Zionistische Organisationen brachten viele nach Palästina. Die einzige Strömung der Weltarbeiterbewegung, die sich der Kolonisierung Palästinas widersetzte, war die 4. Internationale.

Die Gewerkschaft Histadrut (Allgemeiner Verband hebräischer Arbeiter im Land Israel) wurde 1920 gegründet. Sie beschränkte die Mitgliedschaft ausschließlich auf Juden, da ihr Ziel nicht darin bestand, Arbeiter zu verteidigen, sondern arabische Arbeiter durch jüdische zu ersetzen und diese der jüdischen nationalen Bourgeoisie zu unterwerfen.

Nach dem Krieg gründeten die beiden Flügel des Zionismus eigene Terrororganisationen:

  • Haganah war der bewaffnete Arm der Histadrut-Bürokratie und der säkularen bürgerlichen Arbeiterpartei Mapai (Arbeiterpartei des Landes Israel), angeführt von David Ben-Gurion (dem ersten Premierminister Israels);
  • Irgun war der bewaffnete Flügel des rassistischen und faschistischen revisionistischen Zionismus, angeführt von Menahem Begin (Gründer des Likud und 6. Premierminister).

Beide griffen nicht nur britische Militärziele (der kolonialen Mandatsmacht der Vereinten Nationen) an, sondern auch arabische Zivilisten.

Als sich der britische Staat zurückzog, beschlossen die Vereinten Nationen im November 1947 eine Teilung Palästinas, wodurch die Kolonisierung befürwortet wurde. In einer der größten Tragödien des 20. Jahrhunderts unterdrückte ein auf das schrecklichste unterdrückte Volk, die europäischen Juden, ein anderes unterdrücktes Volk, die palästinensischen Arabern, ebenso schrecklich. Bei der Nakba 1948 eroberten Zionisten 78 Prozent des Mandatsgebiets Palästina und erklärten es zu Israel. Zionistische Milizen und die israelische Armee vertrieben 750.000 Palästinenser, viele Tausende weitere flohen. Die meisten von ihnen waren Muslime, es gab aber auch eine christliche Minderheit. Die Nakba reduzierte die arabische Bevölkerung in dem von Israel beanspruchten Gebiet von 1.324.000 im Jahr 1947 auf 156.000 im Jahr 1948.

Seitdem ist der Zionismus Terrorismus im großen Stil – Staatsterrorismus.

Zionismus und Imperialismus

1947 unterstützte die Bürokratie der UdSSR die UN-Teilung und 1948 die Proklamation Israels, während das Stalin-Regime innerhalb seiner Grenzen immer antisemitischer wurde. Doch die US-Offensive gegen den degenerierten Arbeiterstaat (der sogenannte Kalte Krieg) führte dazu, dass die UdSSR 1955 die bürgerlichen arabischen Staaten gegen Israel unterstützte und 1967 ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrach.

Der US-amerikanische und der europäische Imperialismus, Israels Verbündete, haben zwei Hauptinteressen im Nahen Osten: seine strategische Position an der Schnittstelle zwischen Asien, Europa und Afrika sowie sein Öl und Gas. Seit mehr als einem Jahrhundert versuchen sie, die Region durch eine Kombination aus Gewalt und dem Ausspielen von Teilen der Bevölkerung gegeneinander zu dominieren.

Im Laufe der 1950er und 1960er Jahre verdrängten die USA Großbritannien und Frankreich als dominierende imperialistische Macht in der Region. Letztere wurden zu Juniorpartnern. Der französische Staat übergab Israel zwischen 1956 und 1960 die Atomwaffe. Das Trio unterstützte Monarchen, Militärdiktaturen und Staatsstreiche von Marokko bis Iran und fand Wege, ehemalig nationalistische Regierungen wie die von Algerien, Ägypten, Syrien und dem Irak in ihre neokoloniale Weltordnung einzubinden.

Israel erwies sich als äußerst nützlich bei der Schaffung der neokolonialen imperialen Ordnung, insbesondere nachdem es Ägypten, Syrien und Jordanien im arabisch-israelischen Krieg 1967 besiegt hatte. Die USA haben Milliarden von Dollar an Hilfe und Waffen geschickt, um Israel als Gendarm im Zentrum der arabischen Welt aufzubauen. Israel hat auch eine politische Funktion, da es den USA erlaubt, ihre militärischen Operationen zu verschleiern und den reaktionären, arabischen Kompradoren-Regierungen hilft, die Aufmerksamkeit von ihrer eigenen Misswirtschaft auf einen äußeren Feind, Israel, abzulenken.

Das Scheitern des Panarabismus

Die zionistische Besiedlung, Vertreibung und Unterdrückung der Araber Palästinas hat zu einem palästinensischen Nationalbewusstsein und zu Widerstand geführt. Die erste Welle wurde in den 1930er Jahren von Feudalherren und Geistlichen angeführt. Amin al-Husseini, der Großmufti von Jerusalem, war Antisemit und setzte auf den faschistischen italienischen und deutschen Imperialismus.

1949 ging die Führung dank Hilfe durch Gamal Abdel Nasser (Ägypten) an die säkulare und nationalistische panarabische Fraktion der palästinensischen Bourgeoisie und des Kleinbürgertums über. Nach dem Erfolg des Guerillakriegs in China, Vietnam und Algerien war die gemeinsame Strategie aller Komponenten der zweiten Welle des palästinensischen Widerstands, die in der PLO (hegemonial: die Fatah; die Rivalen: PFLP, DLFP, PLF) vereint waren, die Guerilla gegen Israel und die Suche nach Hilfe von srabischen Staaten und der UdSSR.

Im Krieg von 1967 besiegte Israel die bürgerlichen Armeen Ägyptens, Syriens, Iraks und Jordaniens. Es eroberte Gaza, das Westjordanland und die Golanhöhen und vollendete damit die Besetzung Palästinas vom Jordan bis zum Mittelmeer. Auch die ägyptische Sinai-Halbinsel wurde besetzt.

Der palästinensische Widerstand stand damals an der Spitze der revolutionären Bewegung im Nahen Osten. Doch aufgrund ihres Klassencharakters war ihre Führung nicht in der Lage, sich der Herausforderung zu stellen, denn dies hätte bedeutet, sich den arabischen Regimen und der Bürokratie der UdSSR zu widersetzen. Die Führungen hielten an der Linie fest: erst demokratische Revolution, später Sozialismus.

Im Krieg von 1973 brachten Ägypten und Syrien Israel zum Halt. Ägypten eroberte den Sinai zurück und erkannte 1979 Israel an. Einige der schwersten Schläge für palästinensische Flüchtlinge und Kämpfer kamen nicht aus Israel, sondern von Teilen der benachbarten arabischen Bourgeoisie: dem jordanischen Königreich1970, der libanesisch Phalangen und drm syrischen Baath-Regime 1976, der libanesischen Amal und dem syrische Baath-Regime im 1985/86. Infolgedessen wurden PLO-Milizen aus Jordanien, Syrien, Ägypten und dem Libanon vertrieben.

Die Strategie des Guerillkrieges von Nachbarstaaten aus ist gescheitert. Auch die Revolution in Etappen ist ein weiteres Mal zusammengebrochen. Das Volk von Palästina braucht eine proletarische Führung. Die Arbeiterklasse Palästinas – Araber und Juden gleichermaßen – braucht eine Strategie der permanenten Revolution.

Das Oslo-Abkommen und die Kapitulation von Arafat und Fatah

Nach der islamistischen Konterrevolution im Iran 1979, der Wiederherstellung des Kapitalismus in der UdSSR 1992, der islamistischen Konterrevolution in Afghanistan 1992, der imperialistischen Invasion im Irak 2001, der imperialistischen Intervention in Libyen 2011, sind die ehemaligen panarabischen Regime verschwunden (Irak, Libyen) oder haben alle früheren Ansprüche auf den Sozialismus aufgegeben (Ägypten, Syrien, Algerien…).

Seitdem hat sich ein Muster herausgebildet: Israel besetzt mit Unterstützung der USA und seiner europäischen Verbündeten Palästina; die türkischen, persischen und arabischen Staaten protestieren, unternehmen aber nichts; und die Palästinenser erheben sich regelmäßig, um ihre Marginalisierung anzufechten, wie bei der Ersten Intifada von 1987-1993.

1993 zwang der US-Staat einer perspektivlosen Fatah das Oslo-Abkommen auf. Offiziell implizierten die Abkommen eine Zwei-Staaten-Lösung: Die PLO erkannte die zionistische Kolonisierung des Hauptteils Palästinas an und erhielt im Gegenzug die Palästinensische Autonomiebehörde für das Westjordanland und den Gazastreifen. Edward Said beschrieb das Oslo-Abkommen als „ein Instrument der palästinensischen Kapitulation“.

Hamas wurde 1987 nach Ausbruch der Ersten Intifada gegründet. Es begann als palästinensischer Zweig der Muslimbruderschaft, einer erzreaktionären panislamistischen und antisemitischen Organisation, die 1928 in Ägypten gegründet wurde (wo sie 2012 christliche Kirchen in Brand steckte). Im Jahr 1973 begann die Hamas mit israelischer Duldung als religiöse Wohltätigkeitsorganisation (Mujama al-Islamiya), die medizinische Behandlungen, Mahlzeiten, Jugendclubs usw. anbot. Das Geld kam aus Katar (das ausländische Arbeiter, darunter auch Palästinenser, brutal ausbeutet), aus dem Iran (wo Arbeiter, Frauen, arabische Kurden, Aserbaidschaner unterdrückt werden) aus der Türkei (die Kurden unterdrückt und syrische Flüchtlinge verfolgt). Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat diese Zahlungen nicht nur geduldet, er hat sie sogar gefördert.

Lange vor 2023 wechselte die Führung der Bewegung vom Panarabismus zum Panislamismus, von der Fatah zur Hamas. Die Zweite Intifada von 2000 bis 2005 zwang Israel zum „Rückzug“ aus Gaza, indem es seine Truppen abzog und die israelischen Siedlungen auflöste. Die im Westjordanland ansässige Fatah und die in Gaza ansässige Hamas traten bei den palästinensischen Parlamentswahlen 2006 gegeneinander an. Hamas gewann eine Mehrheit, was dazu führte, dass die Fatah die PNA spaltete. Nach einem kurzen Bürgerkrieg festigte die Fatah ihre Position im Westjordanland und die Hamas übernahm die Kontrolle über Gaza. Seitdem hat Ägypten die israelische Blockade des Gazastreifens verstärkt.

Israelische Expansion

Der zionistische Kapitalismus beruht nicht auf der Überausbeutung der einheimischen Arbeiter, wie es bei der Apartheid in Südafrika der Fall war, sondern auf deren Vertreibung. Er zieht es sogar vor, Arbeitsmigranten aus anderen Teilen Asiens zu importieren: Philippinen (35 000), Thailand (30 000), Indien, Nepal… und von anderen Kontinenten (Ukraine, Argentinien…).

Israel unterdrückt Palästinenser in allen drei Sektoren seiner Besatzung: im Westjordanland, im Gazastreifen und in Israel selbst.

Seit 2007 expandierte Israel weiter in das Westjordanland und die Golanhöhen. 450.000 israelische Siedler sind in das Westjordanland außerhalb Ostjerusalems gezogen, 220.000 nach Ostjerusalem und 25.000 auf die Golanhöhen. Die Siedler sind religiöse Fanatiker, Anhänger einer rassistischen Herrenmenschenideologie und eine bewaffnete paramilitärische Truppe. Unterstützt von der israelischen Armee und unterstützt von der PNA-Polizei terrorisieren sie ihre palästinensischen Nachbarn und stehlen ihr Land.

Israel hat keine Siedler im Gazastreifen, kontrolliert aber den Luftraum des Territoriums, seine Seeküste und sechs seiner sieben Grenzübergänge. Israel kontrolliert die Wasserversorgung, Elektrizität und Telekommunikation im Gazastreifen. Das israelische Militär unterhält eine Sperrzone im Gazastreifen und fällt nach Belieben in das Gebiet ein. Israel führte 2008–2009 und 2014 große Kriege gegen Gaza und griff gewaltlose Demonstranten während des Großen Rückkehrmarsches 2018–2019 an.

Israel behauptet, eine Demokratie zu sein, aber es verweigert nicht nur den 5,5 Millionen Palästinensern demokratische Rechte, die im Westjordanland und im Gazastreifen leben, und einer ähnlichen Zahl von Menschen, die als Flüchtlinge außerhalb Palästinas leben, sondern auch den 2,1 Millionen Palästinensern, die in Israel leben. Ein Jude, der irgendwo auf der Welt lebt, kann nach Israel ziehen und vollwertiger Staatsbürger werden. Ein Palästinenser, dessen Familie schon lange vor der Existenz Israels in Palästina gelebt hat, kann niemals vollwertiger Staatsbürger werden. Palästinenser werden systematisch diskriminiert, wirtschaftlich und politisch ausgegrenzt und als Feinde behandelt.

7. Oktober und der anschließende Völkermord

Seit dem Camp-David-Abkommen von 1978 versuchen die USA, die Regierungen der arabischen Staaten dazu zu bewegen, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren, trotz der Behandlung der Palästinenser durch Israel und des Hasses, den dies unter dem arabischen und muslimischen Volk hervorruft. Im Jahr 2020 vermittelten die USA Abkommen, die die Beziehungen Israels zu Bahrain, Marokko, Sudan und den Vereinigten Arabischen Emiraten normalisierten. Saudi-Arabien hat Gespräche aufgenommen, um dasselbe zu tun.

Der Angriff vom 7. Oktober machte die israelischen und imperialistischen Pläne zunichte. Während Netanyahu und die zionistische Armee sich auf die Kolonisierung des Westjordanlandes konzentrierten, überrannten palästinensische Kämpfer unter Führung der Hamas die Grenzverteidigungsanlagen Israels und griffen Dutzende zivile und militärische Ziele an. Sie nahmen Hunderte von Geiseln, bevor sie über die Grenze zurückgedrängt wurden, eine legitime Taktik in jedem asymmetrischen Krieg.

Die Misshandlung, Folter und Tötung von unbewaffneten Zivilisten, die noch nicht im wehrfähigen Alter sind, muss unzweideutig verurteilt werden, auch wenn wir anerkennen, dass dies zum Teil ein Ausdruck der Wut der Palästinenser über die israelischen Massaker und die Enteignung ihres Volkes war. Es spielte der zionistischen Propagandamaschinerie in die Hände, indem sie die Palästinenser entmenschlichte und ihre eigenen Kriegsverbrechen „rechtfertigte“, deren Ausmaß größer ist als die der Hamas oder der anderen Widerstandskräfte.

Der Angriff stoppte den von den USA geförderten Prozess der „Normalisierung“ der Beziehungen Israels zu arabischen und muslimischen Staaten, enthüllte den zugrunde liegenden Siedler-Kolonialkrieg Israels gegen das palästinensische Volk. Seither hat Israel einen völkermörderischen Krieg gegen Gaza begonnen. Das israelische Militär hat Häuser, Krankenhäuser, Schulen und Gemeindezentren bombardiert und dabei ein Vielfaches der Zahl der Opfer getötet, die bei dem Angriff am 7. Oktober getötet wurden. Die Hälfte der Opfer waren Kinder, ein viel größerer Anteil als beim Angriff am 7. Oktober. Das israelische Militär stimmte einem kurzen Waffenstillstand zum Austausch von Gefangenen zu und hat nun seinen völkermörderischen Angriff wieder aufgenommen, wodurch die 2,3 Millionen Einwohner in einen immer kleineren Winkel des Gazastreifens getrieben wurden und eine neue Nakba droht.

Vorwurf des Antisemitismus

Die imperialistischen Bourgeoisien verleumden in aller Welt jede Kritik am Zionismus und an Israel als antisemitisch. Das ist eine starke politische und ideologische Waffe gegen alle Kräfte der Solidaritätsbewegung in Europa und den USA.

Seit mehreren Jahren sind Menschen aus islamischen Ländern zur Hauptzielscheibe der reaktionären Medien geworden. Sie werden als potenzielle Attentäter, Feinde der demokratischen Freiheiten und Verbreiter eines neuen Antisemitismus denunziert.

Faschistoide Parteien wie die FPÖ in Österreich, die AfD in Deutschland, das RN in Frankreich, RUK in Britannien, VOX in Spanien, die „postfaschistischen“ Fratelli d’Italia von Meloni, Ungarns Viktor Orbán stehen geschlossen hinter der Regierung Netanjahu und dem Massaker an den palästinensischen Arabern. Am 11. November griffen Faschisten eine Palästina-Kundgebung in Lyon an. Die gleichen Kräfte, die historisch seit 1945 die Shoah leugnen oder herunterspielen, antisemitische Wahlkämpfe führen und gegen einen „Globalismus“ wettern, der nur ein Codewort für das „internationale Judentum“ ist, präsentieren sich jetzt als Verteidiger Israels. Grundlage dieses Schwenks ist das von der faschistischen „Neuen Rechten“ vertretene Konstrukt des Ethnopluralismus, dessen Ziel die sogenannte „Remigration“ ist, also die Zuückweisung aller Migranten und deren Zwangsrückführung in ihre Heimatländer.

Dieser reaktionären Offensive muss entschieden durch eine Arbeitereinheitsfront und die Selbstverteidigung der Arbeiter und unterdrückten Minderheiten entgegengetreten werden. Auch wenn faschistische Banden und faschistoideen Parteien heute ihr Feuer gegen muslimische Migranten richten, kann der alte Antisemitismus jederzeit unter dem „philosemitischen“ Deckmantel des Ethnopluralismus wiederbelebt werden: Immerhin gäbe es ja mit Israel einen „Judenstaat“, also sollten sich alle Juden weltweit in diesem Staat niederlassen. Dies ist auch die Meinung vieler christlicher Fundamentalisten, wie des antisemitischen Fernsehpredigers John Hagee, der am 14. November auf der von der Jewish Federation in Washington einberufenen (Massen-)Kundgebung für Israel sprach.

Internationale Arbeitersolidarität

Die Kühnheit des palästinensischen Widerstands und die Heftigkeit des israelischen Gegenangriffs haben die palästinensische Solidaritätsbewegung weltweit neu belebt. In der gesamten arabischen Welt, aber auch in Großbritannien, den USA und anderswo fanden gewaltige Demonstrationen statt. Die Solidaritätsbewegung war durch die langsame Strangulierung Palästinas und die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und vier weiteren arabischen Staaten eingeschläfert worden. 7. Oktober Der israelische Völkermord in Gaza erweckte die Bewegung wieder zum Leben.

Revolutionäre Marxisten sollten sich an Solidaritätsaktionen durch Studierende und Arbeiter*innen beteiligen. Ein Waffenstillstand in Gaza und der Abzug der zionistischen Armee , um den Völkermord zu stoppen, haben oberste Priorität, aber die Solidaritätsbewegung sollte auch humanitäre Hilfe für Gaza fordern, die israelischen Siedler im Westjordanland stoppen und die Rechte israelischer Araber und antizionistischer Juden in Israel verteidigen, das Rückkehrrecht der Flüchtlinge und den Abbruch der militärischen Beziehungen zu Israel fordern.

Gewerkschaften und andere Organisationen verabschieden Resolutionen, die einen Waffenstillstand und eine Beendigung der Militärhilfe fordern. Mancherorts folgen Arbeiter dem Aufruf des Palästinensischen Gewerkschaftsbundes (PGFTU), die Produktion und Lieferung von Waffen nach Israel zu unterbrechen.

Proletarische Perspektive

Während revolutionäre Marxisten sich an Solidaritätsaktionen beteiligen sollten, wo immer wir können, besteht unsere einzigartige Aufgabe darin, das Verständnis der Arbeiterklasse für die Krise und die Lösung zu fördern.

Dies beginnt damit, die Wahrheit zu sagen. Ein Waffenstillstand in Gaza ist notwendig, reicht aber nicht aus, da die Zionisten ihre Kampagne zur Vertreibung von Arabern aus Palästina fortsetzen werden. Eine Verhandlungslösung ist unmöglich, da Israel niemals genug Land für einen lebensfähigen palästinensischen Staat freigeben und die jüdische Vormachtstellung nicht zugunsten einer säkularen Demokratie in einem binationalen Staat aufgeben wird. Der US-amerikanische und der europäische Imperialismus werden nicht damit aufhören, Israel zu unterstützen, da sie Israel brauchen, um die Region zu beherrschen.

Der niedergehende Kapitalismus bietet keine Lösung für Palästina. Die Alternativen sind entweder die Abschlachtung und Enteignung der Palästinenser oder das Eingreifen der Arbeiterklasse in die Geschichte.

Arbeiter in Israel könnten die israelische Gesellschaft zum Stillstand bringen, die Armee spalten und die Zionisten daran hindern, ihre Atomwaffen einzusetzen. Aber im Moment bekennt sich die große Mehrheit der israelischen Arbeiterklasse zum Zionismus und zieht Ausbeutung unter jüdischer Vorherrschaft für einer Ausbeutung ohne jüdische Vorherrschaft vor, ein altes Lied in Siedler-Kolonialstaaten. Nur die Aussicht auf ein demokratisches, säkulares und sozialistisches Palästina könnte ihnen einen Grund geben, mit ihren Herren zu brechen.

Arbeiter in den USA und Europa könnten Israel die wirtschaftliche und militärische Unterstützung entziehen, die es braucht, um seine völkermörderische Politik fortzusetzen. Das Mitgefühl für die Palästinenser wächst, da sie sowohl Widerstand leisten als auch leiden. Es könnte das Ausmaß der Opposition gegen den Vietnamkrieg Ende der 60er Jahre erreichen, das eine Fortsetzung des Krieges unmöglich machte. Revolutionäre Marxisten und andere palästinensische Solidaritätsaktivisten – darunter Zehntausende antizionistische jüdische Arbeiter und Studierende und Zehntausende Gewerkschafter – sollten alles tun, was wir können, um dies zu erreichen.

Arbeiter in den Ländern des Nahen Ostens könnten ihre Kollaborateurregierungen stürzen, die US-amerikanischen und europäischen Imperialisten zwingen, Israel aufzugeben, und der israelischen Arbeiterklasse die Aussicht auf eine säkulare, demokratische Zukunft frei von kapitalistischer Herrschaft und endlosem Krieg bieten. Die Demonstrationen im Iran 2009 und 2022, der Arabische Frühling 2010–2011, die Demonstrationen in der Türkei 2012, der kurdische Widerstand gegen ISIS 2015, die Demonstrationen in Israel, in Gaza und in Syrien 2023 zeigten das Potenzial.

Wir können nicht wissen, wie das Unrecht der zionistischen Herrschaft über Palästina enden wird oder ob sie überhaupt enden wird, bevor der Kapitalismus die Welt in eine ökologische Katastrophe oder einen Atomkrieg stürzt. Was wir tun können, ist ein Aktionsprogramm, das mit unmittelbaren Forderungen beginnt und in der einzigen wirklichen Lösung gipfelt, vorzuschlagen und dafür zu kämpfen: einer Arbeiterrevolution in der gesamten Region. Hier ist unser Vorschlag.

Schluss mit dem völkermörderischen Angriff auf Gaza. Sofortiger Waffenstillstand. Rückzug der israelischen Truppen. Schluss mit der Blockade. Öffnung der Grenzübergänge.

Wiederaufbau der zerstörten Häuser, Krankenhäuser, Schulen, Universitäten und der Infrastruktur von Gaza auf Kosten Israels und seiner imperialistischen Unterstützer.

Schluss mit der zionistischen Besetzung des Westjordanlandes. Abzug des israelischen Militärs. Vertreibung der Siedler.

Freilassung aller palästinensischen Gefangenen aus den israelischen Gefängnissen. Volle Gleichberechtigung der Palästinenser im israelischen Staat.

Schluss mit den Waffenlieferungen und der Hilfe für Israel durch die USA und andere Imperialisten. Schließung aller imperialistischen Militärbasen im Nahen Osten. Rückzug der imperialistischen Seestreikräfte. Öffnet die Grenzen für palästinensische Geflüchtete.

Für die revolutionäre Zerstörung des zionistischen Staates. Für ein säkulares, demokratisches, zweisprachiges sozialistisches Palästina vom Fluss bis zum Meer.

Für das Rückkehrrecht aller palästinensischen Flüchtlinge. Gleichberechtigung der arabischen Mehrheit und der jüdischen Minderheit Palästinas.

Nieder mit den arabischen Kapitalisten, Grundbesitzern, Monarchien und anderen Staaten, Agenten des Imperialismus. Nieder mit den arabischen, persischen und türkischen bürgerlichen Staaten, die Kurden, Berber, Toubous unterdrücken … Für eine Arbeiterrevolution im Nahen Osten. Für eine sozialistische Föderation der Region.

Für eine proletarische Partei Palästinas. Für eine kommunistische Internationale auf der Grundlage des Marxismus.

Link zum Entwurf von ITO/L5I auf Deutsch mit allen Abänderungsvorschlägen des CoReP