Die folgende Erklärung ist die nach einer internationalen Diskussion im CoReP und mit der russischen MAS verabschiedete, leicht erweiterte Fassung der gleichnamigen Erklärung der Gruppe Klassenkampf.
Angesichts der erstickenden Enge ihrer nationalen Grenzen haben sich die Staaten der deutschen, französischen, italienischen Bourgeoisien … 1957 für die Europäische Union entschieden. Sie hatten das nicht einstimmig getan: zum Beispiel stand in Frankreich die gaullistische Partei der EU feindlich gegenüber. Die anfänglichen Erfolge der kapitalistischen EU brachten 22 Länder dazu, sich den sechs Initiatoren anzuschließen. Die Intensität des Handels innerhalb der EU und die Abhängigkeit der anderen Währungen von der D-Mark bewog die französische Bourgeoisie 1992 dazu, eine einheitliche Währung zu fordern. Heute teilen sich, vermittels der Europäischen Zentralbank (EZB), 19 EU-Länder, einschließlich Griechenlands, die Verwaltung des Euro.
Aber die herrschenden Klassen sind nicht in der Lage, sich von ihren Nationalstaaten zu lösen, derer sie sich gegen ihre eigene Arbeiterklasse bedienen, aber auch gegen ihre Rivalen, inklusive ihrer Nachbarn. Die herrschende Ideologie beruht vor allem auf dem traditionellen Nationalismus. Kurz, die Bourgeoisien erweisen sich als unfähig, Europa zu vereinigen.
Das Europa der Kapitalisten erweist sich daher nicht nur als unfähig, Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten aufzunehmen, es hat sich auch als unfähig erwiesen, die schwächsten Kapitalismen zu retten, die sich nicht von der globalen kapitalistischen Krise 2007-2009 erholt hatten. Die deutsche Regierung zögerte, der griechischen Regierung zu helfen und tat dies dann auch nur zu Bedingungen, welche die Depression verschärften. Auch in Griechenland gibt es Klassen: Von den Krediten des IWF und der EU haben von jeher nur das griechischen Kapital, vor allem Reeder und Banken, sowie kapitalistische Rüstungs- und Finanzkonzerne aus Westeuropa und den Vereinigten Staaten, profitiert. Seit 2010 hat die EZB-EC-IWF-Troika vor allem Angriffe auf die Lohnabhängigen gefordert. Einige Ökonomen und Medien gehen so weit, in abstoßender Weise das griechische Volk als faul und parasitär zu verleumden. Merkel, Hollande, Juncker und Lagarde haben über mehrere Monate hindurch ihre Forderungen an die griechische Regierung immer mehr gesteigert: Erhöhung der Mehrwertsteuer, Rentenkürzungen … Sie spielen den Zauberlehrling, genau wie mit ihren Manövern, um die Ukraine an die EU und die NATO anzugliedern, oder durch ihre militärischen Interventionen im Irak, Libyen, Syrien…
Die reformistischen Parteien der anderen europäischen Staaten haben sich nicht nur als unfähig erwiesen, in ihren jeweiligen Ländern Arbeiterregierungen zu errichten (die als einzige geeignet sind, den griechischen Arbeiterinnen und Arbeitern die Hände zu reichen) oder von ihren eigenen Bourgeoisien die Streichung der Schulden Griechenlands zu fordern. Schlimmer noch – einige unter ihnen (die französische SP, die SPD, die SPÖ …) sind an bürgerlichen Regierungen beteiligt, die Griechenland erwürgen.
Griechenland seinerseits blieb kapitalistisch und war daher nicht im Stande, aus der Falle zu entkommen und einen Weg für Europa vorzuzeichnen. Die Arbeiterbewegung ist ein Gefangener von zwei aus dem Stalinismus hervorgegangenen Parteien (SYRIZA und KKE) der bereits 1944 die sozialistische Revolution verraten und immer vor seiner eigenen Bourgeoisie kapituliert hat.
Die KKE (Kommunistische Partei Griechenlands) spaltet in fürchterlicher Weise die Reihen der Arbeiterinnen und Arbeiter, spaltet die Gewerkschaften und nährt einen unverantwortlichen Chauvinismus, der die Arbeiter glauben macht, dass ihnen der Ausstieg aus dem Euro und der EU nützt – als ob der an seine Grenzen gefesselte griechische Kapitalismus und eine wiedereingeführte Drachme die Wirtschaftskrise und die Fremdherrschaft überwinden könnten.
SYRIZA (die Koalition der Radikalen Linken) gewann die Parlamentswahlen, hat sich aber sofort mit ANEL (Unabhängige Griechen), einer fremdenfeindlichen bürgerlichen Partei (Anti-Einwanderer und Anti-EU) vom Typus der Front Nationale, UKIP, oder FPÖ verbündet, um mit ihr zu regieren … Die Parlamentsmehrheit und Ministerpräsident Tsipras wagten nicht, die aufgeblähte Armee zu demontieren, die im großen Stil bei amerikanischen, französischen und deutschen Rüstungskonzernen einkauft. Sie wagten nicht, die Staatsverschuldung zu annullieren. Sie haben nicht einmal gewagt, die Reeder und die orthodoxe Kirche zu besteuern, die immer noch keine Steuern zahlen. Sie waren stattdessen bereit, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, die Renten zu kürzen und weiter zu privatisieren … aber in den Augen der räuberischen imperialistischen Bourgeoisien war das immer noch nicht genug!
Weder SYRIZA noch die KKE haben Räte der Arbeiter, Bauern und Studenten aufgebaut. Der von SYRIZA und KKE geteilte Sozialpatriotismus, ihr gemeinsames Vertrauen in die bürgerliche Armee, die Ohnmacht der Volksfrontregierung und das Sektierertum der KKE spielen dem Generalstab der Armee, dem mit der Polizei und der Armee verbundenen Faschismus, der vor allem durch XA (Goldenes Morgengrauen) vertreten wird, in die Hände. Das Referendum ist ein verzweifeltes Manöver der Regierung Tsipras, das im Rahmen der bürgerlichen Demokratie verharrt. Das “NEIN”, für das vermutlich die Mehrheit der Arbeiterinnen und Arbeiter stimmen wird, wird keine Lösung sein.
Die Weltarbeiterklasse braucht in jedem Land eine Internationale, welche die rote Fahne der Ausgebeuteten und Unterdrückten erhebt, mit der Bourgeoisie bricht und die soziale Revolution vorbereitet. Die Solidarität der europäischen Arbeiterinnen und Arbeiter mit ihren Brüdern und Schwestern in Griechenland drückt sich in der Forderung aus, von ihren Bourgeoisien die Annulierung der Schulden Griechenlands zu verlangen, in ihren jeweiligen Ländern für eine Arbeiterregierung vom Typus der Pariser Commune von 1871 und der Rätemacht von 1917 zu kämpfen, den Weg zum Sozialismus freizumachen,cder nur im Weltmaßstab verwirklicht werden kann- Die griechischen Arbeiter brauchen eine internationalistische revolutionäre Arbeiterpartei, die dem Erbe von Marx, Engels, Luxemburg, Lenin, Trotzki und Poliopoulos treu ist und für folgende Forderungen kämpft:
-
Nein zum Plan der Troika! Für eine SYRIZA-KKE-Regierung ohne bürgerlichen Minister!
-
Trennung von Kirche und Staat! Annullierung der Staatsschulden! Enteignung der Banken und Großunternehmen, beginnend bei den Reedern! Abschaffung der Mehrwertsteuer auf die Lebensmittel der Arbeiter!
-
Austritt aus der NATO! Auflösung der Armee und der Polizei! Bewaffnung des Volkes gegen die Polizei und den Faschisten! Demokratische Rechte für Wehrpflichtige!
-
Einheit der griechischen Arbeiter und der Einwanderer! Für einen einheitlichen, demokratischen und klassenkämpferischen Gewerkschaftsbund! Komitees, in denen alle Arbeiterinnen und Arbeiter der Privatunternehmen, der Verwaltung, in Stadtteilen und Dörfern, in Universitäten zusammengeschlossen sind – für die Arbeiter- und Volkskontrolle!
-
Arbeiter- und Bauernregierung, gestützt auf Räte und die Volksbewaffnung! Vereinigte Sozialistische Staaten von Europa!
Kollektiv Permanente Revolution
(Frankreich, Österreich, Peru)
Bewegung zum Sozialismus (Russland)