ÖVP/FPÖ: “…damit sich auch der kleine Mann einen Kolonialkrieg leisten kann…”

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CC BY 2.0 Chris Purves https://www.flickr.com/photos/59263516@N08/

Nie was von Herrn Eugen Bösch gehört? Gut so – dann sind Sie vermutlich kein Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Teutonia. Oder Sie verfolgen die österreichische Wehrpolitik nicht regelmäßig. Das ist auch gut, dann sind Sie vermutlich kein Militarist.

Auch gut, wenn Sie von Herrn Eugen Bösch gehört haben. Das zeigt, dass Sie sich dafür interessieren, was heimische Reaktionäre denken, wenn sie die Kontrolle über Schießinstrumente aller Art haben.  Der stramme Mann kommt aus Vorarlberg, ist Freiheitlicher und – Vorsitzender des Landesverteidigungsausschusses des Österreichischen Nationalrats. Was der tut? Darauf gibt die Website des heimischen Parlaments eine präzise Antwort:

“Im Landesverteidigungsausschuss werden alle Gesetzesvorlagen und Anträge behandelt, die sich auf die militärische Landesverteidigung und das österreichische Bundesheer beziehen. Das umfasst die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin Österreichs, den Wehrdienst und die gesamte Heeresorganisation. Der Landesverteidigungsausschuss diskutiert über die Ausstattung des Bundesheeres, von Kasernen und Truppenübungsplätzen über Militärflugzeuge bis zu Kampfanzügen. Auch die Beschäftigung von Frauen beim Bundesheer ist ein Thema im Ausschuss. Zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundesheeres (Abwehramt und Heeresnachrichtenamt) ist ein ständiger Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses eingerichtet.”

Also gar nicht so nebbich, die Funktion des Herrn Bösch.

Dann gibt es den Herrn Kurz. Der ist dafür, dass alle “Fluchtrouten” geschlossen werden. Dass 2018 schon 1.600 Menschen alleine im Mittelmeer ertrunken oder “verschwunden” sind, kann einen schnöseligen Studienabbrecher mit gutbezahltem Politikerjob nicht kratzen. “Man muss sich an hässliche Bilder gewöhnen”, sagt er. Und meint nicht die Fotos von seinen Bergwanderungen oder die Knicksfotos der Frau Kneissl oder die vom schlechtrasierten Rabauken Kickl. Er meint Fotos von Ertrunkenen, von angeschwemmten Kinderleichen, von Trecks halbverhungerter Menschen durch die nordafrikanischen Wüsten.

Die Festung Europa soll dicht gemacht werden. Am besten sollen sich die Habenichtse dem “christlichen Abendland” nicht einmal mehr nähern dürfen. Die reaktionäre österreichische Bundesregierung mit ihren Komponenten, zu deren Vorgängern unter anderem die katholischen Klerikalfaschisten und die deutschnationalen Nazis gehören, bildet hier in schlechtester Tradition “Achsen”: mit Orbán in Ungarn, der dort ein autoritäres Regime errichtet; mit dem italienischen Halbfaschisten Salvini. Ihr Ziel: Grenzen dicht!

Zu Kurzens Lieblingsplänen gehören sogenannte “Anlandeplattformen” in Nordafrika, heißt: Konzentrationslager – pardon: Anhaltelager (zur Tradition der ÖVP gehört ja Wöllersdorf!) – für Geflüchtete, verwaltet von regionalen Warlords, Milizionären, Söldnern im Dienst der einen oder anderen imperialistischen Macht. Lager wie jene in Libyen, in denen die Vergewaltigung von Frauen und Mädchen der Normalzustand ist, das Verkaufen der Schutzbedürftigen in die Sklaverei, oder einfach der simple und brutale Mord.

Offenbar schwillt den heimischen Reaktionären der Kamm, weil Österreich turnusmäßig den EU-Ratsvorsitz stellt. Womit wir wieder bei Herrn Bösch angekommen sind, der in einem Interview mit den “Neuen Vorarlberger Nachrichten” zu den “Anlandeplattformen” meinte:

“Auf die Frage hin, ob das auf europäischem Festland erfolgen sollte, antwortet Bösch: ‘Oder in Nordafrika. Dort könnte mit militärischen Kräften ein Raum in Besitz genommen werden. Dieser muss gesichert werden. Es braucht Versorgungseinrichtungen für die Flüchtlinge, die dann von dort in ihre Heimatländer zurückgebracht werden.’“

Also nochmal: Der Vorsitzende des österreichischen Landesverteidigungsausschusses spricht sich für eine militärische Besetzung von Gebieten in Nordafrika aus, um dort den Traum der rassistischen, xenophoben Bourgeoisfraktionen von Menschenlagern wahr zu machen.

Ja, auch der kleine, eher zurückgebliebene österreichische Imperialismus will jetzt mitspielen bei einer Neuverteilung der geopolitischen Karten. Reaktionäre Regierungen, allen voran jene der USA, beginnen den Protektionismus neu zu beleben und Handelskrieg zu führen. Unsere internationale Strömung, das Kollektiv Permanente Revolution,  hat in einer Erklärung, die wir in der letzten Nummer unserer Zeitung KLASSENKAMPF abgedruckt haben, davor gewarnt, das der Handelskrieg leicht in den “heißen” Krieg umschlagen kann.

Nun wollen also offenbar Teile der österreichischen Kapitalistenklasse tatsächlich imperialistische militärische Unternehmungen anleiern und sich daran beteiligen.

Die Antwort darauf haben die internationalistischen Revolutionäre bereits vor über hundert Jahren, bei Beginn des 1. imperialistischen Weltkrieges gegeben. Sie haben es abgelehnt, im Zeitalter des Imperialismus unter “patriotischen” Schlagworten in den Krieg zur Unterdrückung anderer Völker und zur Ausbeutung anderer Arbeiter_innen und Bauern und Bäuerinnen zu ziehen. Karl Liebknecht, einer der Führer des revolutionären Flügels der SPD, gab die einzig richtige Antwort: “Der Hauptfeind steht im eigenen Land!”.

Die bloße Idee eines Okkupationskriegs imperialistischer Truppen in Afrika muss entschieden bekämpft werden, mit allen erforderlichen Methoden: Kundgebungen, Demonstrationen, Streiks.

Wir fordern völlige Reise- und Niederlassungsfreiheit für alle Werktätigen und Studierenden, ohne juristische oder sonstige Schikanen! In einer Erklärung des CoReP vom Juni dieses Jahren haben wir geschrieben:

“Arbeitereinheitsfront für die Öffnung der Grenzen!
Angesichts der repressiven Welle gegen Migrant_innen in Europa und anderswo liegt die Verantwortung der Arbeiterbewegung (Parteien und Gewerkschaften) nicht darin, die reaktionäre Politik der Schließung der Grenzen und Vertreibungen zu befürworten, sondern den Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse, mit oder ohne Dokumente, Migrant_innen oder nicht, zu führen. Um das Recht von Migrant_innen auf Reise- und Niederlassungsfreiheit, mit den gleichen Rechten wie einheimische Arbeiter_innen, zu verteidigen, muss die Arbeiterbewegung dem Nationalismus, dem Faschismus und der Fremdenfeindlichkeit den Krieg erklären, wie es das “Kommunistische Manifest” zu seiner Zeit tat: ‘Proletarier aller Länder, vereinigt euch!’ Das ist die einzige Losung, die den Migrant_innen und der Menschheit eine Perspektive bietet.

In jedem Land wirft ein derartiger Kampf die Frage nach den gleichen Rechten für alle und nach einer Arbeitermacht auf, die als einzige fähig ist, die wirtschaftliche Entwicklung im Dienst der Bevölkerung, die Öffnung der Grenzen, das Recht auf Niederlassung und Bewegungsfreiheit für alle innerhalb der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa zu gewährleisten.”