Kämpfen, bevor es zu spät ist

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KlaKa20 Editorial September 2014100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, 75 Jahre nach Ausbruch des 2. Weltkrieges, 25 Jahre nach Beginn der kapitalistischen Restauration in der UdSSR und in Osteuropa, steht die Welt neuerlich vor einem Abgrund. Einem Abgrund, den wie 1914 die Imperialisten mit ihrem Heißhunger nach der Unterwerfung neuer Absatzmärkte und Produktionsstätten, der Zurückdrängung konkurrierender imperialistischer Mächte, offenen Grenzen für ihren Kapitalexport aufgerissen haben.

Und wieder rasen Nationalismus, Rassismus, Kriegspropaganda und Lügen um den Planeten.
Die täglichen Opferzahlen sind erschreckend: da Dutzende Opfer von Bombenanschlägen in Bagdad, hier Dutzende zivile Opfer beim Beschuss ukrainischer Städte durch Truppen der Regierung in Kiew; dort erschossene Palästinenser bei „Säuberungsaktionen“ der zionistischen Truppen in Gaza; unzählbar die Opfer des Gemetzels in Syrien, verschwiegen die Zahl der Hingerichteten in Ägypten. Massenmorde in Nigeria; und dazu die „zivilen Opfer“ der schon längst tobenden imperialistischen Wirtschaftskriege: verbrannte Arbeiterinnen und Arbeiter in den Billigtextilmanufakturen in Pakistan und Bangladesh; verschüttete Bergarbeiter in der Türkei und China. Seuchen, die sich ausbreiten, weil angeblich keine Mittel zur Verfügung stehen, um den Menschen in den kolonialen und halbkolonialen Ländern ausreichend Nahrung, Trinkwasser, sanitäre Einrichtungen zu sichern, Legalisierung der Kinderarbeit in Bolivien, Staatsbankrott in Argentinien.
In den imperialistischen Metropolen, die sich ihres Reichtums brüsten, blättert die Tünche des „Wohlfahrtsstaates“ endgültig ab, und der nackte Klassenkampf der kleinen herrschenden Elende tritt offen hervor: in Ferguson, Missouri, wo der Mord an einem schwarzen Jugendlichen durch einen weißen Polizisten den angeblich überwundenen „Rassismus“ nicht nur aufbrechen lässt, sondern der staunenden Welt zeigt, wie weit die angebliche Schutzmacht der Demokratie bereits auf ihrem Weg in den durchmilitarisierten Polizeistaat ist; in Frankreich, wo ein sich opportunistisch den reaktionären und faschistischen Bewegungen anbiedernder sozialdemokratischer Staatspräsident eine neue Regierung ernennt, die sich als erstes die Abschaffung der 35-Stunden-Woche vornimmt, um der Bourgeoisie zu zeigen, wo sie steht; in Deutschland, wo nach Hartz IV das Elend weit in die westdeutschen Großstädte vorgedrungen ist und gleichzeitig ein sozialdemokratischer Außenminister mithilft, eine faschistische Putschregierung in der Ukraine zu inthronisieren und deutsches Militär in Nordafrika zu implantieren.
In Österreich schleicht sich die Krise noch auf leisen Sohlen an – aber sie ist schon da. Und auch bei uns sind es Sozialdemokraten, welche das Spiel der herrschenden Klasse machen. Vorstöße zur Einführung des 12-Stunden-Tages, eine „Steuerreform“, welche die Arbeitenden belastet und die Reichen ungeschoren lässt, weitere Angriffe auf die Pensionen, das Gesundheitswesen, die weitere Verscherbelung (teil)verstaatlichter Betriebe an Privatkapitalisten, die Sanierung krimineller und spekulativer Bankendesaster durch die Steuern der Werktätigen und dafür Einsparungen im Bildungsbereich.
Im Gegensatz zu anderen Ländern ist bei uns der Widerstand gegen die Krise und ihre Verursacher fast nicht wahrnehmbar. Liegt es daran, dass es „den Menschen zu gut“ geht? An der „Verblösung der Menschen“? Am „Egoismus“, der angeblich Teil der menschlichen Natur ist?
100 Jahre nach Ausbruch des 1. Weltkrieges müssen wir mit Zorn und Bitterkeit feststellen: So, wie vor 100 Jahren die Führer der sozialdemokratischen 2. Internationale die Massen ihrer Anhänger, denen sie den entschlossenen Kampf gegen einen imperialistischen Krieg versprochen hatten, verraten haben, haben in der weiteren Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts die sozialdemokratischen, stalinistischen und pseudorevolutionären, zentristischen Parteien und Gewerkschaften die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Jugend, in die Irre geführt, sie mit Illusionen in das bestehende kapitalistische System genährt, den Nationalismus mitgeschürt und an der Spaltung der Arbeiterklasse in in- und ausländische, männliche und weibliche, jüngere und ältere Arbeiterinnen und Arbeiter. mitgewirkt.
Sie haben damit das Vertrauen der Arbeiterinnen und Arbeiter in sich selbst erschüttert. Und sie haben jede sozialistische Perspektive verbaut und aus dem Bewusstsein der Massen getilgt. Mit ihrer Unterwürfigkeit gegenüber den Interessen der großen Kapitalisten haben sie es geschafft, unzufriedene Schichten der Arbeiterinnen- und Arbeiterklasse in die Arme reaktionärer, populistischer Bewegungen zu treiben, die ihr rückschrittliches Gesellschaftsmodell mit „antikapitalistischen“ Parolen kaschieren.
Im internationalen Rahmen findet das seine Entsprechung in der Zunahme reaktionärer religiös-fundamentalistischer Bewegungen, die sich als „Gegenbewegung“ zum Imperialismus präsentieren und in Wirklichkeit die Errichtung reaktionärer, repressiver und substanziell mit dem Faschismus verwandter Herrschaftssysteme anstreben.
„Wahrlich, ich lebe in finsteren Zeiten“, schrieb Bert Brecht in seinem Gedicht „An die Nachgeborenen“ (Mitte der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts). Tatsächlich leben auch wir in „finsteren Zeiten“, in denen sich immer schärfer die Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ stellt.
Das heißt nicht, dass wir glauben, dass wir mitten in einer vorrevolutionären oder gar revolutionären Epoche leben. Zwar gibt es weltweit Revolten, Unruhen, Proteste. Aber diese bleiben isoliert oder verpuffen, wenn der unmittelbare Anlass für ihr Auftauchen verschwunden ist; zugleich hat die Bourgeoisie systematisch ihre Repressionskräfte – Polizei, Armee, private Söldnertruppen – aufgebaut.
Der Widerstand – vom kleinsten Protest für höhere Löhne, gegen Arbeitszeitverlängerung, bis hin zur Verteidigung der Rechter nationaler Minderheiten oder dem Widerstand gegen die Kriegspläne der Bourgeoisie – muss im Rahmen eines größeren Programms, eines Programms zum Sturz der Imperialisten, ihrer Verbündeten und ihrer Gesellschaftsordnung, geführt werden. Dieses Programm wird nicht spontan aus den isolierten Kämpfen entstehen, es ist das Ergebnis der intensiven theoretischen Analyse der bestehenden Gesellschaft durch die fortgeschrittensten Kräfte der Arbeiterklasse – die revolutionäre Partei. Diese gilt es aufzubauen, im nationalen wie im internationalen Rahmen. Dafür kämpfen wir von der Gruppe Klassenkampf und international das CoReP (Kollektiv Permanente Revolution). Kämpfe mit uns für eine sozialistische Zukunft ohne Elend und Not, ohne Völkerhass und Krieg.