Vor 70 Jahren gab die US-Regierung unter Präsident Truman den Befehl zum Abwurf der beiden ersten Atombomben. Am 6. August wurde Hiroshima angegriffen. Rund 90.000 Menschen wurden sofort getötet, an den Spätfolgen starben bis zu 166.000. Der Bombenabwurf über Nagasaki am 9. August dürfte bis zu 80.000 Tote gefordert haben, rund 75.000 Menschen erlitten teilweise schwerste Verletzungen.
Bei allem Fanatismus des Oberkommandos der japanischen Streitkräfte war Japan im August 1945 längst militärisch am Ende und zu Verhandlungen über Kapitulationsbedingungen bereit. Die Flotte und die Luftwaffe Japans waren größtenteils zerstört. Zwei Drittel der japanischen Großstädte waren zerbombt und die US Luftwaffe beherrschte den japanischen Luftraum.
Nach der Niederlage des deutschen Naziregimes – hauptsächlich unter den Schlägen der sowjetischen Truppen – hatte die Sowjetunion Japan den Krieg erklärt. Den amerikanischen und britischen Geheimdiensten war bekannt, dass die japanische Regierung im Fall eines sowjetischen Angriffs kapitulieren würde.
Die Konferenzen von Jalta (Februar 1945) und Potsdam (Anfang August 1945) besiegelten einerseits die Neuaufteilung der Welt – andererseits markierten sie den Beginn des „Kalten Krieges“. Sowohl die amerikanischen Imperialisten wie die stalinistische Bürokratie fürchteten nichts so sehr wie eine revolutionäre Welle als Folge des 2. Weltkrieges, ähnlich jener, die am Ende des 1. Weltkrieges die russische Revolution begünstigt und eine Machtergreifung der Arbeiter in verschiedenen europäischen Ländern in greifbare Nähe hatte rücken lassen. Andererseits konnte sich der Imperialismus niemals mit der Existenz von nichtkapitalistischen, obschon degenerierten oder deformierten Arbeiterstaaten, abfinden und bereitete daher mit verschiedenen Mitteln die Restauration des Kapitalismus in der UdSSR und den von ihr kontrollierten Ländern vor.
Die Atombomben auf japanische Großstädte sollten einerseits die Ausweitung des sowjetischen Einflusses in Ostasien stoppen, die Einsetzung einer dem US-Imperialismus hörigen Regierung beschleunigen und die japanische Arbeiterklasse, in der es starke sozialistische Tendenzen gab, schwächen.
Zu Recht entlarvte die Zeitung der amerikanischen trotzkistischen Sozialistischen Arbeiterpartei (SWP), „The Militant“, in ihrer Ausgabe vom 18. August die heuchlerische Rechtfertigung dieses zweifachen Massenmordes durch den US-Präsidenten als „humanitäre Tat“. Truman hatte in seiner Radioansprache behauptet, man habe mit Hiroshima eine „Militärbasis“ angegriffen, um „soweit wie möglich die Tötung von Zivilisten“ zu verhindern. „The Militant“ antwortete: „Was sind ‘ungesetzliche’ und ‘inhumane’ Methoden der Kriegführung für die kapitalistischen Imperialisten? Das ist der Einsatz von zerstörerischen Waffen durch konkurrierende Imperialisten. Was ist ‘gesetzliche’ und ‘humane’ Kriegsführung? Der Einsatz jeder Waffe, egal wie furchtbar, gegen welche die rivalisierenden Imperialisten nicht zurückschlagen können“.
Damals wie heute begehen die imperialistischen Mächte weltweit die schlimmsten Verbrechen im Namen der „Humanität“. Im Namen der „Humanität“ bewaffnen amerikanische und europäische Imperialisten islamisch-fundamentalistische Kräfte, angeblich im Kampf gegen „undemokratische Regimes“ die dann in den von ihnen kontrollierten Gebieten mit größter Brutalität die Arbeiter, Bauern, Frauen, die Jugend, Angehörige nationaler, religiöser oder sexueller Minderheiten verfolgen und massakrieren; im Namen des „Humanismus“ unterdrückt der zionistische israelische Staat die arabische und palästinensische Bevölkerung in seinem Land und den von ihm besetzten Gebieten; mit „humanitärer Hilfe“ rechtfertigt der französische Imperialismus seine Militärinterventionen in Afrika (Mali, Zentralafrikanische Republik). „Humanitär“ ist die Ausplünderung des Irak durch den amerikanischen Imperialismus, etc. „Humanitär“ ist die militärische Unterstützung der Poroschenko-Clique in der Ukraine und der diversen neonazistischen Milizen durch die NATO, genauso wie die Unterstützung reaktionärer nationalistischer Verbände in der Ostukraine durch die russischen Imperialisten. Auch wenn der österreichische Imperialismus nur ein kleines Licht ist – durch die Beteiligung an „humanitären Einsätzen“ unter dem Mandat der UNO oder der OSZE will auch die österreichische Bourgeoisie bei der Ausplünderung und Neuaufteilung der Welt mitmischen.
In den vergangenen Jahren war die Verhinderung angeblicher Atomwaffenpläne des Iran der Vorwand für ein internationales Embargo und Sanktionen unter US-amerikanischer Führung; gleichzeitig haben die Imperialisten keine Probleme damit, dass permanent kriegführende Verbündete wie Israel mit Atomwaffen ausgestattet sind.
Pazifistische Appelle an die Mächtigen haben nie und werden nie Massaker wie jene von Hiroshima und Nagasaki verhindern. Im Zeitalter des Imperialismus sind Kriege eine zwangsläufige Folge des Kampfes zwischen den rivalisierenden Mächten um wirtschaftliche und militärische Bastionen, um die Kontrolle von Märkten, billigen Arbeitskräften, um die Beherrschung von Nachschubwegen und Rohstoffen.
Vor gut 100 Jahren hat der deutsche Internationalist und Sozialist Karl Liebknecht, zu einem Zeitpunkt, als der Erste Weltkrieg seinen vollen Schrecken entfaltete, eine klare Losung ausgegeben: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“. Egal wo, egal in welchem Land – die Grenze verläuft nicht zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalität, unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Religion – sie verläuft zwischen oben und unten, zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, zwischen Kapitalisten und Arbeitenden.
Die Profitgier der Kapitalisten richtet sich gegen die Ausgebeuteten im eigenen Land, gegen die imperialistischen Konkurrenten (auch wenn das vielleicht zufällig gerade Verbündete sind). Der Sturz des Kapitalismus im Weltmaßstab ist die Voraussetzung für eine friedliche Welt. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigen die Arbeiterinnen und Arbeiter aller Länder eine neue revolutionäre Arbeiterinternationale, die auf der Grundlage eines marxistischen internationalistischen Programms den Weg zum Sozialismus weist.
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