Weder Macron-Lecornu noch Le Pen-Bardella! Arbeiter*innenregierung

Die französische Gesellschaft ist gespalten: Auf der einen Seite die Bourgeoisie, die die Unternehmen besitzt und sich bereichert; auf der anderen Seite die Arbeiter*innenklasse, die gezwungen ist, für die Kapitalisten zu arbeiten, und dabei verarmt; dazwischen gibt es Werktätige, die noch unabhängig sind (z.B. Einzelunternehmer), sowie das Management, dem das Kapital die Aufsicht über die Lohnarbeit überträgt. Der Staat ist ein Instrument der herrschenden Klasse, doch er muss in den Augen der Bevölkerung als legitim erscheinen. Der Konsens wird durch die Illusion hergestellt, dass die Nationalität über den Klassen stehe, sowie durch allgemeine Wahlen mit allgemeinem Wahlrecht.

Die letzten beiden Parlamentswahlen haben jedoch keine stabile Regierung hervorgebracht, da keine Partei der Bourgeoisie (RN, Ensemble, EELV…) über eine Mehrheit verfügt oder eine Mehrheitskoalition bilden kann und die reformistischen Arbeiter*innenparteien (LFI, PS, PCF) ebenfalls nicht in der Lage sind, ihre Notlösung durchzusetzen (eine Regierung mit „progressiven“ bürgerlichen Parteien wie unter Blum, de Gaulle, Mitterrand, Hollande).

Die Lage ist für die herrschende Klasse umso unerträglicher, als die nationale Wirtschaft schwächelt, die Staatsverschuldung enorm ist und der Weltkapitalismus in einem Wettrüsten steckt, das der Vorbereitung einer neuen Aufteilung der Welt zwischen imperialistischen Mächten dient. Für die Bourgeoisie ist es nötig, den Arbeiter*innen die Kosten für Militär und Polizei, die Schulden und deren Zinsen, die eine Kapitalfraktion bereichern, aufzubürden, die öffentlichen Dienste noch stärker anzugreifen, Löhne, Sozialleistungen und Renten zu kürzen.

Mit der Ernennung seines treuen Gefolgsmanns Lecornu, früherer Militarismusminister, zum Premierminister bestätigt Macron, dass er den Kurs halten will. Doch wie soll er dort Erfolg haben, wo Bayrou gescheitert ist? Durch das Eröffnen von Diskussionen über die (vorläufige) Aussetzung des Plans zur Abschaffung zweier Feiertage, über eine kosmetische Beteiligung der Superreichen an den Kosten, über neue Verhandlungen mit den Gewerkschaftsführungen – sei es bei der Rentenreform, bei der Arbeitslosenversicherung oder bei den Löhnen –, aber alles streng innerhalb des Rahmens des Kapitalismus und der von früheren Regierungen und dem Medef definierten Austerität. Deshalb begann Lecornu sofort mit einer Konsultationsrunde sowohl bei Parteien als auch bei Gewerkschaftsführungen. Roussel (PCF) traf Lecornu bereits am 8. September.

Doch der Versuch ist fragil. Selbst die CFDT-Führung weigert sich, den „Dialog“ erneut zu eröffnen. In der Arbeiter*innenklasse wächst die Wut, und unter diesen Bedingungen wird es für die reformistischen Parteien wie für die Gewerkschaftsbürokratien immer schwieriger, sich mit der Regierung Ensemble-LR-Horizons-MoDem zusammenzutun.

Für die Arbeiter*innen und die lernende Jugend gibt es bei diesen Manövern nichts zu erwarten. Es gilt, Lecornu ebenso wie Macron loszuwerden, um nicht länger die fortschreitende Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ertragen zu müssen. Aber nicht, um sie durch Le Pen, Bardella und Ciotti zu ersetzen, die dem Medef bereits Zugeständnisse machen und die migrantischen Teile der Arbeiter*innenklasse angreifen, um sie zu spalten.

Am 10. September mobilisierten sich – ursprünglich aufgerufen von einem Kleinunternehmer – ein Teil der Jugend, selbständige werktätige und ein kleiner Bruchteil der Arbeiter*innenklasse, aber ohne jede klare Perspektive. Straßenblockaden, vereinzelte Streiks – daraus wird nicht der Zusammenschluss der gesamten Arbeiter*innenklasse in einem gemeinsamen Block gegen den bürgerlichen Staat entstehen.

Am 18. September ruft die Intersyndikale CFDT-CGT-FO-CFTC-UNSA-Solidaires-FSU zu einem „Aktionstag“ auf. Sie behauptet, damit „Fortschritte erringen“ zu können. Doch die Intersyndikale setzt dieselbe Taktik der Aktionstage und verlängerbaren Streiks fort – gegen den Generalstreik, den sie im Frühjahr 2023 verhindert hat.

Für die Arbeiter*innenklasse, für die lernende Jugend, gibt es nur einen wirksamen Weg: in allen Betrieben, Schulen und Stadtteilen zu diskutieren, den Generalstreik vorzubereiten – gegen jedes unsoziale Budget, gegen jede bürgerliche Regierung. Mit gewählten und durch Mandat legitimierten Streikkomitees aus den Vollversammlungen, die national koordiniert und zentralisiert werden, für die Selbstverteidigung von Streiks und Demonstrationen, für Sofortforderungen: Der Generalstreik wird die Machtfrage stellen – die Frage nach einer Arbeiter*innenregierung.

  • Keine Verhandlungen der Gewerkschaften und traditionellen Arbeiter*innenparteien mit Lecornu! Bruch mit der Mitverwaltung in den Aufsichtsgremien der Konzerne, im Rentenrat usw.!
  • Aufhebung des Macron-Borne-Gesetzes gegen die Renten und des Gesetzes gegen Arbeitslose! Erhöhung und Anpassung von Löhnen, Renten und Sozialleistungen an die Teuerung!
  • Verbot von Entlassungen! Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverlust! Schaffung aller nötigen Stellen im öffentlichen Dienst!
  • Annullierung der Staatsschulden! Abschaffung der Verbrauchssteuern für die arbeitende Bevölkerung, Abschaffung der Sozialabgaben für die Beschäftigten! Starke progressive Steuer auf Einkommen und Vermögen!
  • Schließung der Militärbasen im Ausland! Kein Euro für die Armee! Auflösung der Repressionsorgane! Volksbewaffnung!
  • Ende jeder militärischen Zusammenarbeit und Waffenlieferungen an Israel! Raus aus der NATO! Unabhängigkeit für Kanaky!
  • Arbeiter*innenregierung! Sozialistische Vereinigte Staaten von Europa!

12. September 2025

Groupe Marxiste Internationaliste

(franz. Sektion des CoReP)

Ein Glossar zu französischen Parteien und Gewerkschaften findet ihr hier!