USA: Nach dem Sieg von Trump eine Massenpartei der Arbeiter*innen aufbauen!

Erklärung des Kollektivs Permanente Revolution

 Wahl-beteiligungDemocratic PartyRepublican Party
 %WahlmännerStimmen (in Millionen)WahlmännerStimmen (in Millionen)
201655,672276630463
202066,930681,323274,2
2024 59,8222670,9931274,71

Trumps Sieg ist nicht auf einen Erdrutsch von Stimmen zur Republikanischen Partei zurückzuführen, sondern auf einen Einbruch auf Seiten der Demokratischen Partei. Zunächst einmal haben sich viele Wähler enthalten. Im Jahr 2024 übersteigt die Rate der Enthaltungen 40 %, was zwar weniger ist als 2016, wo sie über 43 % lag, aber dennoch 7 Punkte höher ist als 2020. Dies ist beträchtlich, vor allem wenn man bedenkt, dass zu diesen fast 100 Millionen Stimmenthaltungen noch Millionen von arbeitenden Geflüchteten, illegalen Migrant*innenen, Verurteilten usw. hinzukommen, die kein oder kein volles Wahlrecht besitzen.

Trump erhält kaum mehr Stimmen als 2020, etwa 450.000 Stimmen mehr, obwohl die Zahl der registrierten Wähler um mehr als 6 Millionen gestiegen ist. Tatsächlich handelt es sich also um einen leichten Rückgang der Stimmen im Verhältnis zur Wählerschaft. Der Verlust von mehr als 10 Millionen Stimmen für die Demokratische Partei führt letztendlich zu Trumps Sieg.

Unter diesen Bedingungen gewinnt Trump deutlich an Wahlmännern (der Präsident wird in der antidemokratischen Verfassung der USA nicht direkt gewählt) und holt sich den Sieg in den 7 „swing states“ (Schlüsselstaaten). Die Republikanische Partei gewinnt die Mehrheit im Senat zurück und wird voraussichtlich auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten. Mit sechs von neun ihm wohlgesonnenen Richtern am Obersten Gerichtshof und mit der nahezu vollständigen Kontrolle über die Republikanische Partei wird Trump somit alle institutionellen Hebel in der Hand halten.

Die Gründe für Trumps Erfolg

In den führenden imperialistischen Ländern verschlechtern sich die Lebensbedingungen des Proletariats und großer Teile des Kleinbürgertums (Beamte, arbeitende Bauern usw.) stark, selbst wenn diese Länder positive Wachstumsraten des BIP aufweisen. Das ist auch in den Vereinigten Staaten der Fall, wo die Verarmung und Prekarisierung eines Teils der Bevölkerung seit mehreren Jahren voranschreiten. Viele der Arbeitsplätze, die seit der Erholung ab 2021 geschaffen wurden, sind prekär und schlecht bezahlt. Die Arbeiter*innenklasse litt unter Biden stark unter der Inflation, und auch wenn die Preise langsamer steigen, liegen sie noch immer 20 % höher als 2020, also vor der Pandemie.

Biden hat keine einzige der Steuervergünstigungen für die Reichen und Großkonzerne zurückgenommen, die Trump eingeführt hatte. Ende 2022 verbot er den Eisenbahnern zu streiken. Er unterstützt den Genozid in Gaza. Die demokratische Kandidatin sprach sich für eine Verschärfung der Einwanderungsgesetze und die Förderung der umweltschädlichsten Energien aus, obwohl die klimatischen Veränderungen auch die Vereinigten Staaten nicht verschonen. Zu Recht sah ein Teil der Arbeiter*innen und Student*innen in Harris lediglich eine Repräsentantin des „Establishments“, ähnlich wie einst Hillary Clinton. Es gibt keine Massenpartei der Arbeiter*innen, die eine Alternative anbieten könnte. Dies ist einer der Gründe für die Stimmenthaltung und das Wählen von Trump.

Die Frage der wirtschaftlichen Lebensbedingungen überwog alle anderen Faktoren und verstärkte sogar die Stimmen für Trump unter lateinamerikanischen und afroamerikanischen Wähler*innen, trotz der rassistischen und fremdenfeindlichen Angriffe in seiner Kampagne. Der Kern der republikanischen Kampagne bestand darin, die “Fremden” zu Sündenböcken für die internen Probleme zu machen.

Es gibt daher zwei Aspekte des Wahlergebnisses::

  • eine Wahlenthaltung als Bestrafung der Demokratischen Partei, die für die Verschlechterung der Lebensbedingungen des Proletariats verantwortlich gemacht wird;
  • ein teilweise zustimmendes Votum für das Wahlprogramm Trumps, einschließlich Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit, die angeblich den Wohlstand zurückbringen sollen.

Trumps Basis hat sich in der MAGA-Bewegung gefestigt, die die Kontrolle über die Republikanische Partei übernommen hat (trotz der Losung zum Kapitol-Sturm am 6. Januar 2021, nachdem Trump die Wahl verloren hatte). Flankiert von faschistischen Gruppen und mit dem Segen evangelikaler Kirchen setzt sich die Basis aus Veteranen verlorener Kriege, Deklassierten, einem Teil der ehemaligen weißen Arbeiter*innenaristokratie, die einst von den Resten des amerikanischen Imperialismus profitierte, einem bedeutenden Teil des Kleinbürgertums und sogar einer rückständigen Minderheit des Proletariats zusammen. Diese glauben, dass ein alles umfassender Protektionismus und die Vertreibung von Migrant*innen Amerika wieder groß machen würden.

Ein weiterer Faktor für die Stimmabgabe für Trumps ist das Engagement kapitalistischer Schwergewichte wie Elon Musk. Diese erhoffen sich erhebliche Steuersenkungen, eine aggressive Deregulierung für ihre Unternehmen in allen Bereichen und Aufträge des Staates, insbesondere im militärischen Bereich.

Die unabdingbare Notwendigkeit, die Arbeiterklasse von Kirchen und bürgerlichen Parteien zu emanzipieren

Diese Ergebnisse zeigen die politische Sackgasse auf, in die das amerikanische Proletariat durch die Abhängigkeit der Gewerkschaften und der Organisationen der Unterdrückten von den beiden bürgerlichen und imperialistischen Parteien, der Demokratischen Partei und der Republikanischen Partei, und insbesondere von der Demokratischen Partei, gebracht wurde. Hinzu kommt die Unterordnung unter diese Partei durch die „kommunistische“ Partei (CPUSA) und die „Sozialisten“ (DSA, denen sich auch mehrere pseudo-trotzkistische Gruppen angeschlossen haben).

Bureau of Labor Statistics, 21. Februar 2024

Dabei kämpft die amerikanische Arbeiterklasse, wie die Streiks der Drehbuchautoren und Schauspieler, in der Automobilindustrie, bei Kaiser Permanente, bei Starbucks im Jahr 2023 und bei den Hafenarbeitern an der Atlantikküste oder bei Boeing im Jahr 2024 gezeigt haben. Allerdings führten diese Arbeitskonflikte meist nur zu Teilerfolgen, da die Gewerkschaftsbürokratie (oft in Verbindung mit der Demokratischen Partei) oder die von der Biden-Regierung entsandten „Vermittler“ den Streikenden in den Rücken fielen und die Ausweitung der Streiks verhinderten, wenn sie diese nicht sogar komplett unterbanden, wie etwa bei UPS im Jahr 2023.

Zwischen diesen Kämpfen und einer politischen Perspektive für eine Arbeiter*innenregierung gibt es aber keinerlei Verbindung. Da es keine politische Vertretung der Arbeiter*innenklasse gibt, sind politische Orientierungspunkte gering, sofern sie nicht überhaupt fehlen. Die Verantwortung dafür liegt bei den Gewerkschaftsführern, den Organisationen der Unterdrückten und den „Sozialisten“ oder „Kommunisten“, die sich weigern, die Verbindungen zur Demokratischen Partei und damit zur Bourgeoisie zu kappen und eine Arbeiterpartei zu gründen.

So hat ein erheblicher Teil der Arbeiter*innenklasse nicht gewählt, da er zurecht DP und RP als zwei Seiten derselben Medaille ansah. Jedoch konnten sich diese Arbeiter*innen auch nicht einer Klassenkandidatur zuwenden. Die Kandidatur Jill Steins von der Green Party war keineswegs eine Arbeiter*innenkandidatur, auch wenn sie für ein Ende der Waffenlieferungen an Israel eintrat. Ein anderer Teil der Arbeiter*innen stimmte für die Demokraten, etwa um das Recht auf Abtreibung zu verteidigen. Schließlich gab es eine Minderheit, die republikanisch wählte, wobei einige sogar glaubten, Trump würde die Probleme lösen, da er als Geschäftsmann wisse, wie man Geld herbeischafft!

Trumps Sieg bereitet eine Offensive gegen die amerikanische Arbeiter*innenklasse und gegen die Demokratie vor

Für die Bourgeoisie gibt es viele Sicherheitsmechanismen, die sie vor den Eskapaden des größenwahnsinnigen Kapitalisten schützen (Zentralbank, Armeeführung, hohe Beamte, Geheimdienste, die Republikanische Partei, große Medien, Kirchen…). Hingegen werden die Versprechen eines neuen Wohlstands für die Arbeiter*innen an der Realität zerschellen: Die Widersprüche des globalen Kapitalismus gehorchen keinem Präsidenten, selbst nicht dem des mächtigsten Staates; die weltweite Stellung der amerikanischen Bourgeoisie wird nie wieder die von einst sein.

Trumps Sieg wird die Offensive gegen die amerikanische Arbeiter*innenklasse verstärken, insbesondere gegen ihren migrantischen Teil. Siehe die Ankündigung der Ausweisung von Millionen illegaler Migrant*innen, der Deregulierung von Bestimmungen, die den ungebremsten Kapitalismus in Umweltfragen, Arbeitsrecht, Bildung, soziale Netzwerke und Kryptowährungen einschränken. So soll Elon Musk beauftragt werden, den „unnützen“ Verwaltungsapparat des Bundesstaates radikal zu „säubern“, weit über das übliche „spoiled system“ hinaus, das sich sonst nach Wahlen auf die Führungsposten in den Bundesbehörden beschränkte. Während seiner Kampagne behauptete Trump, Harris sei eine „reine Marxistin“, eine „Kommunistin“. Sogar der ungebildete Trump weiß natürlich, dass das nicht stimmt. Was er mit diesen lächerlichen Anschuldigungen anstrebt, ist eine verstärkte Repression gegen soziale Bewegungen, propalästinense Proteste usw. – eine Atmosphäre wie zu Zeiten des McCarthyismus.

Natürlich werden die von Trump angekündigten protektionistischen Maßnahmen die Lebenssituation der Arbeiter*innenklasse keineswegs verbessern. Im Gegenteil, sie werden unvermeidlich die Lebenshaltungskosten erhöhen und die Wirtschaftskrise verschärfen.

Weit davon entfernt, die Widersprüche aufzulösen, wird Trumps zweite Amtszeit die interne Zersetzung des mächtigsten Imperialismus beschleunigen, mit der vorgesehenen Abschaffung des Bundesministeriums für Bildung, der Übergabe des Abtreibungsrechts an die Bundesstaaten, der Verfolgung von Transpersonen, der Zensurgewalt der religiösen Frömmler über den Unterricht, der Drohung mit der Streichung von Zuschüssen für Krankenversicherungen (Obamacare) und der wachsenden Gewicht des Militarismus, der Verschärfung der öffentlichen Verschuldung (bereits bei über 100 % des BIP) usw.

Sehr bald wird die Notwendigkeit proletarischer Selbstverteidigung zentral werden. Die Drohungen, gegen die Arbeiter*innen – mit oder ohne Papiere – vorzugehen, werden sicherlich nicht friedlich vonstattengehen. Trumps Drohungen, gegen den „inneren Feind“ gewaltsam vorzugehen, werden von Lobreden auf faschistische Banden begleitet, die einen fanatischen Antikommunismus und teils ungehemmten Rassismus predigen. Mit Beratern wie Musk oder Bezos, die in ihren eigenen Unternehmen gezeigt haben, dass sie jegliche gewerkschaftliche Organisierung verhindern wollen, muss man mit einem vermehrten Einsatz privater Polizeikräfte und anderer Streikbrecher rechnen.

Früher oder später wird die Reaktion der amerikanischen Arbeiterklasse unvermeidlich sein. Wir müssen nicht nur hier und jetzt die Perspektive eines zentralen Kampfes gegen Trump und seine Regierung eröffnen, sondern auch in den Gewerkschaften und Organisationen der Unterdrückten, an den Universitäten und in den Arbeiter*innenvierteln für die Gründung einer Arbeiter*innenpartei kämpfen, die sich an der Socialist Party of America von 1901 (Mitglied  der Arbeiterinternationale), der United Communist Party von 1920 (Sektion der Kommunistischen Internationale) und der Socialist Workers Party von 1938 (Sektion der Vierten Internationale) orientiert.

Das Programm einer echten Arbeiter*innenpartei sollte alle wirtschaftlichen, politischen und demokratischen Forderungen aufgreifen, die aus der Bewegung der Massen hervorgehen und die nur von einer Arbeiter*innenregierung im Rahmen der Sozialistischen Föderation des gesamten Kontinents garantiert werden können:

  • Bedingungslose gewerkschaftliche Rechte und Koalitionsfreiheit in allen Betrieben und Verwaltungen,
  • Lohnerhöhung und gleitende Lohnskala, 
  • Arbeiterkontrolle über Einstellungen und Entlassungen, über Produktion und Investitionen, Schutz der Arbeiter*innen und der gesamten Bevölkerung vor Umweltverschmutzung
  • Abschaffung des Wahlmännersystems und des Obersten Gerichtshofs, 
  • Trennung von Kirche und Staat, 
  • Recht auf Abtreibung im ganzen Land, ein kostenloses Bildungssystem, kostenlose Gesundheitsversorgung, günstige und qualitativ hochwertige Sozialwohnungen
  • Enteignung des Großkapitals
  • Entwaffnung der Repressionsorgane, Volksbewaffnung …

Eine Beschleunigung der Faktoren wirtschaftlicher Krisen und interimperialistischer Konflikte

Die Macht der Vereinigten Staaten und der daraus resultierende Expansionismus zwingen sie dazu, die Sprengsätze der gesamten Welt in das Fundament ihres Gebäudes einzubauen: alle Gegensätze zwischen West und Ost, die Klassenkämpfe im alten Europa, die Aufstände der kolonisierten Massen, alle Kriege und alle Revolutionen. (Trotzki, Die Kommunistische Internationale nach Lenin, 1928)

Je dominanter der amerikanische Imperialismus geworden ist, desto mehr hat er sich aus Eigeninteresse die Weltordnung zu eigen gemacht, und desto schwerer wiegt die Last dieser Bürde. Die USA haben die Nachkriegszeit maßgeblich dominiert und organisiert, eine Ära, in der der Welthandel zunahm, gefolgt von der Wiederherstellung des Kapitalismus in Russland und China, was die bürgerlichen Ökonomen als „Globalisierung“ bezeichneten. Doch widersprüchlicherweise ist dies auch die Periode, in der die Hegemonie der USA langsam abbröckelte: vom Rückzug aus Vietnam über den Irak-Krieg, der zwar mühelos gegen Saddam Hussein gewonnen wurde, aber nicht zu einem Nahen Osten führte, wie ihn sich der amerikanische Imperialismus gewünscht hätte, sondern im Chaos endete, bis hin zum demütigenden Abzug aus Afghanistan und dem Aufstieg des jungen chinesischen Imperialismus.

Schon 1971 beschloss Nixon, die Konvertibilität des Dollars in Gold zu beenden, indem er erklärte, die USA würden aufhören, „mit einer auf dem Rücken gefesselten Hand zu kämpfen“. Dies war der erste große Bruch, eine Abkehr von den Regeln des globalen Währungssystems, die 1944 unter ihrer Schirmherrschaft in Bretton Woods aufgestellt worden waren.

Die Wiederwahl von Trump ist kein Zufall. Sie spiegelt eine zunehmend ausgeprägte Tendenz der herrschenden Bourgeoisie wider, sich von all den Verpflichtungen zu befreien, die sie in ihrer Geschichte eingehen mussten, um ihre Anstrengungen gegen ihren heutigen Hauptfeind bündeln: den chinesischen Imperialismus. Schluss mit den Regeln und Schiedssprüchen der WTO zur Erleichterung des freien Handels! Hoch die Zollschranken! Schluss mit den Militärausgaben zum Schutz der Verbündeten, sie sollen zahlen! Klimaverpflichtungen? Ab in die Mülltonne damit! Das Profil von Trump, eines pragmatischen und brutalen Kapitalisten, verkörpert diese Tendenz perfekt. Trump hat angekündigt, Zölle zwischen 10 und 20 % auf alle Importe zu erheben, 60 % für Produkte aus China (und sogar 100 % für Elektroautos) und bis zu 300 % für Produkte aus Mexiko!

Schon vor den Wahlen in den USA zeichneten sich allmählich Elemente einer globalen Wirtschaftskrise ab, mit einer deutlichen Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft, verschärft durch eine Immobilien- und Finanzkrise, einer Verlangsamung in Japan und Indien sowie einer Rezession in Deutschland. Unvermeidlich werden Trump und seine Politik die globale Wirtschaftskrise, die sich anbahnt, beschleunigen und verschärfen und weltweit heftige Auswirkungen haben. Trump wird Israel freie Hand bei seinen Versuchen lassen, die Palästinenser*innen zu vernichten und seine Offensive gegen den Libanon und möglicherweise den Iran zu verstärken. Trump zieht in Betracht, einen Teil der Ukraine zu opfern, die Spaltungen unter den europäischen Imperialismen zu verstärken und die Spannungen mit dem chinesischen Imperialismus zu verschärfen…

Die Wahl Trumps bedeutet für das Weltproletariat eine zusätzliche Bedrohung, die den Verfall des Imperialismus markiert. Es ist möglich, diesem gesamten verkommenen System ein Ende zu setzen und den Weg zum Weltsozialismus zu eröffnen, wenn sich die Avantgarde der Arbeiter*innen über alle Grenzen hinweg in einer revolutionären Arbeiter*inneninternationale zusammenschließt. Das ist der Kampf der internationalistischen Kommunist*innen!

Vorwärts für den Aufbau der revolutionären Arbeiter*inneinternationale! Vorwärts zur Arbeiter*innenmacht!

11. November 2024

CoReP (Kollektiv Permanente Revolution)