Am 29. September 2025 hat US-Präsident Donald Trump einen 20 Punkte umfassenden „Friedensplan“ zur „Beendigung des Krieges in Gaza“ präsentiert. In seltener Einmütigkeit klatschen sogar sonst Trump-kritische Medien und kapitalistische Regierungen mit eingeschworenen Fans der MAGA-Ideologie Beifall. Auch Sozialdemokrat*innen, Grüne, Liberale sind „vorsichtig optimistisch” und gestehen dem US-Präsidenten zu, der gerade die Städte der USA als Übungsgelände der US-Armee sehen will, der Friedensengel des Jahres zu sein.
Der Trump-Plan ist aber keine „Friedenslösung“, sondern der Versuch,
- den Widerstand der Palästinenser*innen zu zerschlagen,
- die nationale Frage unter imperialistische Kontrolle zu stellen, sie also nicht zu lösen,
- Gaza in ein „Labor“ kapitalistischer Sonderwirtschaftszonen zu verwandeln,
- und die koloniale Herrschaft Israels zu stabilisieren.
Er steht in direkter Kontinuität zu früheren „Friedensplänen“ (Oslo, Roadmap, Trump-Plan 2020), die immer ein Ziel hatten: die Anerkennung des kolonialen Status quo und die Zerschlagung des Selbstbestimmungsrechts der Palästinenser*innen.
Grundcharakter des Plans
Der gesamte Plan ist kein Friedensplan, sondern ein imperialistisches Diktat. Er läuft nicht auf die nationale Befreiung des palästinensischen Volkes hinaus, sondern auf eine dauerhafte Unterordnung unter die Interessen Israels und der USA. Dass Trump selbst und Figuren wie Tony Blair als Oberaufseher einer „Board of Peace“-Verwaltung auftreten sollen, macht den neokolonialen Charakter offen sichtbar: Gaza wird wie ein Protektorat behandelt, nicht als Teil eines souveränen palästinensischen Staates.
„Entmilitarisierung“ und „Deradikalisierung“
Alle Kernpunkte drehen sich um die Entwaffnung der palästinensischen Widerstandsorganisationen (Punkte 1, 6, 13, 15). Das bedeutet: Die Entrechtung der unterdrückten Nation soll institutionalisiert werden. Ohne Waffen und ohne Organisationen bleibt das palästinensische Volk einer israelischen und internationalen Zwangsordnung ausgeliefert.
Der Begriff „terror-free“ ist eine ideologische Waffe, um den legitimen nationalen Befreiungskampf gleichzusetzen mit „Terrorismus“. So wird jeder Widerstand kriminalisiert, während die jahrzehntelange koloniale Gewalt des Zionismus als „Sicherheit“ definiert wird.
Humanitäre Maßnahmen als Druckmittel
Hilfslieferungen, Infrastrukturaufbau, Rückführung von Gefangenen usw. (Punkte 2, 5, 7, 8) werden nicht als Rechte, sondern als Gnadenakte angeboten – unter der Bedingung der politischen Kapitulation. Die humanitäre Katastrophe in Gaza, die Israel selbst durch Blockade und Bombardierung geschaffen hat, wird damit zum Hebel, die Bevölkerung in Geiselhaft zu nehmen.
Koloniale Übergangsverwaltung
Die „technokratische, apolitische“ Verwaltung unter internationaler Aufsicht (Punkt 9) ist nichts anderes als eine Entmündigung des palästinensischen Volkes. Die Selbstorganisation wird ersetzt durch eine von imperialistischen Staaten eingesetzte Bürokratie, deren Aufgabe es ist, das Land „investitionsfreundlich“ zu machen – also dem Kapital zu öffnen. Das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes wird nicht einmal ignoriert.
„Entwicklung“ und Sonderwirtschaftszonen
Die Rede von „modernen Miracle Cities“ und „Special Economic Zones“ (Punkte 10, 11) zeigt, dass es hier nicht um nationale Selbstbestimmung geht, sondern um die Integration Gazas in die Imperialistische Weltordnung, einer “Pax americana”, als Billiglohnstandort und geopolitischen Brückenkopf im Nahen Osten. So soll eine abhängige Ökonomie geschaffen werden, von der die Investoren profitieren, nicht aber die arbeitende Bevölkerung.
Internationale Stabilisierungstrupp
Die geplante ISF (Punkt 15) wäre de facto eine imperialistische Besatzungstruppe unter US-Kommando, die die IDF schrittweise ablöst. Das heißt: die militärische Kontrolle bleibt, nur wird sie „unparteiisch“ und „supranational“ getarnt. Von „Selbstverwaltung“ oder „Unabhängigkeit“ kann keine Rede sein.
Der angebliche Weg zur Staatlichkeit
Erst „wenn“ Gaza befriedet, entwaffnet, investorenfreundlich ist, und „wenn“ die PA (Palästinensische Autonomiebehörde) reformiert ist (Punkte 9, 19, 20), dann könnte ein „politischer Horizont“ für Selbstbestimmung entstehen. Das ist eine klassische Vertröstungspolitik: der Staat Palästina bleibt ein ewiges Versprechen, abhängig von Bedingungen, die von den Imperialisten definiert werden – und somit nie erfüllt werden.
Die internationale Arbeiter*innenbewegung und ihre Organisationen, Parteien und Gewerkschaften, müssen diesen kolonialistischen Pseudofriedensplan entschlossen zurückweisen. Unmittelbar stehen folgende Forderungen auf der Tagesordnung:
- Sofortige und bedingungslose Beendigung der Blockade Gazas, Öffnung aller Grenzübergänge.
- Sofortiger Abzug der israelischen Armee aus Gaza und allen besetzten Gebieten. Keine internationale Besatzungstruppen oder „Stabilisierungskräfte“!
- Freilassung aller palästinensischen Gefangenen in israelischen und internationalen Gefängnissen.
- Volle Rückkehrrechte für alle vertriebenen und geflüchteten Palästinenser*innen – von 1948 bis heute.
- Für das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes: das palästinensische Volk muss frei entscheiden können über seine politische Zukunft, ohne imperialistische Aufsichtsgremien, „Boards of Peace“ oder korrupte PA-Strukturen.
- Keine Entwaffnung des Widerstands, sondern das Recht auf Selbstverteidigung gegen koloniale Unterdrückung.
- Volle Gleichberechtigung aller Palästinenser*innen in Israel, den besetzten Gebieten und im Exil. Ende der Apartheidgesetze.
- Verurteilung der arabischen Regime, die durch Normalisierung mit Israel und Zusammenarbeit mit den USA und EU den Befreiungskampf verraten und sich teilweise sogar an der mörderischen Hungerblockade beteiligen – von Ägypten bis Saudi-Arabien.
- Schluss mit der Planung von Sonderwirtschaftszonen und kapitalistischer Ausplünderungsprojekte. Die Ressourcen Gazas und der Westbank gehören dem palästinensischen Volk und allen dort lebenden Werktätigen!
- Unabhängige Organisation der palästinensischen Arbeiter*innen und Jugend gegen die bourgeoisen Führungen (Hamas, Fatah, arabische Regime).
- Arbeiter*inneneinheitsfront in Palästina, Israel und der Region: gemeinsame Aktionen der unterdrückten und ausgebeuteten Klassen gegen Zionismus, Imperialismus und arabische Diktaturen.
- Enteignung der großen Konzerne und Kapitalgruppen (in Israel, Palästina und der Region), die von Krieg, Waffenproduktion und Bauprojekten profitieren.
- Für ein einheitliches, demokratisches, multisprachliches sozialistisches Palästina – vom Fluss bis zum Meer, mit gleichen Rechten für alle, Rückkehr der Geflüchteten, Auflösung der Apartheidstrukturen.
- Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen Ostens als einziger Weg, das palästinensische Selbstbestimmungsrecht dauerhaft mit der Befreiung der arabischen Massen und dem Sturz des Imperialismus zu verbinden.
Gruppe KLASSENKAMPF, 30.9.2025