Erste-Mai-Erklärung des Corep (2021)
Seit Anfang 2020, mit der globalen Ausbreitung der COVID-19-Pandemie und der neuen Wirtschaftskrise, sind alle Plagen, die der Kapitalismus der Menschheit und ihrer ökologischen Umwelt zufügt, mehr denn je offengelegt worden. 137 Millionen Kranke, 3 Millionen Tote und eine neue Welle, die neue Lockdowns auf allen Kontinenten auslöst, sind Zahlen, die das schlechte Management der Pandemie durch alle bürgerlichen Staaten beweisen, die unfähig waren, sie zu verhindern und noch unfähiger sind, ihr im Interesse der gesamten Gesellschaft entgegenzutreten.
Bei dieser Pandemie und möglichen zukünftigen sind es die arbeitenden Klassen (das Proletariat, lohnabhängige und „freiberufliche‟ Kleinbürger*innen), die am meisten unter den Folgen leiden, während die Großkapitalisten sie ausnutzen, um ihre Profitquellen auf Kosten der sozialen Grundbedürfnisse zu vervielfachen (Impfstoffe, Medikamente und Sanitärmaterial, Personen- und Arbeitsschutz, Geräte für Telearbeit…).
Wir Arbeiterinnen und Arbeiter sind aufgrund der Überlastung der Gesundheitssysteme dem größten Risiko von Ansteckung und Tod sowie den schlimmsten Auswirkungen von Krankheiten ausgesetzt. Wir tragen auch die Last der Arbeitslosigkeit und die wachsende Bedrohung durch Hunger, das Eingesperrtsein in überfüllten Wohnungen, die Zwangsräumungen wegen Mietrückständen, die Schulschließungen.
Auf der anderen Seite eröffnet die Situation für die Kapitalistenklasse eine “Gelegenheit”, ihre Batterien wieder aufzuladen, indem sie neue “Marktnischen” rund um die Gesundheitsausgaben und die so genannte “grüne” Industrie ausnutzt. Diese Klasse verteilt öffentliche Gelder in Mengen in historischem Ausmaß. Damit wird zum einen versucht, jene Großunternehmen, die am meisten von der wirtschaftlichen Lähmung betroffen sind (Tourismus, Luftverkehr, Luftfahrtindustrie…), in den einzelnen Ländern zu retten. Zum anderen werden die Verluste oder gesunkenen Gewinne der weniger betroffenen Unternehmen ausgeglichen, immer ohne die Gefahr, ihr Eigentum oder ihre Kontrolle zu verlieren. Die Banken und Investmentfonds erhalten ihrerseits als Gläubiger oder Verwalter der zusätzlichen Staatsschulden, die durch die exorbitanten Kosten der Pandemie entstanden sind, Zinsen.
Die Arbeiter, ob angestellt, selbständig oder informell, erhalten von den Regierungen im besten Fall klägliche und verspätete Unterstützungen, die den Ernst der Lage nur ein wenig abmildern: gerade so viel, um soziale Explosionen oder Hungerrevolten zu vermeiden.
Die großen Nutznießer auf Kosten des internationalen medizinischen Bedarfs sind die Pharmakonzerne. Diese Unternehmen haben ihre Produkte hauptsächlich durch öffentliche Subventionen oder öffentliche wissenschaftliche Forschung entwickelt. Sie sind es, welche die Preisverhandlungen und den Vertrieb ihrer Produkte diktieren konnten, weil kein Staat oder Staatenbündnis (wie z.B. die EU) das Eigentum an ihren Patenten oder ihre “heilige Freiheit”, ihre Entscheidungen nach den Vorgaben des Meistbietenden zu treffen, in Frage stellt. Inmitten der globalen Tragödie vervielfachen sie ihre Gewinne und sind das Objekt der Börsenspekulation
Folglich wird die Verfügbarkeit von Impfstoffen nicht durch die weltweiten Produktionskapazitäten, sondern durch die Rechte der Pharmaunternehmen außerordentlich eingeschränkt. Außerdem folgt die Verteilung dieser Medikamente auf die verschiedenen Länder den gleichen Regeln der Hierarchie und der Dominanz der Gesamtwirtschaft: mehr und besser für die reichsten Staaten, unabhängig von ihrem Bedarf zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Achtung des Privateigentums, das Streben nach unternehmerischem Profit, sowie die nationalistischen und unkoordinierten Reaktionen der Staaten sind unvereinbar mit einer effektiven, schnellen und sozial gerechten Bekämpfung der Krankheit.
Das Ergebnis ist, dass sich die Pandemie hinzieht, dass die globale Staatsverschuldung das höchste jemals gemessene Niveau erreicht hat (laut IWF 99 % des globalen BIP im Jahr 2021), dass sich die Wirtschaft nach dem Einbruch im Jahr 2020 nur langsam erholt und dass die weltweiten Beschäftigungszahlen Zeit brauchen wird, um auf das Niveau von 2019 zurückzukehren, insbesondere in den Sektoren, in denen es mehr persönliche Kontakte gibt. Nach dem Verlust von umgerechnet 255 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen im Jahr 2020 (viermal so viel wie während der Krise 2009) prognostiziert die ILO für das Jahr 2021, dass in allen Ländern nur die Hälfte der vernichteten Arbeitsplätze wiederhergestellt wird und dass die Arbeitslosigkeit vor allem weibliche Lohnabhängige und junge Menschen treffen wird.
Diese Kombination aus Gesundheits- und Wirtschaftskrise im Rahmen einer ökologischen Krise hat und wird unweigerlich weitreichende politische und soziale Folgen haben. Die Situation verstärkt die Widersprüche zwischen den großen imperialistischen Ländern, vor allem zwischen einem expandierenden China und den an Gewicht verlierenden, aber immer noch dominierenden USA sowie den zweitrangigen Mächten (Russland, Deutschland, Japan, Frankreich…). Spannungen nehmen auch zwischen den Mitgliedern der Europäischen Union (deren gravierendster Ausdruck der Austritt des Vereinigten Königreichs ist) und zwischen den Regionalmächten des Nahen Ostens (Israel, Iran, Türkei, Saudi-Arabien) zu. All dies erzeugt die ständige Bedrohung durch neue Handels-, aber auch militärische Kriege, vor allem in Afrika und Asien.
Aber die Widersprüche entwickeln sich nicht nur außerhalb der Staaten. Die weltwirtschaftliche Situation wirkt sich auf die Schichten und Sektoren der jeweiligen Bourgeoisie unterschiedlich aus. Die Widersprüche, die in dieser stark geschichteten und hierarchischen Klasse immer bestehen, verschärfen sich, wenn der zu teilende Kuchen kleiner und brüchiger wird. Innerhalb der Länder manifestieren sich die Spannungen innerhalb der herrschenden Klassen durch erbitterte politische Kämpfe um die Kontrolle des Nationalstaates, um von ihm privilegierte rechtliche, wirtschaftliche oder sogar militärische Unterstützung (nach Außen) zu erhalten. Die politische Krise in den USA 2020 ist Ausdruck des aktuellen Ausmaßes dieser Widersprüche, die auch die derzeitigen politischen Systeme in Weißrussland, Brasilien, dem „Vereinigten‟ Königreich, Spanien, Italien, Israel Myanmar, Algerien, Mali, Äthiopien…. ernsthaft untergraben.
Die herrschende Klasse ist jedoch immer bereit, die Arbeiter*innen für die Folgen der Krisen und die entstandenen Schulden zahlen zu lassen, um ihr Wirtschaftssystem zu retten. Die aktuelle Rechnung ist bereits enorm und wird weiter wachsen, zumindest solange die Gesundheitskrise andauert. In jedem Land werden auf die pandemische und/oder ökologische Katastrophe bösartige Angriffe auf die Lebensbedingungen und die sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse folgen, wie sie in Spanien mit neuen Reformen gegen Arbeitsrechte und das Rentensystem bereits vorbereitet werden.
Die Staaten, selbst in den Ländern mit den bedeutendsten demokratischen Traditionen, stärken seit vielen Jahren die Befugnisse von Polizei und Armee, schränken die bürgerlichen Freiheiten ein und kriminalisieren sozialen Protest. Der Beginn der Pandemie hat dieser reaktionären Tendenz zusätzlichen Auftrieb gegeben, der sich in dem Maße verstärken wird, wie die Zunahme der sozialen Wut absehbar ist.
Das ist die Situation, in der sich die Weltarbeiterklasse heute befindet. Mit jedem Tag der vergeht, ohne dass der Kapitalismus beseitigt wird, vertieft dieser die Zerstörung des Planeten und begünstigt ökologische, klimatische, pandemische und humanitäre Katastrophen. Mit jedem Tag, der vergeht, ohne dass sie gestürzt wird, stürzt die herrschende Klasse die Menschheit in eine höhere Stufe der Barbarei, geht aus einer Krise hervor, um in eine noch schlimmere einzutreten.
In allen Ländern leisten die ausgebeutete Bevölkerung und die Jugend ohne Zukunft auf die eine oder andere Weise Widerstand und kämpfen. Manchmal mit riesigen Mobilisierungen wie den demokratischen in Polen, Weißrussland, den USA, in Indien 2020, in Myanmar und Algerien Anfang 2021
Aber sie haben kein klares Programm, das alle Ausgebeuteten und Unterdrückten hinter der produzierenden Klasse vereint, um eine neue klassenlose Gesellschaft aufzubauen, die die Wirtschaft zur Befriedigung der gegenwärtigen und zukünftigen sozialen Bedürfnisse demokratisch verwaltet.
Sie haben keine revolutionäre Partei, die verhindert, dass das Bewusstsein und die Aktion der Massen von den Führern der reformistischen Parteien und den Gewerkschaftsbürokratien vergiftet und in Richtung parlamentarischer Illusionen, Chauvinismus und Kompromissen mit Fraktionen der Bourgeoisie kanalisiert werden, bis sie scheitern.
Sie haben noch keine revolutionäre Arbeiter*innen-Internationale, die die Arbeiter*innen der Welt zur endgültigen Lösung der Hauptprobleme der Wirtschaft, der Umwelt, der öffentlichen Gesundheit oder des sozialen Verfalls führt, die nicht national sind und nicht innerhalb der Grenzen eines Staates gelöst werden können.
Deshalb sind unser Engagement und unsere Aktion darauf gerichtet, die bewusstesten arbeitenden Männer und Frauen aufzurufen, mit uns diese revolutionären Instrumente aufzubauen, sie in den Dienst der Selbstorganisation der Massen und ihrer zukünftigen Siege zu stellen.
- Die gesamte Gesundheitsversorgung muss kostenlos sein! Konfiszierung ohne Entschädigung von Privatkliniken, Pharmakonzernen, Firmen, die Masken, Schutzkleidung, Atemschutzgeräte, Tests, antivirale Medikamente, etc. produzieren können! Kontrolle der Produktionen dieser Güter durch die Arbeiter*innen! Annullierung aller Patente auf medizinische Geräte und Behandlungen! Sofortige Erfüllung der Forderungen des Gesundheitspersonals! Finanzierung dringender Gesundheits- und Sozialschutzmaßnahmen durch eine hohe progressive Einkommenssteuer und mit dem Geld aus der Streichung von Subventionen an das Kapital, von Militärausgaben und Unterstützungen für Religionsgemeinschaften. Koordination der Produktion von medizinischen Geräten und der internationalen Verteilung im Rhythmus des Fortschreitens der Epidemie! Internationale Zusammenarbeit bei der Verteilung medizinischer Ressourcen und der Forschung an Impfstoffen und sicheren Behandlungsmethoden! Selbstorganisation von Arbeiter*innen und Nachbarn in Komitees, um die Einhaltung der notwendigen Maßnahmen zum Stoppen der Pandemie zu kontrollieren.
- Verbot aller Entlassungen, Erhalt aller Arbeitsplätze! Staatlich finanzierter Urlaub für Menschen, die ihre Kinder betreuen müssen! Verbot von Delogierungen. Beschlagnahmung von Hotels und unbewohnten Unterkünften (für leicht Kranke, Obdachlose, misshandelte Frauen, Familien in überfüllten oder baufälligen Wohnungen usw.). Aussetzung von Wohnungsmieten und Zahlungen an Banken für Immobilien- oder Verbraucherkredite, Gewährleistung von menschenwürdigem Wohnraum, ausreichender Nahrung, Wasserversorgung, Energie und Kommunikation für die gesamte Bevölkerung.
- Ende der Militärinterventionen und Schließung ausländischer Stützpunkte! Befreiung der unterdrückten Völker (Kurden, Palästinenser …)! Sofortige Legalisierung aller Migrant*innen! Raus mit den Repressionsorganen und der Armee aus den Stadtteilen!
- Arbeiter*innenkontrolle über die Tätigkeit lebenswichtiger Dienstleistungen und Unternehmen und die Schließung nicht lebenswichtiger! Enteignung der kapitalistischen Konzerne! Eine Arbeiterregierung auf der Grundlage von Arbeiterräten, die Zerstörung des bürgerlichen Staates und die Auflösung der Berufsarmeen, Polizeiapparate und faschistischen Banden durch die bewaffneten Arbeiter*innen! Ein von der nicht ausbeutenden Bevölkerung beschlossener Produktionsplan zur Befriedigung der sozialen Bedürfnisse bei gleichzeitiger Erhaltung der Umwelt und der Zukunft der Menschheit! Für eine Sozialistische Weltföderation! Sozialismus oder Barbarei!
Kollektiv Permanente Revolution – CoReP
(Deutschland, Frankreich, Österreich, Spanischer Staat, Türkei)
International: www.revolucionpermanente.com
Deutschland: kontakt@sozialismus-oder-barbarei.de
Frankreich: www.groupemarxiste.info/
Österreich: www.klassenkampf.net
Spanischer Staat: http://www.ikcirklo.org/es/
Türkei: www.patronsuzdunya.com