Editorial KLASSENKAMPF 34: Mal schauen, was alles möglich ist: Vom Widerstand zur Offensive

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Das Jahr 2019 beginnt mit allerlei Änderungen für die türkis-blaue Regierung. Die glamouröse Periode des EU-Ratsvorsitzes ist vorbei, die in den regierungshörigen Medien „Österreich“, „Kronen-Zeitung“, „Die Presse“ und nun auch dem auf Linie gebrachten „Kurier“ gestreuten Jubelmeldungen über die internationalen Erfolge des Schweige- und Reisekanzlers Sebastian Kurz werden spärlicher, und damit werden nun wieder die innenpolitischen Themen in den Vordergrund rücken.

 

  • Risse in der ÖVP

 

Schon Ende des Jahres hat sich Ungemach für die Regierungsparteien zusammengebraut: die großartig angekündigte „Reform“ der Mindestsicherung, die mit dem perfiden Versuch verkauft werden sollte, „schmarotzende Ausländer“ gegen „hart arbeitende Österreicher“ auszuspielen, löste eine Kritiklawine aus, mit der Schweigekanzler Kurz und sein damals gerade hochschwangerer Vizekanzler H. C. Strache nicht gerechnet hatten.

Die Verkündung einer Einigung zwischen Kurz-Partie (Partei?) und FPÖ am 28. November stieß zwar auf verhaltenes Lob aus Unternehmerkreisen (selbst die wollten sich offenbar nach und während der Herbst-KV-Runde nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen) und begeisterte Unterstützung der Rechnungshof-Präsidentin; aber selbst aus der „alten“ ÖVP gab es kritische Stimmen, wie zu erwarten, in erster Linie aus den westlichen Bundesländern. Unangenehmer für die Türkisen war die breite Kritikfront aus kirchlichen Kreisen, quer durch die Konfessionen. Von Caritas bis Diakonie lautete das Verdikt: „Asozial“.

Auch wenn H.C. Strache bei seinen bisher eher schwachbrüstigen antimuslimischen Mobilisierungen wacker das Kruzifix schwingt – eine wirkliche Liebesgeschichte ist das Verhältnis FPÖ/christliche Kirchen nun tatsächlich nicht. Wenn die Partei, die traditionell eher am Boden des neuheidnisch-germanischen Traditionalismus steht, als Fahnenträgerin der „christlich-jüdischen abendländischen Kultur“ daherkommt, wird das auch in kirchlichen Kreisen durchaus kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen.

Dass sich die 150-Euro-Beate Hartinger-Klein daher  gewohnt abbeutelte war nicht weiter verwunderlich. Noch dazu, da die Sozialpolitik in dieser Regierung offenbar eh vom Verkehrsminister gemacht wird. Erstaunlich war eher, wie Sebastian Kurz, sonst eher konfliktscheu, wenn er innerhalb des eigenen Klassenlagers bleibt, die christlichen Wohltätigkeitsverbände anschnauzte, wie etwa die katholische Grazer „Kleine Zeitung“ am 28. Dezember 2018 meldet:

„Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz widersprach in der ZiB2 der These, die ÖVP würde unter ihm ihre christlich-sozialen Wurzeln verleugnen. Auf die Frage, ob die Reform der Mindestsicherung mit den Werten vereinbar sei, meinte Kurz: ‚Unsere Reform der Mindestsicherung ist christlich-sozial. Sie ist eine Reform, die den Menschen stark macht und ihn nicht in Abhängigkeit hält.‘

Zur Kritik von Caritas-Chef Michael Landau erklärte er: ‚Er ist kein ÖVP-Mitglied. Ich bezweifle, dass er einer unserer Wähler ist.” Es gebe niemanden, der ein Recht habe, zu definieren, was christlich-sozial sei.“

Bei „Bewegungsgründer“ Kurz liegen offenbar die Nerven blank, weil das Bekenntnis zum „christlich-humanistischen“ Weltbild im ÖVP-Parteiprogramm festgeschrieben, er selbst fleißiger Kirchgänger ist und mit seinem Adlatus Gernot Blümel einen aktiven Mittelsmann ins rechtskatholische Verbindungslager an seiner Seite weiß. Tatsächlich ist das „Christlich-Soziale“, was immer das auch sein mag, der ideologische Kleister, der die nach wie vor bündisch geprägte alt-neue ÖVP zusammenhält. Und, neue Parteifarbe hin oder her – auch eine „Bewegung Basti Kurz“ braucht Wählerstimmen, und die kann sich eine Partei mit dieser Geschichte und Physiognomie im relevanten Umfang nur im ländlichen Raum holen, in dem der kirchliche Einfluss trotz aller Modernisierungsschübe immer noch präsenter ist als in den urbanen Ballungsräumen.

 

  • Überspannt die FPÖ den Bogen?

 

Auch der FPÖ bläst ein etwas rauerer Wind um die Ohren. Auch wenn die sprachpolizeiliche „message control“ innerhalb der Koalition noch hält, wächst auch in der Volkspartei die Kritik an der aggressiv nach Außen gekehrten Fremdenfeindlichkeit der FPÖ, dem unverfrorenen Ämtersammeln, dem Hinausrempeln langgedienter Schwarzer aus Schlüsselpositionen. Achtung, Warnhinweis: Die ÖVP ist natürlich um keinen Deut besser als die FPÖ, programmatisch liegen die bürgerlichen Parteien vollinhaltlich auf einer Linie: Verbesserung der Ausbeutungsbedigungen für das Kapital, Abbau des „Sozialstaates“, Zurückdrängen bis Beseitigen des Einflusses von Gewerkschaften und Betriebsräten, Zerschlagung sozialer Errungenschaften, Spaltung der arbeitenden Bevölkerung durch das Aufstacheln von Fremdenhass und Rassismus, Aushöhlung der parlamentarisch-demokratischen Hülle der Herrschaft der herrschenden Klasse durch Initiativanträge, Verordnungen und das Lächerlichmachen der angeblich geheiligten Institutionen wie National- und Bundesrat.

Beide bürgerliche Parteien tragen ein faschistisches Gen in ihrer Erbmasse mit sich – die ÖVP jenes des Austrofaschismus, der aus der Christlich-Sozialen Partei der Seipel, Dollfuss und Schuschnigg hervorgegangen ist, die FPÖ jenes der NSDAP der Zwischenkriegszeit. Österreich war insofern in den 30er Jahren ein Ausnahmefall, weil hier nicht nur zunächst zwei Faschismen mit Mord und Terror gegen die Arbeiterbewegung vorgingen, sondern sich gleichzeitig und nach Niederwerfung des Proletariats diese beiden Faschismen wechselseitig bekämpften. Gleiche Klasseninteressen können also sogar in extremer Form in unterschiedlichen Parteien mit unterschiedlichen Taktiken ausgedrückt werden.

Während die Parteispitze – H.C. Strache oder Norbert Hofer – kiloweise Kreide geschluckt haben, um einen seriösen Eindruck zu erwecken, trumpfen schon in der ersten Reihe hinter ihnen die verbalen Schlagetots und Haudraufs auf: Herbert Kickl, der den zynischen Machtmenschen gibt, Johann Gudenus, Landadeliger mit angeborenem antiproletarischem Standesdünkel, und dahinter Gestalten wie Gottfried Waldhäusl, dessen Sprechdurchfall seinem Namen alle Ehre macht oder die FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth, die sprachlich etwas unsicher und mit leichter Schlagseite vor der Länderkammer den Polizeikessel beim Wiener Derby verteidigte.

Da sich die Financiers der FPÖ schon lange nicht mehr auf Mitglieder der Taxlerinnung und Gastronomen beschränken ist es nur zu verständlich, dass sich Unternehmer und Topmanager fragen, ob man mit dieser Partei tatsächlich eine stabile bürgerliche Regierung und einen ebenso stabilen Staatsapparat aufbauen kann. Dementsprechend pfeift dann Ex-Innenministerin und Landeshauptfrau von Niederösterreich Johanna Mickl-Leitner ihren Landesrat Waldhäusl zurück, wenn er um Wohnheime für geflüchtete Kinder und Jugendliche Stacheldrahtzäune bauen lässt. Keineswegs muss er jedoch seinen Sitz in der Regierung räumen und seine Verantwortung für das Asylwesen abgeben. Pikant: Noch im Wahlkampf für die letzten Regionalwahlen hat die FPÖ Mickl-Leitner als „Moslem-Mama“ denunziert, die der „Zwangsislamisierung“ Vorschub leistet.

Um eine „humane Flüchtlingspolitik“ geht es natürlich nicht – wie einige wohlmeinende Beobachter glaubten und sich geradezu euphorisch hinter Mickl-Leitner stellten.

Die Frage des Umgangs mit Geflüchteten oder, allgemein, Migrantinnen und Migranten spaltet die herrschende Klasse nur insofern, als sich unterschiedliche Antworten auf die Fragen formulieren lassen: wie viele zusätzliche Arbeitskräfte braucht der österreichische Kapitalismus, um für die wirtschaftliche Expansion in einer Phase des zunehmenden Protektionismus und Nationalismus gerüstet zu sein? Wieweit (und wie brutal) soll der bürgerliche Staat die gewollte und geplante Spaltung der arbeitenden Bevölkerung in in- und ausländische Arbeiter_innen treiben?

Die bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament werden die Koalitionäre im harten Clinch sehen – immerhin steht die ÖVP als Teil der Europäischen Volkspartei in der europäischen Arena dem Block der „Europa der Nationen und der Freiheit“, also einem Konglomerat aus nationalistischen und faschistelnden Parteien gegenüber, in dem ihr Regierungspartner kräftig mitmischt.

 

  • Die SPÖ: „Wo bitte, geht’s zur Opposition?“

 

Während die Regierung einen Angriffspunkt nach dem anderen bietet, ist die österreichische Sozialdemokratie offensichtlich in eine Mischung aus Lähmung, Winterschlaf und Grübelei verfallen. Die neue Parteivorsitzende, die in der ersten Phase ihres Aufstiegs an die Spitze der Partei in erster Linie damit beschäftigt war, die Opposition einiger Landesparteiführer zu besänftigen, zeigt sich bisher in der Öffentlichkeit und vor den TV-Kameras als ausgesprochen höfliche und kompromissbereite Gesprächspartnerin für jeden, der mit ihr reden will.

Würde man glauben, dass im Parlament tatsächlich etwas entschieden wird, könnte man nur erstaunt den Kopf schütteln. Eine so unscheinbare Opposition wie die SPÖ hat man wohl selten zuvor in einem bürgerlichen Parlament gesehen. Wir haben wiederholt auf die katastrophalen Auswirkungen der Sozialpartnerschaft auf die österreichische Arbeiter_innenklasse hingewiesen. Diese von der SPÖ orchestrierte Politik der organischen Unterordnung der Arbeiter_inneninteressen unter die Profitinteressen des Kapitals hat natürlich auch auf diese, immerhin aus der kämpferischen Arbeiterbewegung des Habsburgerreichs hervorgegangene, Partei massiv zurückgewirkt.

Auch wenn wir weit von einer vorrevolutionären, geschweige denn einer revolutionären, Situation entfernt sind, müssen wir klar und deutlich sagen: Die Angriffe dieser Regierung sind keine Bosheitsakte besonders unguter Politiker oder machtgeiler Looser – sie sind die konsequente Umsetzung von gesellschaftlichen Veränderungen, die das Kapital für nötig hält, um seine Extraprofite zu bewahren und sich weiter aufblähen zu können. Ein wirklicher Widerstand gegen diese Regierung ist daher nur möglich, wenn die Arbeiter_innen und ihre Organisationen mit der Logik des kapitalistischen Systems brechen.

Genau dazu ist die Sozialdemokratie nicht mehr fähig. Sie hat sich über Jahrzehnte treu und ergeben den Kapitalinteressen untergeordnet und versucht, auf Rechnung der herrschenden Klasse gegen bescheidene Verwaltungs- und Versorgungsposten deren Geschäfte zu führen. Dafür hat sie ihre eigene Basis einschläfern, sedieren, politisch und ideologisch entwaffnen müssen. Die eigenen „Genoss_innen“ haben die Bastionen, die sich die ihnen vertrauenden Massen in Jahrzehnter schwerer Kämpfe errungen haben, sturmreif geschossen. Türkis und Blau wollen nun für die Herrschenden die Ernte einfahren.

Getreu ihrer Hunderl-Herrl-Denkweise („Gehts dem Herrl gut, gehts dem Hunderl gut“) bettelt die SPÖ permanent um Neuverhandlungen bereits beschlossener arbeiter_innenfeindlicher Gesetze, dient sich an, für die verfassungskonforme Ausarbeitung geplanter Gesetze bereit zu stehen – all das macht sie weder für die Kapitalisten nützlich noch für die Arbeiter_innen glaubhaft.

Über ihren Einfluss in den Gewerkschaften allerdings ist die SPÖ natürlich nach wie vor ein Faktor, der für eine Politik im Interesse der Arbeiter_innen eine gewichtige Rolle spielt. Wobei wir derzeit schwer prognostizieren können, wie brüchig die traditionelle Einheit Partei / Gewerkschaftsbürokratie mittlerweile geworden ist.

 

  • Auf der Straße ist was los

 

Aber im Kapitalismus fallen die wichtigen Entscheidungen nicht in den Parlamenten und Nationalversammlungen, sondern in den Betrieben und auf der Straße. Die pseudoparlamentarische Hülle („Die Volksvertreter entscheiden im Interesse des Wahlvolks“) bröckelt ja beständig, und gerade die Kurz-Strache-Regierung hat von Haus aus ziemlich klar gezeigt: Hier regiert weder „das Volk“ noch „der kleine Mann“, hier regiert die Industriellenvereinigung.

Dem Widerstand in den Betrieben kommt daher eine besondere Bedeutung zu, wenn wir die Regierung stürzen wollen. Auch wenn die Bewegung in des Betrieben und auf der Straße gegen die Türkis-Blaue-Regierung langsamer Fahrt aufgenommen hat als 2000 gegen die erste Wenderegierung Schüssel/Haider können wir rückblickend auf das vergangene Jahr sagen: Der Wille zum Widerstand hat deutlich zugenommen.

  • Schon am Tag der Angelobung demonstrierten mindestens 5.000 Menschen gegen die neue Regierung
  • am 13. Jänner 2018 demonstrierten mehr als 10.000 Menschen beim „Neujahrsempfang“ gegen die Regierung
  • am 9. Juni protestierten in Wien in erster Linie betroffene Lehrerinnen und Lehrer gegen die Einführung der „Deutschklassen“
  • am 26. Juni demonstrierten 5.000 – 6.000 Menschen bei einem „Sternmarsch für ein soziales Österreich“ auf Initiative der Gewerkschaften gegen die geplante Zerschlagung der Sozialversicherungen
  • am 30. Juni, also unmittelbar vor dem Ferienbeginn in Ostösterreich, konnte der ÖGB über 120.000 Menschen für eine Demonstration in Wien gegen die Einführung des 12-Stunden-Tages mobilisieren;
  • am 8. September kam es  zu einer kleinen, aber politisch wichtigen, Demonstration gegen den EU-Finanzministergipfel in Wien
  • am 13. September demonstrierten Tausende in Wien vor der UNO-City, um gegen die EU-Flüchtlingspolitik und die Haltung der Bundesregierung zu protestieren
  • am 14. September versammelten sich bei strömenden Regen hunderte Gewerkschafter_innen und Aktivist_innen vor dem Sozialministerium, um gegen die geplanten Kürzungen bei den AMS-Mitteln zu protestieren
  • mehrere tausend Demonstranten beteiligten sich am 20. September in Salzburg an Protesten gegen den EU-Gipfel (obwohl der Termin ungünstig auf einen Donnerstag fiel)
  • ab Oktober kam es zur Neubelebung der Donnerstagsdemonstrationen, zunächst in Wien. Trotz frostiger werdenden Wetters nahmen nicht nur die Teilnehmer_innenzahlen von Demo zu Demo zu, insgesamt kam es zu einer deutlichen Politisierung der Aktionen;
  • auch in anderen Städten Österreichs kam es in weiterer Folge zu Donnerstagsdemos
  • am Mittwoch, 12. Dezember, versammelten sich über 4.000 Beschäftigte der Sozialversicherungen aus ganz Österreich beim Sitz der Wiener Gebietskrankenkasse, um gegen die „Kassenreform“ von Türkis-Blau zu demonstrieren
  • am Samstag, 15. Dezember, protestierten bei eisigen Temperaturen und Schneefall einige zehntausend Menschen – trotz massiver Hetze der regierungsnahen Presse – aus Anlass des Jahrestages der Angelobung der Regierung in Wien.

Vor dem 15. Dezember hatte es im Rahmen der Herbst-Lohnrunde, die natürlich im Zeichen des Widerstandes gegen den 12-Stunden-Tag stand, eine Reihe von gewerkschaftlich organisierten Protesten (Betriebsversammlungen in der Arbeitszeit) und einen Streik der Eisenbahner am 26. November gegeben.

Genau an diese Erfahrungen müssen wir 2019 anknüpfen. Und wir müssen Lehren ziehen, die wir bereits 2000 und 2003 nach der Großdemonstration in Wien und beim Streik gegen die Pensions“reform“ gezogen haben: Unsere Kraft ist die Einigkeit! Und die Gewerkschaften sind immer noch ein Faktor bei der Mobilisierung der Belegschaften.

Entscheidend ist aber, dass die Gewerkschaften für die Interessen ihrer Mitglieder kämpfen und nicht umgekehrt eine handvoll Gewerkschaftsbürokraten die Basis als Druckmittel für neue Verhandlungen und Kompromisse mit den Kapitalisten missbraucht.

Mitte Dezember berichtet das Nachrichtenmagazin „profil“ über eine von ihm in Auftrag gegebene Meinungsumfrage:

„Laut profil-Umfrage halten 64% der Österreicher die Warnstreiks und Protestaktionen rund um die Lohnverhandlungen bei Bahn, Industrie und Handel für gerechtfertigt. Nur 28% geben an, die Maßnahmen seien überzogen.

67% der Österreicher geben an, ihre persönliche Lebenssituation habe sich im ersten Jahr der ÖVP/FPÖ-Regierung nicht verändert. 18% sehen Verschlechterungen, 8% Verbesserungen.“

Was immer man von Meinungsumfragen halten mag – eines haben die konkreten Proteste gezeigt: die österreichischen Werktätigen und die Jugend sind keineswegs eine verbürgerlichte, saturierte Masse mit dumpf rassistischem Bewusstsein. Im Widerstand gegen die Regierung machen die Betroffenen neue Erfahrungen und sind bereit, sich weiter zu wehren.

Wichtig sind, wie gesagt, die Perspektiven. Wir finden es ganz hervorragend, dass sich immer mehr Aktivist_inenn aus SPÖ, SJ, VSStÖ an den Protesten gegen die Regierung beteiligen und dass sie buchstäblich bei den Donnerstagsdemos „Fahne zeigen“. Die einzige Perspektive, die die Bewegungen heute haben können, lautet:

STURZ DER REGIERUNG!

Bei der Demonstration am 15. Dezember hat Genossin Julia Herr, Bundesvorsitzende der SJ, in ihrer Rede eine Reihe wichtiger Kritikpunkte an der Regierung geübt. Aber ihre Schlussfolgerung war katastrophal falsch: „Wir müssen weiterkämpfen, bis diese Regierung abgewählt ist.“

Nein, die Wahlurne ist nicht das Instrument, mit dem wir diese Regierung loswerden. Die Macht liegt in der Mobilisierung in den Betrieben, den Universitäten, den Schulen.

Sie setzt eine breite Einheitsfront voraus, die sagt: Schluss mit den Angriffen auf unsere Errungenschaften – seien es Angriffe im Sozial- und Arbeitsrecht, seien es Angriffe auf unsere demokratischen Freiheiten! Diese Einheitsfront muss alle Arbeiter_innen- und Jugendorganisationen umfassen, die sich auf die Arbeiterbewegung berufen – die Gewerkschaften, die SPÖ und ihre Teilorganisationen, die KPÖ, alle Organisationen, die sich auf den Sozialismus beziehen, egal, ob es sich um Organisationen von „inländischen“ oder „ausländischen“ Kolleg_innen handelt.

Organisieren wir uns in Aktionskomitees gegen die Regierung; versuchen wir, in den Gewerkschaften Druck auf den Apparat auszuüben, damit sich aktive Gewerkschaftsmitglieder unter Nutzung der organisatorischen Infrastruktur ihrer Organisationen, aber unabhängig von den Funktionären, treffen und organisieren können, um Proteste und Kampfaktionen vorzubereiten.

Als internationalistische Kommunisten wissen wir, dass dieser Kampf allergrößte politische Klarheit erfordert. Einheit heißt nicht, Differenzen zu übertünchen oder herunterzuspielen. Vor allem aber ist die Perspektive des Kampfs gegen die Regierung für uns auch der Auftrag, den Kampf für eine revolutionäre Arbeiter_innenpartei und eine revolutionäre Arbeiter_inneninternationale voranzutreiben. In diesem Sinne:

Machen wir aus dem Jahr 2019 das Kampfjahr zum Sturz dieser Regierung.