Das Militarisierungprogram der ÖVP-SPÖ-NEOS-Koalition

Die Koalition zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS gibt sich sozial und verantwortungsbewusst – doch unter der Oberfläche vermeintlicher Vernunftpolitik lauert ein massiver Ausbau staatlicher Repressions- und Gewaltapparate. Im Kapitel „Innere Sicherheit und Landesverteidigung“ offenbart das Programm seinen wahren Charakter: Der bürgerliche Staat bereitet sich auf kommende gesellschaftliche Erschütterungen vor – nicht durch soziale Verbesserungen, sondern durch die systematische Aufrüstung nach innen und außen.

Polizeistaat statt sozialer Sicherheit

Die Koalition behauptet, sie wolle das „subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung erhöhen“ und nennt als Maßnahmen unter anderem die „Stärkung der Exekutive“, den „Ausbau der Videoüberwachung“, eine „Modernisierung der Staatsschutzbehörden“ und eine „Zentralisierung polizeilicher Datenverarbeitung“. Die Begriffe klingen harmlos – doch was hier passiert, ist die Vorbereitung auf soziale Unruhen und Widerstand:

  • Die Polizei soll nicht nur personell aufgestockt, sondern technisch massiv aufgerüstet werden – insbesondere im Bereich der „digitalen Einsatzführung“ und „Videoanalyse“. Was das bedeutet, ist klar: umfassende Überwachung und präventive Kontrolle – vor allem bei Demonstrationen, Versammlungen, Streiks.
  • Der „Verfassungsschutz“ soll neu strukturiert werden – unter Betonung auf „Effizienz“ und „Koordination“. Das bedeutet in Wirklichkeit: Ausweitung geheimdienstlicher Kompetenzen, stärkere Vernetzung mit EU- und NATO-Strukturen, stärkere politische Kontrolle von Bewegungen, die als „extremistisch“ gelten – insbesondere linke.
  • Besonders brisant ist die geplante „Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz und Nachrichtendiensten“. Damit wird die Gewaltenteilung ausgehöhlt und ein Apparat geschaffen, der ohne parlamentarische Kontrolle agieren kann – ein Schritt hin zur autoritären Exekutive.

Wirklich in sich hat es das Koalitionsabkommen, wenn es um das Vereins- und Versammlungsrecht geht. Da heißt es wörtlich:

„Vereins- und Versammlungswesen

  • Zur Bekämpfung von Organisationen, die die Grundprinzipien unseres demokratischen Staates und die daraus abzuleitenden Werte nicht anerkennen, wird das Vereinsgesetz verschärft.
  • Vereinsstatuten werden durch Schaffung eines digitalen Vereinsregisters leichter zugänglich gemacht.
  • Künftig sollen, ohne Einschränkung des Versammlungsrechts, konkretere Angaben zur Anmeldung von Versammlungen notwendig sein.“

Hier kündigt sich ein gravierender Abbau demokratischer Errungenschaften an. Bei den Demonstrationen und Kundgebungen zur Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und im Westjordanland hat die Polizei erstmals massiv derartige Einschränkungen der Versammlungsfreiheit durchgezogen. Wie immer, wenn die Volkspartei die Hände im Spiel hat, werden irgendwelche nebulösen Werte strapaziert, die angeblich verteidigt werden müssen. Und wer schweigt? Erraten – der rosarote Koalitionspartner!!

Die SPÖ trägt das alles nicht nur mit – sie gibt dem autoritären Staatsumbau den Schein der Legitimität, indem sie ihn als Schutz der „sozialen Sicherheit“ verklärt. In Wahrheit geht es nicht um Schutz vor Kriminalität, sondern um Schutz vor der potenziell wachsenden Unzufriedenheit der lohnabhängigen Bevölkerung.

Landesverteidigung im imperialistischen Rahmen

Besonders gefährlich ist die Neupositionierung im Bereich „Landesverteidigung“. Was auf den ersten Blick wie eine unspektakuläre Modernisierung des Bundesheers aussieht, entpuppt sich als tiefgreifende Militarisierung im Rahmen der EU-Strategie:

  • Im Programm bekennt sich die Regierung zur „strategischen Autonomie Europas“ und zur aktiven Beteiligung Österreichs an „EU-Missionen zur Friedenssicherung“. Das ist nichts anderes als die faktische Aufkündigung der Neutralität – ein klarer Bruch mit dem Versprechen, sich nicht an militärischen Operationen imperialistischer Blöcke zu beteiligen.
  • Die sogenannte „Modernisierung des Bundesheers“ bedeutet massive Investitionen in Drohnen, Kommunikationssysteme, ABC-Abwehr und sogenannte „Cybersicherheit“. Das Heer soll nicht nur im Ausland einsetzbar sein – sondern auch im Inneren, zur „Bewältigung komplexer Krisenlagen“. Gemeint sind damit nicht Naturkatastrophen – gemeint sind soziale Krisen, Unruhen, Grenzschutz.
  • Im Klartext: Das Bundesheer wird noch stärker als bisher zum Sicherheitsinstrument des Kapitals umgebaut – bereit, auch im Inneren gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt zu werden, sobald der gesellschaftliche Konsens zu bröckeln beginnt.

Auch hier zeigt sich die Rolle der SPÖ: Sie integriert sich vollständig in das militärisch-wirtschaftliche Projekt der EU – ein Projekt, das auf Aufrüstung, Rohstoffsicherung und geopolitische Konfrontation hinausläuft.

Wir bekräftigen gleichzeitig nochmals unsere Position: wir wissen, dass der österreichische kapitalistische Staat niemals „neutral“ war. Der kleine österreichische Imperialismus hat sich immer klar im „westlichen Lager“, also jenem der USA und der von ihr geführten NATO, positioniert. Trotzdem verteidigen wir den Wortlaut der Neutralitätserklärung, nämlich die Ablehnung der Mitgliedschaft Österreichs in irgendeinem militärischen Bündnis. Wir tun das nicht aus „völkerrechtlichen“ Erwägungen sondern aus der klaren Überlegung heraus, dass alles, was den Kriegskurs der heimischen Bourgeoisie blockiert oder behindert, verteidigt werden muss. 

Auch hier zeigt sich die Rolle der SPÖ: Sie integriert sich vollständig in das militärisch-wirtschaftliche Projekt der EU – ein Projekt, das auf Aufrüstung, Rohstoffsicherung und geopolitische Konfrontation hinausläuft.

Die Rolle der Sozialdemokratie: Sozialpartnerschaft mit dem Repressionsapparat

Es ist kein Zufall, dass gerade die SPÖ diese Maßnahmen mitträgt. Sie hat sich längst von jedem sozialistischen Anspruch verabschiedet. Ihre Funktion besteht heute darin, dem autoritären Umbau des Staates ein soziales Mäntelchen umzuhängen. Unter dem Vorwand, „gesellschaftliche Spaltung zu verhindern“, akzeptiert sie die Logik des repressiven Staatsapparates. Sie klagt nicht über soziale Ungleichheit – sie will sie mitverwalten mitgestalten. Sie protestiert nicht gegen das EU-Militärbündnis – sie will Österreichs „verlässlichen Beitrag“ darin organisieren.

Was wir erleben, ist der Versuch der Neuorganisierung des Klassenstaats – in Zeiten der Zuspitzung der ökonomischen Krisen, der ökologischen Katastrophen, drohender Kriege und der wachsenden Widersprüche innerhalb der EU zwischen ihren imperialistischen Komponenten. ÖVP, SPÖ und NEOS bereiten sich auf eine Zukunft vor, in der Protest, Widerstand, Streik, Aufstand nicht verhindert oder auf sozialpartnerschaftlichen Weg durch “repressive Toleranz” entschärft, sondern kontrolliert, unterdrückt, kurz – zerschlagen werden sollen.

Repression ist keine Nebensache – sie ist Zentrum der Krisenstrategie

Dieses Koalitionsprogramm ist keine „normale“ Verwaltungsagenda. Es ist ein strategisches Dokument der Klassenherrschaft in der Krise. Der Ausbau von Polizei, Überwachung, Militär und Geheimdiensten ist nicht „Begleitmusik“ – er ist die Grundlage dafür, dass die soziale Ausbeutung, die ökologische Zerstörung und die imperialistische Politik mit Gewalt abgesichert werden können.

Die Antwort darauf kann keine parlamentarische sein – sondern eine organisierte, klassenbewusste, revolutionäre. Wir brauchen keine Sicherheit durch Aufrüstung – wir brauchen Sicherheit durch Selbstermächtigung. Kein Vertrauen in die ÖVP, SPÖ und NEOS-Koalition und ihren Sicherheitsstaat , sondern Vertrauen in die Kraft der organisierten Arbeiter:innenbewegung!

Ein revolutionäres Programm des Widerstands

Wir sind heute noch weit von massiven Protesten gegen die Sparpolitik der Koalition entfernt. Trotzdem müssen wie die fortgeschrittensten Teile der lohnabhängigen Klasse mit einem Programm bewaffnen, dass ihnen, wenn die Unzufriedenheit zunimmt, die Möglichkeit gibt, führend den Widerstand zu organisieren.  Dazu gehören wesentliche Forderungen wie jene, den Streik, und hier in erster Linie den Generalstreik, als das wichtigste proletarische Kampfmittel (vor einer revolutionären Situation!) zu propagieren. 

Dazu gehört der Kampf für vom Staat unabhängige, klassenkämpferische und nach Innen demokratische Gewerkschaften, die nicht in den Händen einer arbeiteraristokatischen Bürokratie sind.  

Dazu gehört die Selbstverteidigung der Arbeiter*innenorganisationen gegen faschistische Banden, rassistische Angriffe auf Migrant*innen, weibliche Selbstverteidigungsstrukturen gegen patriarchale Gewalt und der Kampf gegen den bürgerlichen Militarismus. Das bedeutet: Kampf gegen die von der Koalition angedrohte verstärkte Militärpropaganda in den Schulen und sozialen Medien; die Propagierung der allgemeinen Volksbewaffnung und von Arbeiter*innenmilizen unter Kontrolle der Gewerkschaften und/oder anderer rechenschaftspflichtigen und demokratisch gewählten Komitees der arbeitenden Bevölkerung.

Vor allem aber gilt es, die Notwendigkeit der Arbeiter*innnregierung zu propagieren – einer Regierung, die sich auf die arbeitende Klasse stützt und mit der Bourgeoisie gebrochen hat; die bereit und imstande ist, den Willen der Mehrheit der lohnabhängigen Bevölkerung gegen die Sabotagepolitik der besitzenden Klassen durchzusetzen.

Dafür treten wir ein, deswegen sagen wir auch: wir brauchen eine Revolutionäre Arbeiter*innenpartei, die im Rahmen einer Revolutionären Arbeiter*inneninternationale mit ihren Klassengeschwistern auf der ganzen Welt eine klassenlose Gesellschaft ohne Elend, Naturzerstörung und Krieg aufbauen wird.