Donald Trump hat angekündigt, die antifaschistische Bewegung in den USA als „terroristische Organisation“ zu verbieten. Der Vorwand: das Attentat auf den reaktionären Aktivisten Charlie Kirk. Dass Antifa keine Organisation, sondern eine lose Bewegung ist, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist der politische Zweck: die Kriminalisierung aller Kräfte, die von der herrschenden Klasse als „links“ diffamiert werden. Zugleich passt der “Anti-Antifa-Kreuzzug” in den Masterplan der US-amerikanischen Reaktion, die gerade daran geht, massiv die Geschichte umzuschreiben und z. B. die Erinnerung an die Rolle von Frauen und Schwarzen in der Gesellschaft auszuradieren. Trump greift mit seiner Demagogie jene Veteranen der amerikanischen Streitkräfte (und deren Angehörige) an, die nach 1941 im Kampf gegen die Truppen des deutschen, italienischen, japanischen und sonstige Faschismen gefallen sind.
„Links“ und „rechts“ – ein bürgerliches Ablenkungsmanöver
Die Begriffe „links“ und „rechts“ sind schwammige Etiketten der bürgerlichen Politik. Sie verschleiern, dass die wirkliche Trennlinie zwischen Klassen verläuft. In den USA gilt sogar die Demokratische Partei, eine rein bürgerliche Kapitalistenpartei, manchen Kommentatoren als „links“. Trump und seine Propagandisten nehmen diese Begriffe beim Wort: alles, was nicht offen auf Seiten des Kapitals marschiert, soll als „radikale Linke“ verfolgt werden.
Fox-Moderatoren, rechte Ideologen wie Christopher Rufo oder Trump-Beraterinnen wie Laura Loomer verlangen unisono: „Jail every single Leftist.“ Der Generalangriff richtet sich nicht nur gegen kleine Antifa-Gruppen, sondern gegen jede Opposition, die den kapitalistischen Status quo infrage stellt.
Kein US-Sonderfall
Trump ist kein Einzelfall. In Großbritannien kriminalisiert Labour-Chef Keir Starmer unter Berufung auf die Anti-Terror-Gesetze die Bewegung Palestine Action. Friedliche Blockaden gegen Waffenlieferungen an Israel führen zu Massenverhaftungen, mit voller Rückendeckung der Justiz. Selbst der UN-Menschenrechtsrat spricht von einem „verstörenden Missbrauch“ der Anti-Terror-Gesetze.Und, wie man ja mittlerweile weiß, brauchen die Einrichtungen des imperialistischen Status quo sehr lange, bis ihnen solche „missbräuche“ auffallen. Ob in Washington oder London: Der bürgerliche Staat benutzt den „Kampf gegen den Terrorismus“, um politische Gegner mundtot zu machen.
Warum wir demokratische Freiheiten verteidigen – aber nicht die bürgerliche Demokratie
Die Arbeiter*innenklasse darf sich von dieser Offensive nicht täuschen lassen. Wir verteidigen entschlossen jede demokratische Freiheit – Versammlungsrecht, Meinungsfreiheit, das Recht, Organisationen zu gründen. Denn ohne diese Rechte ist der Kampf für den Sozialismus schwerer zu führen.
Aber wir verwechseln diese Freiheiten nicht mit der bürgerlichen Demokratie selbst. Diese Demokratie ist nichts anderes als die Herrschaft der Kapitalistenklasse in parlamentarischer Form. Sie gewährt Rechte nur, solange sie nicht die Macht der Bourgeoisie gefährden. Sobald die Arbeiter*innenbewegung erstarkt, greifen die Herrschenden zu Repression, Ausnahmegesetzen, Polizei- und Militärgewalt.
Sanders, Ocasio-Cortez und die „linke“ Kapitulation
Besonders entlarvend sind die Reaktionen der angeblich „linken“ Demokraten. Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez beeilten sich zu erklären, es gebe „keinen Platz für politische Gewalt“ in den USA – ausgerechnet in einem Land, das auf Völkermord an Indigenen, Sklaverei und imperialistische Kriege gegründet ist und heute die höchsten Inhaftierungsraten der Welt kennt. Mit solchen moralischen Floskeln passen sie sich dem herrschenden Diskurs an und stärken letztlich Trumps Offensive.
Senator Gavin Newsom – Musterbeispiel für den „liberalen“ Flügel der Bourgeoisie – sekundiert dem, indem er zwar über „Einheit“ und „Respekt“ schwadroniert, aber jeden Angriff auf die tatsächlichen Ursachen von Gewalt – Ausbeutung, Rassismus, Unterdrückung – vermeidet. Wer sich auf solche Politiker verlässt, landet unweigerlich bei der Verteidigung der bestehenden Ordnung.
Trump ist (noch) kein Faschist – aber er bereitet den Boden
Es wäre falsch, Trump vorschnell als „Faschisten“ zu etikettieren. Der Faschismus ist eine besondere Form der Diktatur des Kapitals, die auf Massenmobilisierung kleinbürgerlicher Schichten setzt, um die Arbeiter*innenbewegung physisch zu zerschlagen. So weit ist es in den USA noch nicht. Der autoritäre Kurs eines Teils der US-Kapitalist*innen geht derzeit eher in Richtung einer bonapartistischen Diktatur.
Trotzki schrieb im Sommer 1934 mit Blick auf die damalige politische Krise in Frankreich:
„Die Regierung tritt nicht auf als Vollzugsorgan der Parlamentsmehrheit, sondern als Schiedsrichter zwischen den beiden kämpfenden Lagern. Die Regierung, erhaben über der Nation, hängt jedoch nicht in der Luft. Die reale Achse der heutigen Regierung geht durch Polizei. Bürokratie und Militär. Wir haben eine Militär- und Polizeidiktatur vor uns, noch leicht bedeckt mit den Dekorationen des Parlamentarismus. Doch eine Regierung des Säbels in der Eigenschaft des Schiedsrichter der Nation, das ist eben Bonapartismus.
Der Säbel an sich hat kein selbständiges Programm. Er ist das Werkzeug der «Ordnung», ausersehen, zu schützen was besteht. Politisch über den Massen erhaben, war und bleibt der Bonapartismus wie sein Vorgänger der Cäsarismus, im sozialen Sinne stets die Regierung des stärksten und gefestigtsten Teils der Ausbeuter; der heutige Bonapartismus kann also nichts anderes sein als eine Regierung des Finanzkapitals, das die Spitzen der Bürokratie, der Polizei, der Offiziers und der Presse lenkt, beseelt und besticht
Die «Verfassungsreform», von der während der letzten Monate so viel die Rede ist, hat zur einzigen Aufgabe, die staatlichen Einrichtungen den Erfordernissen und Wünschen der bonapartistischen Regierung anzupassen. Das Finanzkapital sucht legale Wege, die ihm ermöglichen sollen, der Nation immer den angemessensten Schiedsrichter vorzusetzen mit erzwungener Zustimmung des Scheinparlaments“.
Noch ist die Bourgeoisie der USA in sich gespalten, ob es wirklich erforderlich ist, die demokratische Hülle vollends zu zerreißen. Das würde ja auch wesentliche Teile der herrschenden Klasse, die sich in und um die Demokratische Partei scharen, von der politischen Mitsprache ausschließen. Nicht nur die Angriffe der Trump-Administration auf die Medien (die ja selbst wesentliche Schachfiguren im bürgerlichen Machtspiel sind), auch die Änderungen der Wahldistrikte und die Versuche, schon jetzt Einfluss auf die Kontrolle (oder besser Nicht-Kontrolle) der kommenden Wahlen zu nehmen deuten darauf hin, dass die bonapartistische Option ernsthaft auf dem Tisch liegt. Trumps Kurs zeigt, wie die Bourgeoisie in der Krise tastet, wie weit sie die Repression treiben kann. Die systematische Hetze gegen „die Linke“, die versuchte Gleichsetzung von Antifaschismus und Terrorismus, die Androhung von Verboten und Massenverhaftungen – das sind weitere gefährliche Schritte in Richtung eines autoritären Regimes.
Trumps Kurs zeigt, wie die Bourgeoisie in der Krise tastet, wie weit sie die Repression treiben kann. Die systematische Hetze gegen „die Linke“, die versuchte Gleichsetzung von Antifaschismus und Terrorismus, die Androhung von Verboten und Massenverhaftungen – das sind weitere gefährliche Schritte in Richtung eines autoritären Regimes.
Unsere Antwort: Klassenkampf und internationale Solidarität
Die Arbeiter*innenbewegung darf sich nicht auf die bürgerliche demokratische“ Opposition verlassen. Sanders, Ocasio-Cortez und Newsom beweisen, dass sie selbst im Angesicht einer Repressionsoffensive die „rote Linie“ nicht gegen die Bourgeoisie ziehen, sondern gegen die angeblich „zu Radikalen“ in den eigenen Reihen.
Die Antwort liegt im unabhängigen Kampf der Arbeiter*innenklasse:
- für den entschlossenen Schutz aller demokratischen Rechte,
- gegen jede Kriminalisierung von Widerstand,
- gegen Repression im Namen des „Kampfes gegen Terrorismus“,
- für proletarische Selbstverteidigungsstrukturen gegen staatliche und extralegale Repression,
- für den Aufbau einer revolutionären Arbeiter*innenpartei, die den Kapitalismus stürzt.
Denn die größte „terroristische Organisation“ der Welt ist nicht „die Antifa“, sondern der imperialistische Staat selbst – ob er in Washington, London, Berlin, Paris, Moskau, Beijing oder Tel Aviv sitzt.