Sobotka, FPÖ, Team Stronach gegen Demonstrationsfreiheit: Ein übler Haufen vor unserer Haustür!

Herr Wolfgang S. hat ein echtes Problem: Immer wieder verrichtet jemand vor seiner Haustür die große Notdurft. Offenbar ist’s kein Chihuhahua, sondern eventuell ein mächtiger Lackel. Herr S. kauft sich eine Videokamera, zielt damit auf den Ort der unaussprechlichen Verunreinigung, und – aus ist’s. Nie wieder hinterlässt der (mutmasslich nächtliche) Defäkatierer seine Duftmarke. Seien wir froh, dass Wolfgang S. keine Pumpgun erworben hat, um dem braunen Spuk ein Ende zu bereiten – wer weiß, wohin das geführt hätte. Ein Rätsel bleibt aber ungeklärt: Ist’s wirklich bloßer Zufall, dass der Überbringer der inkontinenten Geschenke ausgerechnet die Haustür von Herrn S. als Zielpunkt ausgesucht hat? Oder wollte er hier eine klare Botschaft hinterlassen? Findet er Herrn S. zum… egal!

Egal – Herr Wolfgang S. hat’s weit gebracht, bis zum Innenminister der Republik Österreich, und da fühlt er sich zum obersten Ordnungshüter berufen. Und macht mit der – zugegebenermaßen etwas deftigen  – Geschichte von der eigenen Haustür, vor der nicht nur gekehrt wurde, dem Volk die flächendeckende Videoüberwachung schmackhaft.

Um es ins drastische Integrationsdeutsch der Kurz- und Sobotka-Partei zu übersetzen: “Kameras überall, dann haben auch die Terroristen ausgeschissen”.

Was skurril daherkommt, ist allerdings in Wirklichkeit weniger lachhaft.

Denn Herr Sobotka macht sich, just um den Tag der Proteste gegen den FPÖ-organisierten “Akademikerball” Gedanken über ein neues Demonstrationsrecht: Demonstrationen sollen nur dort zugelassen werden, wo sie keine geschäftlichen Interessen beeinträchtigen; Anmelder_innen (“Versammlungsleiter_innen”) sollen für allfällige Schäden im Zusammenhang mit Protestkundgebungen haften; Demonstrationen sollen von Hauptverkehrsstraßen ferngehalten werden; “Spaßdemos” sollen überhaupt verboten sein.

 

Wenn Spaßdemos verboten werden sollen, sollten es Spaßminister erst recht auch werden. Allerdings – was als Rülpser vom Stammtisch, verstärkt durch die Mikrofone der Sendeanstalten daherkommt, ist kein Spaß mehr, sondern ein weiteres Mosaiksteinchen in einem internationalen Bild, das zeigt, wie sich die Herrschenden eine Welt ohne mühsam und blutig erkämpfte demokratische Freiheiten vorstellen.

Spätestens seit den Massendemonstrationen gegen die FPÖVP-Regierung im Jahr 2000 sind den offen bürgerlichen Parteien Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ein Dorn im Auge. Proteste der arbeitenden oder arbeitslosen Bevölkerung, von Frauen, Jugendlichen, Angehörigen von Minderheiten gegen Sparpakete und soziale Verschlechterungen, Widerstand gegen Kriege und Faschismus – das muss unterbunden werden.

Der “Krieg gegen den Terrorismus” hat sich als probate Ausrede für den Abbau der demokratischen Freiheiten bewährt: Die bürgerlichen Regierungen (und ihre Handlanger, die aus der Degeneration der Arbeiterparteien hervorgegangen sind) trommeln für “Weniger Freiheit zum Schutz der Freiheit”.

Ausnahmezustand in Frankreich, Demonstrationsverbote in Spanien, Abhör- und Lauschangriffe weltweit – und der blindwütige Terror von hauptsächlich faschistischen Attentätern geht trotzdem ungehindert weiter. Dafür wurden in Frankreich die Widerstände gegen das neue Arbeitsrecht und die Angriffe der Jugend unter dem Ausnahmezustand erschwert und kriminalisiert, machen in den Straßen der spanischen Städte Sondereinheiten der Polizei bewaffnete Jagd auf Menschen, die gegen die Massendelogierungen protestierten.

Applaus bekommt Herr Sobotka von der FPÖ und dem Team Stronach. Die “soziale Heimatpartei” zeigt wieder einmal deutlich, wo sie steht: An der Seite der Fetzentandler der G’stopften, die sich auf der Wiener Mariahilfertraße über Demonstrationen alterieren, welche die feine Kundschaft vergrätzen könnten. Geschäftsinteressen gehen dieser Partei ganz offen vor demokratischen Rechten.

Noch wendet sich die SPÖ verbal gegen die Sobotka-Pläne. Aber: Wo, wenn nicht auf der Straße, kann der Angriff des Rambos von Prölls Gnaden, zurückgeschlagen werden? Wehren wir uns gemeinsam gegen die geplanten Einschränkungen unserer Rechte – gemeinsam auch mit den Mitgliedern und Führer_innen der SPÖ, denen hier auf Grund ihrer Stellung eine besondere Verantwortung zufällt.