Die NEOS-Chefin verpackt Klassenkampf von oben in Phrasen von „Verantwortung“ und „Ehrlichkeit“.
Am 18. August 2025 durfte die Öffentlichkeit im ORF wieder einmal ein Lehrstück in liberal-bürgerlicher Ideologie bewundern. Beate Meinl-Reisinger, Chefin der NEOS und Sprachrohr der wirtschaftsliberalen Bourgeoisie, legte eine beeindruckende Leistung in zynischer Doppelzüngigkeit an den Tag.
Ihr zentrales Anliegen: Der Angriff auf das Pensionssystem. Ihr Werkzeug: Eine Sprache, die von „Verantwortung“, „Patriotismus“ und „unbequemen Wahrheiten“ trieft, während sie die Interessen derer bedient, die von der Arbeit der Vielen profitieren.
„Wir räumen jetzt z’samm“: Der Raubzug als Aufräumarbeit
Meinl-Reisinger behauptet, man habe eine „schwierige Situation vorgefunden“, für die „wir nichts können“. Das ist die Unschuldsrhetorik der Plünderer. Die „schwierige Situation“ ist das Ergebnis jahrzehntelanger Politik im Dienste des Kapitals, die Steuern für Reiche senkt, Sozialleistungen kürzt und Druck auf die Löhne macht. Nein, die NEOS kommen nicht zum „Aufräumen“, sondern zum Ausrauben. Was Frau Meinl-Reisinger zuckersüß lächelnd „Aufräumen“ nennt, ist der Angriff auf soziale Errungenschaften, um die Generationen von Lohnabhängigen in diesem Land gekämpft haben.
„Patriotismus“ und „ehrenvolle Aufgabe“: verräterische Floskeln
Eine Partei, die Teile ihrer Wurzeln mit der fauligen Kornblume der FPÖ teilt, kann natürlich auf das Codewort „Patriotismus“ nicht verzichten. Für die NEOS-Führung bedeutet Patriotismus „Verantwortung zu übernehmen“ – nämlich die Verantwortung dafür, die Lasten der Krisen denen aufzubürden, die sie nicht verursacht haben. Die alleinerziehende Kassiererin, die jetzt bis 70 arbeiten soll, das ist Patriotismus? Der Maurer mit dem kaputten Rücken, das ist Patriotismus? Aus Liebe zum „Vaterland“ schuften bis zum Umfallen – ja, das ist der Patriotismus der Reaktionäre, das haben monarchistische, liberale, austrofaschistische und nazistische Kapitalist*innen immer gefordert. Der Patriotismus der herrschenden Klasse war schon immer ideologisches Gift, um die Hirne der Ausgebeuteten zu vernebeln. Meinl-Reisinger sieht es auch als ihre „ehrenvolle Aufgabe“, die „österreichischen Interessen“ am internationalen Parkett zu vertreten. Wessen Interessen sind das? Die „ehrenvolle Aufgabe“ der NEOS ist die unerschütterliche Treue zu ihrer Klientel: den Besitzenden und Profiteuren.
Die „unbequeme Wahrheit“: Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge
Ja, Frau Meinl-Reisinger spricht eine „unbequeme Wahrheit“ aus. Wahr ist: diese Koalition (an der bekanntlich die SPÖ mit beteiligt ist!) will ihre Angriffe auf die Lebensarbeitszeit fortsetzen. Wahr ist: neben der Spaltung in in- und ausländische Lohnabhängige soll nun die Spaltung zwischen den Generationen angeheizt werden.
Das Pensionssystem ist nicht „in Pension“, wie sie zynisch behauptet. Es wurde systematisch ausgehöhlt, um Steuergeschenke für das Kapital, Konzerne und Reiche zu finanzieren. Die Lösung ist nicht, das Pensionsalter zu erhöhen. Die Lösung ist, den geraubten gesellschaftlichen Reichtum zurückzuholen! Was bietet Frau Meinl-Reisinger an? Die Ausweitung der „privaten Altersvorsorge“! Die internationale Krise 2007 hat gezeigt, wie schnell sich durch Spekulationsgeschäfte die Ersparnisse arbeitender Menschen in Nichts auflösen- Während immer mehr arbeitende Menschen verzweifelt rechnen müssen, wie sie das Geld für Miete, Energie- und Lebensmittelkosten aufbringen sollen, machen die NEOS Werbung für die ach so arme Versicherungswirtschaft!
Der Klassencharakter der NEOS liegt offen zutage
Die „unbequeme Wahrheit“ der NEOS ist eine ideologische Kriegserklärung. Sie offenbart, wessen Interessen die NEOS wirklich vertreten: klar, dieses Abfallprodukt des Liberalen Forums, das wiederum ein Abfallprodukt der FPÖ war, behauptet, die „Mitte“ zu vertreten, die „freien Berufe“, die gehobenen Angestelltenschichten. Soziale Schichten also, die entweder selbst Lohnabhängige sind oder zu einem guten Teil unter dem Druck der Rezession proletarisiert werden, weil das Kleinbürgertum zusehends lebensunfähig wird. Nein, die NEOS sind fest im Lager der Kapitalbesitzer*innen verankert, einer Klasse also, für die ein länger arbeitendes Proletariat nur eines bedeutet: eine noch größere und billigere Reservearmee, um die Löhne zu drücken und die Profite zu maximieren.
Die Antwort darauf kann nur klassenbewusster, organisierter Widerstand sein. Meinl-Reisinger kündigt für September eine Regierungsklausur an, bei der mit Sicherheit neue Angriffe auf die werktätige Bevölkerung diskutiert werden. Bereiten wir uns auf einen heißen Herbst vor!