Gerade rechtzeitig zur Volksbefragung über die organisatorische Zukunft des österreichischen Militarismus hat sich im Nachrichtenmagazin „profil“ der französische Botschafter Stéphane Gompertz zu Wort gemeldet. In der Ausgabe, die ab 20. Jänner bei den Kolporteuren erhältlich war, erklärte Seine Exzellenz der Botschafter: „Frankreich bekommt Unterstützung im Bereich der Informationsgewinnung und der Logistik. Außerdem stehen diplomatisch alle relevanten Staaten hinter dieser Operation. Natürlich hoffen wir, dass die Hilfe der Europäer noch stärker wird. Österreich zum Beispiel könnte bei der Ausbildung der malischen Truppen mithelfen. (…)Ich denke, dass eine solche Entscheidung nach der österreichischen Volksbefragung zur Wehrpflicht fallen kann. Es wäre sinnvoll. Wir als Europäer sind durch islamistische Terroristen bedroht, sowohl in Afrika durch Geiselnahmen und Ähnliches als auch in Europa selbst.“
Das sind klare Positionen: Zeitgleich forderte der französische (sozialdemokratische) Außenminister Laurent Fabius beim Sondergipfel der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) in Abidjan die afrikanischen Staaten auf, rasch Truppen nach Mali zu entsenden und dort die französische Interventionstruppe abzulösen. Dahinter steckt die klassische postkoloniale Stellvertreterkriegslogik: Statt „wertvolle“ französische Soldaten zu opfern, sollen „die Afrikaner“ das Chaos und Elend, das der Imperialismus in Jahrzehnten der Ausbeutung geschaffen hat, um den Preis ihrer eigenen Toten in den Griff kriegen.
Denn Mali ist für die im Tschad und in Côte d’Ivoire erprobte französische Kolonialarmee kein Spaziergang geworden. Die Armee der Imperialisten hat bisher 2.000 Soldaten im Rahmen der “Operation Serval” nach Mali entsandt, erklärte Kriegsminister Jean-Yves Le Drian am Samstag dem Sender France 3 Bretagne. Die bisher als Obergrenze genannte Zahl von 2500 Soldaten vor Ort könnte „womöglich überschritten“ werden, fügte er hinzu.
Noch herrscht in der Koaliton Uneinigkeit: Verteidigungsminister Norbert Darabos möchte den Militärschlag seiner französischen Genossen partout nicht mit heimischen Soldaten unterstützen. Außenminister Michael Spindelegger dagegen ist einer Truppenentsendung nicht abgeneigt. Kein Wunder: Die ÖVP als „österreichische Wirtschaftspartei“ hat seit 2009, als der damalige malische Präsident Touré Österreich besuchte, in der Wirtschaftskammer eine starke Lobby für ein Engagement in Mali. Die österreichischen Exporte machen derzeit nur schlappe 30 Millionen Euro aus (das Geschäft kommt vor allem der Vorarlberger Textilindustrie zu Gute), aber die von der EU den afrikanischen Staaten aufgezwungenen Wirtschaftsverträge, die allesamt mit Privatisierungen verbunden sind, könnten auch der heimischen Energie- und Bauwirtschaft lukrative Aufträge bringen.
Angesichts dieser fürwahr glänzenden Aussichten in einem Land, das über gewaltige Goldreserven verfügt, kann man ruhig am Aufbau einer nationalen Armee mitarbeiten, denkt Spindelegger und wird davon vermutlich bald auch seine sozialdemokratischen Regierungskumpane überzeugt haben.
Auch unter dem von Präsident Heinz Fischer, der Regierung und der WKO hofierten Präsidenten Touré hat sich übrigens nichts daran geändert, dass in den Bergwerken Malis Kinderarbeit nach wie vor gang und gäbe ist. Sechsjährige Kinder holen das Erz aus der Tiefe, und viele von ihnen ziehen sich bleibende gesundheitliche Schäden zu, weil sie mit hochgiftigem Quecksilber Gold von Erz scheiden müssen.
Wenn wir entschieden die französische imperialistische Intervention in Mali zurückweisen, bedeutet das für uns gleichzeitig, jede österreichische Hilfe für diesen imperialistischen Raubzug zu verhindern. Denn: Der Hauptfeind steht im eigenen Land!