Die Bourgeoisie braucht den Bayrou-Plan und seine 44 Milliarden Einsparungen im Jahr 2026. Vom MEDEF bejubelt, verbindet er Militarismus mit einem Schuldenabbau auf Kosten der Arbeiter*innenklasse. Doch Bayrou hat mit Macrons Segen ein Vertrauensvotum beantragt, das er verlieren wird. Die politische Vertretung der herrschenden Klasse ist gespaltener denn je. Alle spekulieren auf das baldige Ende Macrons und streben danach, seinen Platz einzunehmen. Was PS, PCF und LFI betrifft, so können sie es sich heute nicht leisten, als Retter Bayrous dazustehen und die Verantwortung für sein Austeritätsbudget gegenüber den Massen zu übernehmen.
Die PS schlägt ein anderes Austeritätsbudget vor, in einer abgeschwächten Version, und will EELV und die PCF überzeugen, „die Nächsten“ an der Seite Macrons zu sein. Die LFI ruft ebenso wie das RN zur Auflösung der Nationalversammlung oder zum Rücktritt Macrons auf, in der Hoffnung zu triumphieren, obwohl alle Umfragen das RN klar in Führung sehen.
Jede aus dem Parlament hervorgehende Regierung, mit oder ohne Auflösung, wird die Arbeiter*innenklasse angreifen müssen, um den objektiven Bedürfnissen der Bourgeoisie zu entsprechen. Nur eine Regierung der Arbeiter*innenklasse kann mit der Bourgeoisie brechen und Notmaßnahmen für alle Werktätigen und die Jugend umsetzen.
Macron und Bayrou – durch Klassenkollaboration geschützt
Die Macron-Bayrou-Retailleau-Regierung konnte nur dank der Klassenkollaboration der Arbeiter*innenbürokratien überleben. Als Verteidiger der „republikanischen Front“ zur Wahl Macrons 2022 wie auch bei den Parlamentswahlen 2024, wollen die bürgerlichen Arbeiter*innenparteien PS, PCF und LFI nicht mit den Kapitalisten brechen. 2023 haben sie sich zusammen mit den Gewerkschaftsführungen dem Generalstreik widersetzt und so die Niederlage der 64-Jährigen ermöglicht. Seit einem Jahr zerfleischen sie sich gegenseitig. Die PS stimmt Bayrou zu, um die Austeritätsbudgets für 2025 umzusetzen. Die LFI bringt eine Vielzahl von Misstrauensvoten ein, die keine Chance haben, durchzukommen, es sei denn, das RN stimmt dafür – was für Mélenchon kein Problem darstellt.
2025 beteiligen sich die Gewerkschaftschefs am Manöver des „Rentengipfels“, an der Mitverwaltung der Unedic, die die Arbeitslosenunterstützung kürzt, an ministeriellen Treffen gegen die Gehälter der Beamten und an der „Bürgerkonvention“ gegen die Schule. Am 27. und 28. August debattieren Bompard (LFI), Roussel (PCF), Tondelier (EELV), Rousset (PS) und Souillot (FO) beim Treffen des MEDEF. Die Legitimierung der kapitalistischen Ordnung und die Billigung ihrer Angriffe – das ist das Ziel des „Sozialdialogs“. Schluss mit diesem Kompromisslertum!
Die Sackgassen des „Blockiert alles!“ und des Aktionstags am 18. September
Angesichts der Angriffe werden binnen weniger Tage über 2 Millionen Unterschriften gegen das Duplomb-Gesetz gesammelt. Doch die Gewerkschaftsspitze begnügt sich mit einer Petition, um von Macron zu erbetteln, „die Diskussion über die Steuerprogression zu akzeptieren“. Ein Aufruf zum „Alles blockieren“ am 10. September findet daraufhin Widerhall. Die LFI springt auf, spricht vom Generalstreik, meint aber den eintägigen Streik und vertagt alles auf eine weitere parlamentarische Farce.
„Wir brauchen den Generalstreik am 10. September, weil wir am 23. September das Misstrauensvotum einreichen werden“ (Mélenchon, Le Monde, 22. August)
Da sie dem Generalstreik ablehnend gegenüberstehen, vermehren die Gewerkschaftsführungen die sektoralen Aktionstage: Radio France (25. August), Energie (2. September), Novasco und Owens Illinois (4. und 9. September), Chemie-Handel-AP-HP (10. September). Am 29. August fügt die Gewerkschaftsspitze einen Aktionstag am 18. September hinzu. Das Ziel sei die „Umverteilung von Wert und Reichtum“ mit der „Erstellung eines völlig anderen Budgets“. Sie behauptet, „Fortschritte erringen“ zu wollen. Die Führungen rufen zu keiner Vollversammlung auf und „vereinbaren, sich nach dem 18. wiederzusehen“, um „jede notwendige Initiative zu ergreifen“.
Für eine Arbeiter*innenregierung, zur Vorbereitung des Generalstreiks!
Wir müssen den Generalstreik vorbereiten – gegen jedes antisoziale Budget, gegen jede bürgerliche Regierung. Mit von den Vollversammlungen gewählten und beauftragten Streikkomitees, national koordiniert und zentralisiert zur Selbstverteidigung des Streiks und der Demonstrationen, für die Forderungen nach Notmaßnahmen, stellt der Generalstreik die Machtfrage, die Frage nach einer Regierung der Arbeiter*innenklasse.
Die isolierten Aktionstage am 10. und 18. September wirken dem entgegen, genau wie die 14 Aktionstage im Jahr 2023. Gegen diese Manöver müssen wir Komitees zur Vorbereitung des Generalstreiks bilden, die in die Vollversammlungen, in die Gewerkschaften, an die Arbeits- und Studienorte eingreifen, damit die Arbeiter*innen und die Jugend den Aufruf zum Generalstreik durchsetzen.
- Schluss mit jeder „Konzertierung“ mit der Regierung und den Kapitalisten!
- Abschaffung des Macron-Borne-Gesetzes gegen die Renten und des Gesetzes gegen die Arbeitslosen!
- Erhöhung und Indexierung der Löhne, Renten und Sozialleistungen!
- Verbot von Entlassungen, Wiedereinstellung und Schaffung aller notwendigen Stellen im öffentlichen Dienst!
- Streichung der öffentlichen Schulden! Abschaffung der Verbrauchssteuern, Abschaffung der Arbeitnehmeranteile an den Sozialabgaben! Stark progressive Besteuerung von Einkommen und Vermögen!
- Schließung der Militärstützpunkte im Ausland! Keinen Euro für das Militär! Auflösung der Repressionsorgane! Volksbewaffnung !
- Ende aller militärischen Zusammenarbeit und Waffenlieferungen an Israel! Austritt aus der NATO! Unabhängigkeit für Kanaky!
Groupe Marxiste Internationaliste
französische Sektion des CoReP
1.9.2025
Anhang: Erklärung der französischen Abkürzungen und Begriffe
- Bayrou-Plan: Der Plan des französischen Politikers François Bayrou, der massive Einsparungen im Staatshaushalt vorsieht.
- MEDEF: Mouvement des Entreprises de France. Die größte Unternehmerorganisation in Frankreich, vergleichbar mit der BDA in Deutschland und der IV in Österreich.
- PS: Parti Socialiste. Die Sozialistische Partei Frankreichs, eine traditionelle sozialdemokratische Partei.
- PCF: Parti Communiste Français. Die Französische Kommunistische Partei.
- LFI: La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich). Eine linkspopulistische Partei unter Jean-Luc Mélenchon.
- EELV: Europe Écologie Les Verts. Die französischen Grünen.
- RN: Rassemblement National. Der Nationale Sammelbund, die faschistoide Partei unter Marine Le Pen (ehemals Front National).
- Unedic: Union nationale interprofessionnelle pour l‚emploi dans l‚industrie et le commerce. Die Organisation, die das Arbeitslosenversicherungssystem in Frankreich verwaltet.
- FO: Force Ouvrière. Eine der großen Gewerkschaften in Frankreich, bekannt für ihr reformistisches Auftreten.
- Intersyndicale: Ein Bündnis oder Koordinierungsgremium verschiedener Gewerkschaften für gemeinsame Aktionen.
- Loi Duplomb: Bezieht sich auf ein spezifisches, als antisozial empfundenes Gesetzesvorhaben (Der Name leitet sich von einem Abgeordneten / Minister ab).
- AG: Assemblée Générale. Die Vollversammlung, basisdemokratische Versammlung von Beschäftigten oder Studierenden.
- AP-HP: Assistance Publique – Hôpitaux de Paris. Der öffentliche Krankenhausverbund von Paris.
- Macron-Borne-Gesetz: Bezieht sich auf die umstrittene Rentenreform von Präsident Macron und der ehemaligen Premierministerin Élisabeth Borne.
- Kanaky: Der von Unabhängigkeitsbefürwortern verwendete Name für Neukaledonien, ein französisches Überseegebiet im Pazifik.