Die Wahl Trumps markiert eine Wende in den Vereinigten Staaten und über ihre Grenzen hinaus
Brüche und Kontinuitäten
Nach dem Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union markiert die überraschende Wahl des Kandidaten der Republikanischen Partei, Donald Trump, zum Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Wende. Erwartet wurde der Sieg der Kandidatin der Demokratischen Partei, Hillary Clinton. Das Ergebnis verändert die politischen Beziehungen innerhalb der Vereinigten Staaten und wird auch zu neuen Beziehungen zwischen dem mächtigsten Imperialismus und den anderen Staaten des Planeten führen.
Wie jede qualitative Veränderung entsteht diese neue Situation nicht aus dem Nichts, sondern resultiert aus all den Widersprüchen, die sich in der Vergangenheit zwischen den Vereinigten Staaten und der Welt aufgebaut haben, und denen sich auch der stärkste Kapitalismus nicht entziehen kann. So vervollständigt der von Trump versprochene Abbau des Haushaltsdefizits die keynesianische Politik, die die Zentralbank (Fed) seit 2008 mit ihrer Niedrigzinspolitik verfolgt. Den Rassismus, den Trump propagiert, gab es auch schon unter der Präsidentschaft Obamas, wie die Morde an Schwarzen durch Polizisten zeigten . Die Mauer, mit der Immigranten zurück getrieben werden soll, gibt es schon über hunderte Kilometer entlang der mexikanischen Grenze; die Abschiebung von Ausländern ohne gültige Papiere ist schon in vollem Gange. Auch die religiöse Reaktion mobilisierte bereits in der Vergangenheit eine ganze Legion evangelikaler Idioten gegen das Recht auf Abtreibung. Was die Außenpolitik betrifft: Trumps Bewunderung für Putin ist nichts Neues, die Unterstützung von Diktatoren, die den USA genehm sind, stammt nicht erst von heute, ebenso wie protektionistische Maßnahmen zeigen, die schon seit langem praktiziert werden, wenn amerikanischen Kapitalisten vor dem Appetit der chinesischen oder europäischen Konkurrenten zu schützen waren. Auch wenn Netanjahu den Ausgang der Präsidentschaftswahlen begrüßt – wird die imperialistische amerikanische Unterstützung für den Staat, der Palästina kolonisiert, war nie in Frage gestellt. Und, nebenbei gesagt, hat sich auch die größte Börse der Welt, die NYSE (Wall Street), deren Kandidatin eher Clinton war, schnell wieder beruhigt.
Trotzdem stellt die Wahl Trumps eine Umwälzung dar, welche die Kontinuität der Politik der führenden imperialistischen Weltmacht unterbricht, sowohl nach Innen wie nach Außen. Nichts, oder fast nichts trennte ursprünglich die Kandidaturen der Demokratischen Partei von denen der Republikanischen Partei: beide bürgerlichen Parteien wechselten sich beim Regieren ab, beide verteidigten entschlossen den amerikanischen Imperialismus, allenfalls gab sich die Demokratischen Partei einen etwas sozialeren Anstrich, um ihre traditionelle Wählerschaft anzulocken, ein Anstrich, der allerdings unter der Präsidentschaft Obamas rissig wurde, weil die Arbeiter noch ärmer und die Reichen noch reicher wurden. Dort tat sich der erste Bruch auf.
Das Strohfeuer Sanders
Während der Vorwahlen der Demokratischen Partei fand die Kandidatur von Bernie Sanders ein beträchtliches Echo, weil sie eine ziemlich schüchterne klassische sozialdemokratischen Orientierung entwickelte, die aber in den Hoffnungen zahlreicher Arbeiter und Jugendlichen starken Widerhall fand. Das Institut für Politik der Universität Harvard hat im April eine Studie veröffentlicht, nach der 33% der jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren sich für den Sozialismus aussprachen, ein noch nicht da gewesenes Ergebnis in der jüngeren amerikanischen Geschichte.
The newest poll results shows that a majority of America’s 18- to 29-year-olds rejects both socialist and capitalist labels. 42% of young Americans support capitalism, and 33% say they support socialism. (IOP, Survey of Young Americans’ Attitudes toward Politics and Public Service, 25 April 2016)
Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage zeigen, dass eine Mehrheit der 18- bis 29-jährigen Amerikas sowohl sozialistische wie kapitalistische Etiketten zurück weist. 42% der jungen Amerikaner unterstützen den Kapitalismus, und 33% sagen, sie unterstützen den Sozialismus. (IOP, Servey of Young Americans‘ Attitudes toward Politics and Public Service, 25 April 2016)
Ein Flügel der Demokratischen Partei und die ehemaligen Bewunderer von Colonel Chavez und Tsipras meinen nun, wäre Sanders von der bürgerlichen Partei nominiert worden, er die Präsidentschaftswahlen gewonnen hätte. Diese Prahlerei zeugt von einer gewissen Naivität gegenüber der bürgerlichen Demokratie im Allgemeinen und der Demokratischen Partei im Besonderen. Wie es der Vorsitzende des Nationalkomitees der Demokratischen Partei erklärte:
He is basically a liberal Democrat… The bottom line is that Bernie Sanders votes with the Democrats 98 percent of the time. (Howard Dean, Meet the Press, 22 May 2005)
Er ist grundsätzlich ein liberaler Demokrat… Die Grundlinie ist, dass Bernie Sanders zu 98%t mit den Demokraten stimmt. (Howard Dean, Meet the Press, 22 May 2005)
Die Ex-Stalinisten der CPUSA haben Clinton gegen Sanders unterstützt. Die alten Sozialdemokraten der DSA ([Demokratische Sozialisten Amerikas] die in der Demokratischen Partei sind) und die Zentristen der SAlt [Socialist Alternative, mit dem Komitee für eine Arbeiterinternationale CWI liiert]v](die verbunden sind mit der CIO) haben sich für Sanders stark gemacht und glauben gemacht, dass er für eine Arbeiterpartei eintreten würde. Tatsächlich hat seine Kandidatur bei den Vorwahlen dazu gedient, jene von Clinton abzusichern.
Nachdem er viele Menschen um sich geschart hatte, ordnete sich Sanders, der niemals auch nur die geringste Absicht hatte, mit der Demokratischen Partei zu brechen, vollständig dem Banner der bevorzugten Kandidatin der Kapitalisten wie auch dem Apparat der Partei unter, legte die Transparente und Fahnen für spätere Zeiten beiseite, und ließ seine Mitkämpfer auf freiem Feld im Stich, indem er sie aufrief, für Clinton und ihr die großen kapitalistischen Gruppen bevorzugendes Programm zu stimmen, das er zu bekämpfen vorgegeben hatte. Indem er sich weigerte, mit der bürgerlichen Partei zu brechen und den Weg zum Aufbau einer Arbeiterpartei zu gehen, blockierte er endgültig jede Perspektive für die Arbeiterklasse und die Jugend, sogar die bloße Möglichkeit, sich auf der Ebene der Wahlen in einem Klassenvotum zu versammeln, hat Sanders zweifellos zum Sieg Trump’s beigetragen.
Ein Geschäftsmann außerhalb der herrschenden politischen Zirkel
Auf der anderen Seite wirbelte ein Mitglied der kapitalistischen Elite, Trump, alles durcheinander und beseitigte in den Vorwahlen der Republikanischen Partei Schritt für Schritt seine Konkurrenten, die alle mehr oder weniger vom Parteiapparat gegen ihn unterstützt wurden, indem er eine offen und brutal reaktionäre, rassistische, xénophobe, nationalistische, protektionistische und isolationistische Kampagne führte. Niemals zuvor hatte man einen Kandidaten gesehen, der sich bei allen Themen derartig widersprach und log. Indes, alle bürgerlichen Politiker (auch das Ehepaar Obama und das Ehepaar Clinton) hintergingen die Wählerschaft.
Für diesen Geschäftsmann, Sohn eines Kapitalisten, ausgebildet an teuren Privatschulen, mit einer Person verheiratet, die illegal in die USA einwanderte, der keine Steuern zahlt und seine Kleidung – die seiner eigenen Marke, versteht sich! – im Ausland herstellen lässt, ging es darum, die weißen Arbeiter der von der Deindustrialisierung zugrunde gerichteten Regionen, welche vom amerikanischen Großkapital betrieben wird, über’s Ohr zu hauen.
In der Tat resultierten die Vollbeschäftigung in den USA und das Einkommen, das es erlaubte, die Frauen an den Herd zu verbannen, aus dem Krieg, der internationalen Vorherrschaft der amerikanischen Bourgeoisie, den massiven Exporten, genährt von der technischen Überlegenheit, sowie der Fähigkeit, den Gewerkschaften Konzessionen zu Gunsten der weißen Arbeiter zu machen.
Mehr und mehr bezahlt die Arbeiterklasse, weiße und schwarze, für die Rückkehr der kapitalistischen Weltkrisen (1974, 2008), die Schwächung der weltweiten Hegemonie (die Niederlage in Vietnam, danach die Misserfolge in Afghanistan und im Irak), und die Rückkehr von Konkurrenten (kapitalistische Gruppen aus Deutschland, aus Japan, aus China …). Währenddessen hat Trump mit Erfolg die Wut eines Teils der Ausgebeuteten auf die demokratische politische „Elite“, China und die ausländischen Arbeiter, Muslime oder Mexikaner, und, zur allgemeinen Überraschung, auch auf die republikanischen politischen „Elite“ gelenkt, um zu Clinton geschlagen. Die Republikanische Partei besitzt in Zukunft die Präsidentschaft, das Repräsentantenhaus und den Senat.
Was von der stalinistischen Partei geblieben ist, was den Platz der Sozialdemokratie einnimmt, sowie die Gewerkschaftsbürokraten, haben Trump den Weg bereitet. Die CPUS hat Clinton unterstützt, nachdem sie Obama unterstützt hatte, die DSA sind in der Demokratischen Partei, die AFL-CIO hat Clinton unterstützt, die AFL-CIO und Change to Win hatten die beiden Kandidaturen Obamas unterstützt, die Freihandelsverträge verurteilt und eine Kampagne, „Amerikanisch produzieren“, geführt.
Während seiner beiden Amtsperioden hat der frühere Präsident, um die Entsendung großer Truppenkontingente zu vermeiden, die Morde mit Drohnen und regelrechte Kriege fortgesetzt; er war unfähig, den industriellen Niedergang der Städte und ganzer Regionen erfolgreich zu bekämpfen; er ist vor der Einführung eines nationale Gesundheitswesen (NHS) wie in Großbritannien und sogar vor der Einführung eines öffentlichen Krankenversicherungswesens zurückgeschreckt, indem er Privatversicherungen verstärkt finanzierte, um eine Krankenversicherung für einen Teil der Lohnempfänger abzusichern; er hat sich als unfähig erwiesen, Guantanamo zu leeren und er hat 3 Millionen ausländische Arbeiter ausgewiesen; obwohl er selbst farbig ist, sind weiter Schwarze unter den Schüssen der Polizei gefallen. Infolgedessen repräsentierte die Kandidatur Clintons, hinter der sich aus Entsetzen über Trump auch zahlreiche alte Parteiführer der republikanischen Partei versammelten, diesen Willen zur Kontinuität, der unter der großen Mehrheit der amerikanischen Bourgeoisie vorherrscht und der danach strebt, weiter Geschäfte zu machen wie bisher, um den Komfort der kapitalistischen Klasse, die sich eines höheren Lebensstandards und erhöhter Profite erfreut als vor der Krise von 2008, zu sichern und sich vorgaukelt oder zumindest glauben macht, dass das auch für die ganze Gesellschaft funktioniert..
Es ist die Bourgeoisie, die die Arbeitslosenzahlen unter den Teppich kehrt, die Betroffenen aus den statistischen Erhebungen aussondert, und offiziell von 5 % Arbeitslosen spricht, während jeder weiß, dass es in Wirklichkeit mindestens doppelt so viele und vermutlich sogar eher 20 % sind, es ist die Bourgeoisie, und eine Fraktion des Kleinbürgertums, die auf großem Fuße leben, während die Arbeiter als Illegale überausgebeutet werde, zwei Beschäftigungen haben müssen, um zu überleben, Arbeiter in ihren Autos wohnen, weil sie sich keine Wohnung leisten können, siebzigjährige Rentner kleine Arbeiten erledigen, um überleben zu können, etc. Es war die Bourgeoisie, für die sich nichts ändern wird, weil es ihr immer besser geht, die den Sieg ihrer wohlerzogenen Kandidatin gegen den flegelhaften Geschäftsmann prognostizierte. Aber nichts ist so gelaufen, wie es vorgesehen war.
Gewählt mit 2 Millionen weniger Stimmen
Trump erhält in den ländlichen Staaten eine Mehrheit der Stimmen – mehr als 60% -, während Clinton ihn in den meisten großen Städten weit überholt. Aber die amerikanische Verfassung war ursprünglich gerade so konzipiert, dass das Gewicht der Großgrundbesitzer auf Kosten des in den Städten geborenen Proletariats gestärkt wurde, um die ländlichen Staaten bei der Nominierung der Wahlmänner zu überrepräsentieren. Mehr noch, beinahe in der Gesamtheit der Staaten erhalten die, die die Mehrheit der Stimmen gewinnen, die Gesamtheit der Wahlmänner. Obwohl Clinton ungefähr 2,5 Millionen Stimmen mehr erhält als Trump (65,1 gegenüber 62,6 Millionen Stimmen), erntet dieser die Mehrheit der Wahlmänner, 306 gegen 232 für seine Rivalin.
Die Wähler mit geringem Einkommen haben in der Mehrheit nicht für Trump gestimmt: 41 % der Wähler verdienen weniger als 30000 Dollars, gegenüber 53% für Clinton. Die Wähler von Trump sind mehrheitlich Männer, weiß, wenig gebildet, mit einem Verdienst von mehr als 30000 Dollar im Jahr. Clinton verliert gegenüber Obama 6 Millionen Stimmen, während Trump 1 Million Stimmen gegenüber dem republikanischen Kandidaten von 2012 verliert, während die Zahl der Wahlberechtigten um beinahe mehr als 2 Millionen zugenommen hat. Nur 58,5% der registrierten Wähler haben abgestimmt.
Die Enthaltung hat bei den Armen klar zugenommen (59% von denen mit weniger als 15000 Dollar Jahreseinkommen) gegenüber der Wahl von Obama (36% in 2008, dann 38,5% in 2012). Auch wenn sich auf Seiten der Stimmberechtigten die Zahl der Nichtwähler noch erhöht hat, haben sich die Stimmen aller Klassen durchmischt, jene von völligen Reaktionären mit jenen von Arbeitern, deren Hoffnungen in Obama enttäuscht worden waren, von Arbeitslosen wie Unternehmern, Studenten ebenso wie Spekulanten, und sich auf zwei Kandidaten und zwei bürgerliche Programme aufgeteilt. Aber nicht auf derselben Linie.
Der Ausdruck einer Minderheit der Bourgeoisie
Hinter dem Zynismus, der Brutalität und der Unberechenbarkeit von Trump steht das Verlangen einer Fraktion der amerikanischen Bourgeoisie, die sich mehr oder weniger kohärent selbst zu retten sucht – jene, die im ökonomischen Weltkampf, den sich die verschiedenen Imperialismus ohne Unterbrechung liefern, an Bedeutung verloren hat, die Handelsverträge fürchtet, jene Fraktion die untergehen muss, damit sich andere Fraktionen der amerikanischen Bourgeoisie rechtzeitig aus der Affäre ziehen können. Zu anderen Zeiten, als das Wachstum noch kräftig war, die imperialistische Konkurrenz zurückhaltender war, hätte diese Verliererfraktion der Bourgeoisie keine Chance gehabt, genügend Reaktionäre und Zukurzgekommene hinter sich zu sammeln, um reinen Tisch zu machen.
Aber die amerikanischen Regierungen von Bush jun. und Obama haben selbst die Flurbereinigung begrenzt, indem sie die Banken und Versicherungen ihres Landes 2008-2009 retteten. Das ökonomische Wachstum hat als wesentlichen Motor die Erhöhung der Ausbeutung der Arbeitskraft und bleibt viel schwächer als vor der weltweiten Krise. Mehr noch, das ökonomische und politische Gewicht des amerikanischen Imperialismus schwächt sich weiter ab, seine Versuche, seinen chinesischen Rivalen in Asien im Zaum zu halten, stießen auf heftige Gegenwehr; andere Imperialismen, andere regionale Mächte füllen die Lücken, die er leer gelassen hat, um ihre eigene Rolle zu spielen, wie in Syrien.
Jene Fraktion der amerikanischen Bourgeoisie, die Trump unterstützt, konstatiert diese Fakten und entschließt sich zu einem planlosen und verwirrten Wechsel der Taktik: Beendigung des Freihandels, stattdessen Handelsverhandlungen von Fall zu Fall; Vertiefung des Protektionismus; Beendigung der militärischen Verpflichtungen, die der amerikanische Imperialismus in seiner Glanzzeit als erste Weltmacht eingegangen ist, für die er aber nicht mehr garantieren kann; wechselnde taktische Allianzen, ganz nach Belieben, je nach den eigenen unmittelbaren Interessen. Trump will zwar weniger NATO, dafür aber mehr militärische Investitionen für die amerikanische Armee. Trump verzichtet keineswegs auf die Ziele des amerikanischen Imperialismus, er baut ihn um und befreit ihn von Zwängen, die ihn belasten.
Die rückständigste Fraktion der amerikanischen Bourgeoisie hinter Trump hat allerdings weder ein klares Bewusstsein über die Situation noch über ihre Ziele – sie ist dazu übrigens auch gar nicht fähig – sie handelt unter Zeitdruck, sprunghaft, wie ein Pragmatiker der glaubt, dass er Probleme beliebig unabhängig voneinander angehen kann, während die Kraftlinien der Situation ihn jedoch zur Flucht nach vorn zwingen, die er nicht mehr kontrollieren kann.
Diese neue außenpolitische Orientierung, noch verschwommen und im taumelnd, spiegelt sich in der Innenpolitik in der Vorbereitung eines härteren Durchgreifens gegen die schwächsten Teile des Proletariats, die Immigranten, die Schwarzen, und sicher auch die protestierende studentische Jugend, die Lehrkräfte, die dieses neue Regime in Frage stellen, wider. Die konsequenteste, die mächtigste Fraktion der Bourgeoisie, auch aus der Sicht des Kapitals, die sich hinter Clinton versammelt hatte, zieht daraus natürlich keinen Vorteil, aber sie kann Trump auch nicht offen angreifen, ohne das Entstehen einer Situation zu riskieren, die sie nicht mehr steuern kann. Sie vergisst nicht die massiven Demonstrationen der Schwarzen gegen die Polizeimorde, und auch nicht, was die von Sanders verratenen Bestrebungen eines Teils der Arbeiterklasse und der Jugend bedeuten, sie schaut auf die Demonstrationen gegen Trump, die seit seiner Wahl andauern. Deshalb haben Obama wie Clinton Trump den besten Übergang zur Übernahme der Macht sichern wollen. Diese Bourgeoisie vereinigt sich gegen Trump, wie um einem Aussätzigen die Hand zu küssen, in der Hoffnung, ihn für sich zu gewinnen, ihn zu schwächen, ihn zurückweichen zu lassen, auf Maßnahmen zu verzichten, die ihren Interessen schaden.
Aber diese Fraktion ist geschlagen worden. Trump ist nicht zufällig da, er ist teilweise von denen bestimmt worden, die er hinter sich versammelt hat, um seinen Sieg zu sichern, er stützt sich auf die Rassisten, die Gegner der Frauenrechte, er hat die Posaubeb des Patriotismus erklingen lassen, verspricht Billionen Dollars für die Wiederbelebung der Wirtschaft, verspricht die Wiedereröffung der Kohleminen und der Ölbohrungen, die Wiederansiedlung von Industrien, all das im Schatten protektionistischer Maßnahmen.
Die Ungereimtheiten Trumps
Der designierte Präsident, der nichts von einem Visionär hat, ist offensichtlich empfänglich für diesen Druck, er zögert, kündigt alles und dessen Gegenteil an, widerspricht am nächsten Morgen dem, was er am Tag vorher behauptet hat. Mit Sitz im Trump Tower in New York hat er begonnen, seine Regierungsmannschaft zusammen zu stellen: den Direktor einer verschwörungstheoretischen Website, frühere Generäle, Unternehmer …
Es ist wenig wahrscheinlich, dass das nationale Wachstum zunimmt, noch weniger, dass die US-amerikanischen kapitalistischen Konzerne die Fabriken wieder ins Land zurück holen, dass die rivalisierenden Staaten keine schlagenden Antworten auf den Protektionismus besitzen. Die sehr starke Verflechtung der ökonomischen Beziehungen zwischen den verschiedenen Imperialismen, der Platz des Dollar als vorherrschende internationale Wechselwährung, die amerikanischen Schatzanweisungen (Titel, die man im Gegenzug für Darlehen an den amerikanischen Bundesstaat erhalten hat), die von China, Japan etc. gehalten werden, tragen natürlich zum Erhalt des Status quo bei. Aber es ist diese Stabilität, die Trump und die Fraktion der Bourgeoisie, die er repräsentiert, als nachteilig und überholt verurteilt. Was das Entsetzen der europäischen Bourgeoisien bei der Verkündigung des Sieges des Geschäftsmannes erklärt, der mehrere Konkurse hinter sich hat und den man aus einer Reality-TV-Show kennt.
Das Risiko einer Rückkehr der Inflation ist groß, eines neuen Börsenkrachs, einer Schrumpfung des Weltmarktes, einer Verstärkung der Spannungen und gleichzeitig einer Umwälzung der inter-imperialistischen Allianzen, eines neuen Aufschwungs des Wettrüstens.
Für den Kampf gegen Trump, für den Bruch mit der Demokratischen Partei
Die bürgerlichen demokratischen Regimes, durch die die meisten der kapitalistischen Mächte die ausgebeuteten Klassen verwalten, zerfallen spektakulär, ebenso wie die autoritären Regimes der neuen russischen und chinesischen kapitalistischen Mächte heimlich untergraben werden. Kurzfristig hat die Wahl Trumps eine mächtige Sogwirkung auf die amerikanischen rassistischen Formationen und die bürgerlichen xenophoben oder faschistischen Parteien Europas. Aber die von den Putins, Trumps, Farages, Grillos, Straches, Le Pens … angepriesenen Politiken werden dem verfaulenden Kapitalismus nicht seine Jugend zurück geben.
Die Arbeiterklasse und die Jugend müssen jetzt ihre Lehren aus den Gründen ziehen, die Trump zur Macht verholfen haben, in erster dem Fehler einer revolutionären Partei in den Vereinigten Staaten, einer Partei, die im Namen der Arbeiter spricht, für die Ergreifung der Macht, für den Sozialismus kämpft. Diejenigen, die im Namen des Realismus Arbeiter und Jugendliche hinter Clinton geschart, sie in die Sackgasse geführt haben, tragen eine Verantwortung. Diejenigen, die auf den Zug Sanders aufgesprungen sind und so Illusionen gesät haben, tragen eine Verantwortung. Diejenigen, die, sich auf die Arbeiterklasse berufen und Anhänger des Protektionismus sind, der die Fahne der reaktionärsten Bourgeoisie ist, tragen eine Verantwortung. Es sind nicht die amerikanische Arbeiterklasse und die Jugend, die für diese neue Situation verantwortlich sind, sondern die, die ihnen den falschen Weg gezeigt haben.
Wir müssen an die Traditionen der SLP (Sozialistische Arbeiterpartei) zu Zeiten der Arbeiterinternationale von Engels, der CPUSA zu Zeiten der Kommunistischen Internationale von Lenin, der SWP zu Zeiten der 4. Internationale von Trotzki anknüpfen. Wir müssen im ganzen Land eine revolutionäre Arbeiterpartei aufbauen. Die Klarheit über die Ziele ist eine absolut notwendige Voraussetzung, um sich an die Arbeiter und die Jugend zu wenden und ihnen Perspektiven zu eröffnen.
- Schließung von Guantanamo und Rückgabe an Kuba, sofortige und vollständige Aufhebung der Blockade Kubas!
- Demokratisierung der Verfassung! Gleiche Rechte für die eingewanderten Arbeiter, legal oder nicht!
- Respektierung der Frauen, Recht auf freie und kostenlose Abtreibung überall im Land!
- Respektierung der Schwarzen, Selbstverteidigung gegen die rassistische Polizei!
- Eine einzige demokratische Gewerkschaftszentrale, Bruch der Gewerkschaften mit der Demokratischen Partei, Gründung einer Arbeiterpartei durch die Gewerkschaften!
- Enteignung der Banken, der Versicherungen, aller Finanzgesellschaften! Entschädigungslose Nationalisierung der kapitalistischen Konzerne im Gesundheitswesen, Unentgeltlichkeit der Gesundheitsdienste!
- Dezember 2016
Kollektiv Permanente Revolution