DOSENFABRIKANT MATESCHITZ: ZURÜCK IN DEN FRÜHKAPITALISMUS

hqdefaultEs war Anfang Mai 2016 die Schlagzeile des Tages: Der 9 Mrd. USD Mann Didi Mateschitz liquidiert seinen TV Sender Servus TV mit Ende Juni 2016 und feuert alle 264 Leute. War anfangs noch die mangelnde Profitabilität als Begründung für diesen überraschenden Schritt genannt worden, so stellte sich bald heraus, dass die beabsichtigte Gründung eines Betriebsrats zumindest eine Rolle bei der Entscheidung des Kracherlmilliardärs gespielt hatte. Zwei Tag später war alles anders: Nachdem über 200 von Servus TV Lohnabhängige brieflich zu Kreuze gekrochen waren und beteuerten, keinen Betriebsrat gründen zu wollen, wurden die Kündigungen zurück genommen und Servus TV war „gerettet“. Auch die Gewerkschaft beugte sich dem „freien“ Willen der Belegschaft und akzeptierte öffentlich den Verzicht auf einen Betriebsrat bei Servus TV.

Die Kontrolle über Radio, Fernsehen, Kommunikation und Transport ist für den bürgerlichen Staat essentiell zur Erfüllung seines Auftrags, des Machterhalts der herrschenden Kapitalistenklasse. So war etwa eine der ersten Kampfhandlungen des 2. Weltkriegs der Angriff deutscher Faschisten auf die polnische Post in Danzig.

Durch die technische Revolution im Transport- und Kommunikationswesen haben Briefpost und Telegrafie sowie die Eisenbahn an Bedeutung verloren. Im
21. Jahrhundert zeigen Internetzensur, Rasterfahndung und Lauschangriff, dass sich an der Wichtigkeit der Kontrolle über die Kommunikation zwecks Machterhalts nichts geändert hat.

In Zeiten zugespitzter Klassenkämpfe war die Bourgeoisie bereit, für ArbeiterInnen bei Eisenbahn und Post sowie Radio und Fernsehen höhere Löhne zu zahlen und bessere Arbeitsbedingungen zu gewährleisten als in anderen Branchen. Mit der fortgesetzten Defensive der ArbeiterInnenklasse haben Privatisierungen und damit auch prekäre Arbeitsverhältnisse („Ausgliederungen“ an Subfirmen, Scheinselbständigkeiten, „geringfügige“ Beschäftigungsverhältnisse etc.) sowie sozialer Kahlschlag (z. B. späterer Pensionsantritt, Streichung von Zulagen und Sozialleistungen) im Transport-, Kommunikations- und Medienbereich sowie im Postwesen Platz gegriffen – womit sich der Kreis zu Servus TV schließt.

Das Betriebsratsgesetz in Österreich ist nach dem Ende des 1. Weltkriegs entstanden. Die österreichische Bourgeoisie rang um die Macht, nachdem die Feudalherrschaft beseitigt worden war und sich nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution Arbeiter- und Bauernräte gebildet hatten. Das Betriebsratsgesetz ist Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes. Es diente nach 1918 dem Machterhalt der Kapitalistenklasse und sollte den ArbeiterInnen ein Mitbestimmungsrecht in den Betrieben suggerieren. Oftmals erleben ArbeiterInnen Betriebsräte als verlängerten Arm der Personalabteilung und damit der Kapitalisten. Dennoch bedeutet eine Betriebsratsgründung einen Eingriff in die Machtbefugnisse der Kapitalisten, da diese unkündbar sind und über die Verbindung zu den Gewerkschaften eine minimale Organisation der Belegschaft garantieren.

Zurück bleibt bei Servus TV eine Niederlage der ArbeiterInnen, welche die Klassengegensätze und die Mär von der Klassenharmonie verdeutlicht hat. Zugleich wurde die Sensibilität des Machtbereichs Medien aufgezeigt. Es ist kein Zufall, dass Sendeanlagen durch Zäune geschützt und videoüberwacht sind und sich ganze Heerscharen von IT SpezialistInnen mit der Abwehr von Hackerangriffen beschäftigen. Letztendlich werden sowohl die Organisierung der ArbeiterInnen als auch die Kontrolle über die Medien eine entscheidende Rolle im Klassenkampf spielen.