Der vielstrapazierten sozialen Kälte haben die Beschäftigten der in Wien beheimateten Sigmund-Freud-Privatuni (SFU) am 12. November 2025 in mehrfacher Hinsicht getrotzt: bei ungemütlichem Novemberwetter mit Wind und Nebel versammelten sie sich vor den Eingängen der Hochschule zum Warnstreik.
Hintergrund: für die meisten Mitarbeiter*innen von Österreichs größter Privatklinik gibt es keinen Kollektivvertrag. Daher hat in den vergangenen Jahren nicht einmal eine Abgeltung der Inflation gegeben. Gleichzeitig nimmt der Arbeitsdruck zu. Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung lehnt die (neue) Geschäftsführung ab. Der im Dezember 2022 gewählte Betriebsrat (Sieben Vollmitglieder, sechs Ersatz) geriet bald an die engen Grenzen des vorgeblich herzlichen Verhältnisses zur Geschäftsführung. Betriebsratsvorsitzender Carlos Watzka wurde zum roten Tuch für die Eigentümer, die mittlerweile eine enge Zusammenarbeit mit dem kommunalen Wiener Gesundheitsverbund WiGeV eingegangen waren. Am 5. November, eine Woche vor dem Warnstreik, gab es am Wiener Arbeits- und Sozialgericht die erste Tagsatzung bezüglich der von der SFU-Leitung eingebrachten Klage zwecks Kündigung Watzkas. Kündigung eines Betriebsratsvorsitzenden? Wie geht das denn? Indem man ihm „betriebs- und vertrauensschädigendes Verhalten“ vorwirft.
Am Rande der Streikversammlung sagt uns der „Gekündigte“, „Die haben es nicht geschätzt, dass ich mit ihnen Klartext geredet habe. Das ist die sogenannte ‚Respektlosigkeit‘ gewesen“. Eine Kollegin des Streikkomitees bestätigt: „Die haben wirklich alles an G’schichtln zusammengekratzt, um unsere Arbeit zu hintertreiben“.

Während die „Kronen-Zeitung“ am Tag des Warnstreiks zu berichten weiß, dass sich die Leitung der SFU „klar zur Institution des Betriebsrats“ bekennt, schaut die Realität anders aus. Solange die Beschäftigten kuschen, ist alles paletti. Wenn nicht, setzt‘s Drohungen und kleinliche Schikanen. So wurden etwa die Streikenden und mit ihnen Solidarische aus einem reservierten Hörsaal gewiesen. Sie könnten bleiben, wenn das Streikkomitee die normale Saalmiete blechen würde. Kolleg*innen, die aus Angst vor Sanktionen dem Streik fernblieben, wurden von der Geschäftsführung mit Pizzen und Krapfen gefüttert. Eine wirklich billige Methode, um die Solidarität zu unterminieren.
Nach wie vor lehnt die Geschäftsführung der SFU Verhandlungen über die Forderungen der Belegschaft ab:
- Aktualisierung der Gehaltsordnung
- Fair & transparente Regelung zur Abgeltung von Mehrstunden von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen
- Anrechnung der Streikzeit als Arbeitszeit
- Anhebung der Gehälter zum Inflationsausgleich für das Jahr 2024/25
- Ende der Drohungen und Repressalien gegen Mitarbeiter*innen und Betriebsratsmitglieder
- Ausreichend Personalkapazitäten in allen Fakultäten und Abteilungen
Als Teil der Arbeiter*innenbewegung haben wir solidarisch an der Kundgebung bzw. dem Warnstreik der SFU-Beschäftigten teilgenommen. Ob Metallindustrie, Handel, Transportwesen, Ausbildungsbereich, Sozialwirtschaft: überall sind die Lohnabhängigen wachsendem Druck und zunehmender Ausbeutung ausgesetzt.

Daher ist für uns auch ein Streik an einer Privatuniversität Teil des breiteren Klassenkampfs, ein Signal, dass sich arbeitende Menschen von den Unternehmer*innen nicht alles gefallen lassen dürfen.
Vor den Kolleg*innen der SFU liegt noch ein schwerer Weg, um ihre Forderungen durchzusetzen. Wir werden sie weiter solidarisch dabei unterstützen.



