Die Kolleg*innen bei ARDO weisen den Weg:

Löhne rauf! Für eine kämpferische Herbst-Lohnrunde!

Seit dem 23. August dieses Jahres steuerte die Situation bei ARDO in Groß-Enzersdorf auf eine Eskalation zwischen den rund 150 dort Beschäftigten und der Firmenleitung zu. Die Österreich-Tochter des belgischen Lebensmittelkonzerns ARDO ist in Österreich der wichtigste Produzent von Tiefkühlgemüse und beliefert alle großen Handelsketten und Diskonter.

Die Arbeitsbedingungen sind hart – in den Kühlhallen hat es Temperaturen von bis zu minus 22° Celsius, gearbeitet wird in drei Schichten, die Nettolöhne für die Mitarbeiter*innen in der Produktion liegen mit sämtlichen möglichen Zulagen zwischen 1.700 und 2.100 EUR. Angesichts der enorm gestiegenen Inflation und vor allem der explodierenden Energiepreise konnten und können die Kolleg*innen bei ARDO nicht auf die traditionelle Herbstlohnrunde warten. Bereits im Sommer wurde die Forderung nach einer allgemeinen Lohnerhöhung um 200 Euro netto erhoben – Arbeiterbetriebsrat Dietmar Breiner blitzte ab, niemand in der Geschäftsführung wollte für Gespräche zuständig sein. “Wir werden von der österreichischen Werksleitung und von den belgischen Konzernmanagern im Kreis geschickt. Das ist respektlos”, kommentiert der Betriebsrat dieses Vorgehen. Am 23. August wandte sich der ARDO-Betriebsrat an die Gewerkschaft und beantragte die Streikfreigabe. Dass die PROGE zustimmte, ist wohl ein starkes Indiz dafür, wie groß die Entschlossenheit der ARDO-Belegschaft ist, für ihre Forderungen zu kämpfen. Am 11. September gab es einen eintägigen Warnstreik. Nach wie vor ist die Geschäftsführung weder verhandlungs- noch konzessionsbereit. Am 13. September begann dann der unbefristete Streik. Die ARDO-Geschäftsführung bietet übrigens eine “Einmalzahlung” an – so wie das jetzt Mode ist bei Unternehmer*innen und ihrer Regierung. Die arbeitenden Menschen werden durch diese “großzügigen Gesten” doppelt verhöhnt. Ihre berechtigten Forderungen werden ignoriert, und sie selbst werden zu Bittstellern und Almosenempfängern degradiert. Streikbrecher*innen wurden übrigens mit einem Kebap pro Schicht belohnt. Üppig für einen Konzern, der mit 20 Produktions-, Verpackungs- und Vertriebsstandorten in neun Ländern und rund 4.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von 1,2 Mrd. Euro erwirtschaftet und immerhin 17,4 Millionen Euro Gewinn angibt …

Seit Jahren hinken in Österreich die Reallöhne hinter dem Wirtschaftswachstum und den Unternehmensgewinnen her. Momentan haben wir eine Inflationsrate von offiziell 7,5%. Anfang des Jahres war sie im zweistelligen Bereich. Ein Ende der Teuerung ist nicht in Sicht. Die Europäische Zentralbank hat für dieses und das kommende Jahr ihre Inflationsprognosen nach oben (auf 5,6 % 2023 und 3,2 % 2024) revidiert.

Im Herbst stehen Kollektivvertragsverhandlungen an. Die ÖGB-Verhandler*innen waren in den vergangenen Jahren immer sehr mäßig, wenn es um die Durchsetzung der Lohnforderungen der Beschäftigten ging. Aus „Rücksicht auf die Wirtschaft“ wurde unter den auf Betriebsversammlungen und Betriebsrätekonferenzen beschlossenen Lohnerhöhungen abgeschlossen. Weiter am Verhandlungsziel des Ausgleichs der Durchschnittsinflationsrate der vergangenen 12 Monate festzuhalten hieße, die Tradition des Reallohnverlusts fortzusetzen.

Der Druck der Mitglieder hat endlich auch die Gewerkschaftsspitze aufgeschreckt. Der Streik bei ARDO ist ein Zeichen an der Wand – die Kolleg*innen in den Betrieben lassen sich nicht länger vertrösten. Offizielle Statistiken über die Teuerung interessieren die Lohnempfänger*innen wenig. Sie sehen jeden Tag, dass ihre hart erarbeiteten Einkommen immer weniger Kaufkraft haben.

Unsere Antwort ist:

Gleitende Lohnskala – die automatische Anpassung der Löhne an die Teuerung!

Das geht nicht? Das würde die „Lohn-Preis-Spirale“ hochtreiben? Blödsinn! Es gibt keine Lohn-Preis-Spirale – die Löhne hinken immer hinter den Preisen her! Auch die Kollektivvertragsverhandlungen sind Verhandlungen, die im Nachhinein den Kaufkraftverlust des Vorjahres irgendwie ausgleichen sollen … und selbst das nicht schaffen.

Die grün-türkise Regierung will sich mit Almosen aus der Affäre ziehen. Ein Energiebonus da, ein Schulzuschuss dort. Einmalzahlungen nach dem Gießkannenprinzip ändern nichts, sie sind eine Augenauswischerei, finanziert aus den Steuern, die uns direkt (Lohnsteuer) oder indirekt (Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, sonstige Massensteuern) abgepresst werden. Demgegenüber standen 2019 Steuerschulden der österreichischen Unternehmen von 8 Milliarden Euro!

Der ÖGB muss in der Herbstlohnrunde endlich auf die Stimmen aus den Betrieben hören – dort sind die Menschen, die wirklich wissen, wo sie die Teuerung am härtesten trifft. Die immer mehr für Mieten und Betriebskosten ausgeben müssen und bei Beginn des Schuljahres ins Schleudern kommen, wenn auch noch die gestiegenen Ausgaben für die Kinder anstehen. In den Betrieben haben die Beschäftigten immer wieder bekräftigt, dass sie auch zu Streiks bereit sind. Diese potenzielle Kraft muss diesmal aktiviert werden – auch gegen den Willen von sozialpartnerschaftlichen Bürokraten!

Die Berechnung der Inflationsrate darf nicht auf Grund statistischer Planspiele erfolgen, wir brauchen Komitees von lohnabhängigen Konsument*innen, die klar sagen, wo sie die Teuerung am schmerzhaftesten spüren. Danach muss sich dann die Inflationsberechnung richten.

Während die Armut in Österreich zunimmt, schütten Konzerne nach wie vor Dividenden an ihre Aktionäre aus, lagern Riesenvermögen in Stiftungen.

Weg mit den Massensteuern – progressive Vermögenssteuer, Besteuerung der Stiftungen!

Die Regierung Nehammer/Kogler ist eine Regierung für die Reichen. Es ist weder Dummheit noch Bosheit, dass sie der Teuerung hilflos gegenübersteht – es ist Ausdruck ihres bürgerlichen Charakters. Und die Demagogen der “sozialen Heimatpartei” FPÖ? Bei allen für die Arbeiter*innen grundlegenden Themen (Konzerninsolvenzrecht, Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Erhöhung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe…) hat die Kickl-Partei mit den Regierungsparteien gestimmt.

Die Ursache der Misere hat einen Namen: Kapitalismus. Die private Aneignung des gesellschaftlich produzierten Reichtums ist die Wurzel aller Übel, unter denen wir heute leiden: Inflation, Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit, Kriege.Von selbst wird das kapitalistische System aber nicht abtreten. Dazu bedarf es der bewussten politischen Aktion der Klasse, die mit ihrer Arbeitskraft den gesellschaftlichen Reichtum schafft, den sich eine kleine Minderheit aneignet. Damit die richtigen Ansätze – wie der ARDO-Streik! – nicht isoliert bleiben, brauchen wir eine organisierende Kraft, die die vereinzelten Proteste, die zersplitterte Unzufriedenheit bündelt und ein Programm vorlegt, das den Sieg über das Kapital möglich macht. Das kann nur eine Partei sein, die jede Klassenzusammenarbeit mit den Unternehmer*innen ablehnt und alle Arbeiterinnen und Arbeiter, egal welcher Herkunft, vertritt. Wenn wir an den belgischen Konzern ARDO denken, der Standorte nicht nur in Europa, sondern auch in Costa Rica unterhält, sehen wir sogar in diesem sehr eingeschränkten Bereich (Tiefkühlprodukte), dass das Kapital international agiert. Daher müssen auch die Arbeiter*innen international organisiert sein, um den Bossen überall entgegentreten zu können. Daher müssen revolutionäre, internationalistische Arbeiter*innenparteien in einer neuen Arbeiter*inneninternationale zusammengeschlossen werden, um den Kapitalismus weltweit zu bekämpfen.