Während sich die innenpolitischen Diskussionen in Österreich zur Zeit mit dem Sprichwort “Kleben und kleben bleiben” zusammenfassen lassen, ist der “Ingenieur der Herzen”, FPÖ-Präsi-Kandidat Norbert Gerwald Hofer, zum Fall für Mitleid und freiwillige Spenden geworden.
Denn, wie dem armen Mann (Bruttomonatsbezug als 3. Nationalratspräsident: 14.766 EUR) von der PVA im vergangenen Jahr beschieden wurde, ist er berufsunfähig. Pflegegeld gebührt ihm nicht – darum hat er aber auch im Herbst 2014 angesucht.
Nein, wir sind nicht politisch unkorrekt; nein, wir machen uns nicht über Menschen lustig, die durch jahrzehntelange Schinderei unter schwersten Bedingungen krank und arbeitsunfähig (gemacht) wurden; die von Arzt zu Amtsarzt und Ambulanz zu Amtsarzt und Pensionsversicherung zu Arzt geschickt werden, damit man sie mit gekürzter Pension ins Abseits stellt. Übrigens: es waren FPÖ und ÖVP, die sich nach der “Wende 2000” über die Pensionen hergemacht haben, die soziale Errungenschaften demoliert und Menschen in eine gar nicht so neue Armut gestürzt haben.
Und dann der. Nichts gegen sportliche Betätigung – aber jemand, der sich beim Paragleiten in seiner Freizeit selbst beschädigt, dann auf Kosten der Lohnabängigen (Sozialversicherung!) reparieren lässt, flugs zum Behindertensprecher einer “sozialen Heimatpartei” gemacht wird und dann bei einem Salär von 14.766 EUR, für das er ja offenbar wegen Berufsunfähigkeit nicht einmal die volle Leistung erbringen kann, noch die Unverfrorenheit besitzt, um Pflegegeld anzusuchen – welcome, Sozialschmarotzer, sagen wir da bloß.
Wenn’s um’s Reisen geht, ist der Herr Ingenieur aber wieder ziemlich fit. Zum Beispiel zum reaktionären tschechischen Präsidenten Zeman. Zwar weiß keiner, in welcher seiner Funktionen Herr Hofer wieder einmal Grenzen überschreitet: als Privat-Hofer? Als Kandidat der Ehrlichen und Tüchtigen? Oder als 3. Nationalratspräsident?
Vom tschechischen Rundfunk auf die Frage der grenznahen AKW angesprochen, meint Norbert Gerwald Hofer jedenfalls: “Für mich ist die Frage der Sicherheit entscheidend”. Da schau – bisher haben sich alle österreichischen Politiker (Ergebnis der Zwentendorf-Abstimmung 1978) der damals auch gegen den Willen der “Sozialpartner” durchgesetzten Linie gebeugt: Keine Atomkraft in Österreich, und dementsprechende internationale Ablehnung von AKWs.
Was ein rechter Freiheitlicher ist – für den ist nun einmal gar nix fix. “Die Sicherheit” ist entscheidend. Da wird sich die Atomlobby aber freuen und entsprechende Unbedenklichkeitsbescheinigungen aus dem strahlenden Hut zaubern. Was wird denn da das nichtdeklarierte FPÖ-Zentralorgan “Kronen Zeitung” schreiben? Immerhin war die “Krone” mit ihrer Anti-Temelin-Kampagne ein big player der heimischen Innenpolitik… und konnte gleich ein bisschen Hetze gegen Tschechien betreiben…
Wie man sieht – dem Inscheniör ist nichts zu schwör, kein Schwenk, keine Spitzkehre um 180° zu schwierig, trotz Berufsunfähigkeit.
Aber, um nicht in den Verdacht zu geraten, dass wir’s nur auf den armen Verunfallten abgesehen haben. Herr Van der Bellen sah sich bemüßigt, seinen Gegenkandidaten nach ruchbar werden seiner Versuche, sich aus der Sozialversicherung zu bedienen, in Schutz zu nehmen: “Bei allen Auffassungsunterschieden – in gesundheitlich ungewisser Zeit für alle Eventualitäten vorzusorgen, ist keineswegs verwerflich, sondern grundvernünftig. So etwas ist Privatsache und sollte daher auch privat bleiben. Ich möchte meinen Gegenkandidaten daher in dieser Frage ausdrücklich in Schutz nehmen und zu mehr Besonnenheit aufrufen”. Klingt irgendwie nach Versicherungskeiler …
Wir haben von Haus aus gesagt: Für die werktätige Bevölkerung, für die Jugend, gibt es bei diesen Wahlen keine Wahl. Wir lehnen das Amt des Bundespräsidenten prinzipiell ab (siehe dazu unseren entsprechenden Artikel in Klassenkampf Nr. 24); und wir lehnen eine Stimme für bürgerliche Kandidaten ebenso ab.
Was wir heute erleben – ein Staatsapparat, der trotz Ministerialbürokraten, einem aufgeblähten Beamtenstab, subventionierten “Druckfachbetrieben” – nicht einmal im Stande ist, Wahlkuverts zu drucken, geschweige denn ein fehlerfreies Wählerregister zu führen, führt das gesamte Gerede von einer funktionierenden bürgerlichen Demokratie ad absurdum. Die Legitimation der politischen Herrschaft bröckelt wie trockener Klebstoff…