Am 28. November stehen – zumindest auf den meisten Bahngleisen – “alle Räder still”. Nachdem die Bahnbetreiber die Forderung der Gewerkschaft vida nach einer Sockellohnerhöhung von 400 Euro abgelehnt haben und ihr “Angebot” von 200,– (!!!) auf 208,– (!!!) erhöhten, war der enitägige Warnstreik die legitime Reaktion auf diese Provokation.
Angesichts der aktuellen Inflationsrate von rund 11% ist es positiv, dass der Gewerkschaftsapparat der vida im Gegensatz zu den Verhandler*innen bei den Mataller*innen hart geblieben ist. Das liegt sicherlich in erster Linie an der Unzufriedenheit in den Werkstätten, Bahnhöfen und in den Zügen. Der Druck von unten hat sich gegen ein Umfallen gestemmt, wie wir es von den meisten KV-Verhandlungen kennen.
Heute ist es das Gebot der Stunde, solidarisch mit den streikenden Eisenbahner*innen zu sein. Die Herrschenden versuchten schon im Vorfeld, Stimmung gegen die Kolleg*innen bei den Bahnen zu machen. Ja, natürlich wird es für alle, die die Bahnen benützen müssen oder wollen Einschränkungen geben. Aber das ist ja der Zweck einer Streikaktion – sie muss sichtbar und spürbar sein. Und sie muss im konkreten Fall auch die engen Verflechtungen zwischen den einzelnen Bereichen der kapitalistischen Wirtschaft zeigen. Die Arbeitenden müssen zum Arbeitsplatz? Wenn sie das nicht können, schädigt das “die Wirtschaft”? Na sowas! Die Unternehmer*innen vertreten bei den Kollektivvertragsverhandlung quer durch alle Branchen ihre gemeinsame Linie – Löhne drücken, Arbeitsbedingungen so schlecht wie möglich halten. Sie brauchen daher nicht zu jammern, wenn eine kämpferische Antwort in einem Sektor auch die anderen trifft.
Der Streiktag am 28. November kann der Auftakt zu selbstbewussteren KV-Verhandlungen sein – er kann es aber nur werden, wenn die Belegschaften selbst aktiv werden und sich nicht auf die Bereitschaft der Gewerkschaftsbürokraten verlassen, stellvertretend für sie zu handeln. Es ist notwendig, Aktionskomitees zu bilden, selbst über Kampfmaßnahmen zu beraten und diese auch zu organisieren. Vor allem aber ist es wichtig, die Grenzen der bisherigen Forderungen, wie sie von den Gewerkschaften erhoben werden, zu sprengen.
Der Sockelbetrag, den die vida fordert, ist auf jeden Fall eine legitime Forderung. Wichtig ist es aber, für die automatische Anpassung der Löhne an die Inflation zu kämpfen. Nur eine gleitende Lohnskala wird das Lebensniveau der arbeitenden Menschen (aber auch von Jugendlichen und Pensionist*innen) zumindest nicht weiter verschlechtern lassen – gekoppelt an Lohnerhöhungen, welche die jahrzehntelangen Reallohnverluste ausgleichen, kann wirksam gegen die um sich greifende Verarmung gekämpft werden.
Parallel dazu muss die vorhandene Arbeit auf alle aufgeteilt werden – nicht nur, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, sondern auch, um eine wirklich radikale Arbeitszeitverkürzung (bei vollem Lohnausgleich) zu erreichen. Das wären die ersten dringenden Schritte, um auf Inflation und gesteigerte Ausbeutung in den Betrieben zu reagieren.